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Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Das verborgene Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das verborgene Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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würden heiraten, und dem konnte jetzt nichts mehr im Wege stehen. Élodie, Delphine und Celeste waren alle fort. Allein die ser Gedanke hielt sie warm in der kalten Herbstluft. Er würde zurückkommen und bei ihr bleiben. Er würde zu rückkommen.

11
    Zach stand immer noch in dem kleinen Zimmer im ersten Stock von The Watch und starrte um sich, als Hannah heraufkam. Sie kniff die Augen gegen das grelle Licht zusammen und legte ihm eine Hand auf den Arm, und er spürte den festen Druck ihrer Finger. Sie holte Luft, als wollte sie etwas sagen, schwieg jedoch.
    »Sind das alles …?«, stammelte er schließlich. Dimity war hinter Hannah die Treppe heraufgekommen, doch als sie sah, dass die Tür offen war, erstarrte sie, und ein leiser Schrei drang aus ihrer Kehle, ein klagender Laut schierer Trauer. Rozafa eilte zu ihr hinaus, als die alte Frau auf der Treppe zusammensank. Sie sprach in fragendem Ton und blickte dann ängstlich zu Zach auf. Dimity starrte weinend die offene Tür an, und Ilir blieb bei ihr und Rozafa sitzen. Die beiden redeten in ihrer klangvollen, unverständlichen Sprache miteinander, als wollten sie die alte Frau tröstend darin einhüllen. Hannah atmete tief und langsam aus.
    »Bilder von Aubrey. Ja.«
    »Das müssen jaTausende sein.«
    »Na ja, vielleicht nicht Tausende, aber schon eine Menge.«
    Zach riss den Blick davon los und sah Hannah erstaunt an.
    »Du wusstest davon?«, fragte er. Hannah schürzte die Lippen und nickte. Sie wandte den Blick ab, als sei ihr das unangenehm, doch er sah keine Spur von Schuldgefühlen in ihrem Gesicht.
    »Wie seid ihr hier reingekommen?«, fragte sie.
    »Das war ein Versehen. Dimity hat uns ins linke Zimmer geschickt, aber … Rozafa hat sie nicht verstanden.« Wie der ließ Zach langsam den Blick über alles schweifen. Er konnte immer noch nicht recht glauben, was er sah. Hannah folgte seinem Blick, und er spürte, wie sie schauderte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, aber Zach war zu gebannt von dem, was er vor sich hatte, um sie zu fragen, was sie bedrückte.
    In der Wand gegenüber der Tür war das kleine Fenster mit der kaputten Scheibe und den hellen, wehenden Vorhängen. Rechts davon stand ein schmales Bett an der Wand. Die Bettwäsche war altersgrau und zerwühlt, und das Kopfkissen wies eine Mulde auf, als hätte erst vor Kurzem noch jemand darauf gelegen. Links vom Fenster stand ein langer Holztisch mit einem einfachen, nicht gepolsterten Stuhl da vor. Auf dem Tisch lagen Papier und Bücher, daneben standen Einmachgläser voller Stifte und Pinsel. Der Dielenboden war staubig und nackt bis auf einen kleinen, verblassten Flickenteppich vor dem Bett. Einzelne Blätter Papier lagen auch über den Boden verstreut, und in dem Luftzug von der kaputten Fensterscheibe bewegte sich plötzlich eines davon. Es hob sich vom Boden und segelte ein paar Handbreit auf Zach zu. Er fuhr zusammen, so angespannt waren seine Nerven. Und überall an den Wänden, daran geheftet oder gelehnt, wie auch auf sonst jeder Fläche im Raum, wa ren Bilder. Hauptsächlich Zeichnungen, aber auch ein paar Gemälde. Wunderschön und unverkennbar das Werk von Charles Aubrey.
    »Das ist nicht möglich«, murmelte Zach.
    »Na, dann ist es ja gut. Brauchen wir uns also keine Gedanken zu machen«, entgegnete Hannah trocken.
    »Hast du irgendeine Ahnung …«, sagte er und verstummte wieder. Ehrfurcht hatte ihn überwältigt und ihm die Sprache geraubt. Langsam ging er zur südlichen Wand, an der die meisten größeren Stücke lehnten, hob die vorderen an und betrachtete die Bilder dahinter. Es waren viele von Den nis darunter. Sowohl von dem Dennis, den er kannte – der aufreizend undurchschaubare junge Mann von den jüngst verkauften Porträts –, als auch von anderen Männern, de ren Bilder denselben Namen trugen. Völlig andere Den nise – anderes Gesicht, andere Kleidung, andere Haltung. Viele ver schiedene junge Männer, alle mit demselben Namen darunter. Zach runzelte die Stirn und überlegte, was das bedeuten könnte. Hinter sich hörte er Dimity plötzlich laut rufen.
    »Ist er da? Ist er da drin?« Eine Art wilder Hoffnung lag in dieser Frage. Zach blickte über die Schulter, als Di mity in der Tür erschien und Hannah versuchte, sie zurückzuhalten.
    »Hier ist niemand, Dimity«, sagte er. Das Gesicht der al ten Frau fiel vor Bestürzung in sich zusammen. Ihr Blick suchte den Raum ab, als wollte sie ihm nicht glauben. Dann sank sie auf die Knie und schlang fest die Arme

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