Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
Angelegenheiten plauderte. Das wäre bei ihnen in Glânmor undenkbar gewesen.
»Um ehrlich zu sein, ich weiß auch noch nicht genau, ob das wirklich mein Beruf ist«, fuhr er fort. »Mein jüngerer Bruder ist sehr viel talentierter als ich.«
»Du hast einen Bruder?«
»Na ja, nicht mein richtiger Bruder. Er war ein Findelkind, genau wie ich, aber er ist der tollste Kerl, den du dir vorstellen kannst. Du wirst ihn ja kennenlernen. Ich kann dafür ganz gut kämpfen, siehst du?« Er deutete auf die Tätowierung über seinem Auge. »Ich habe gerade ein Turnier gewonnen. Warlord Alexander hat mich in den Stand eines Clanoberen erhoben. Das heißt, ich werde irgendwann seiner Leibgarde zugeteilt werden, obwohl ich eigentlich keine besondere Lust dazu habe. Viel lieber würde ich reisen, fremden Menschen begegnen, die alten Länder erkunden. So wie die Wanderer.« Er machte eine Bewegung in Richtung Satteltasche.
Sie zuckte zurück.
»Du brauchst keine Angst zu haben, ich wollte dir nur etwas zeigen.« Er zog eine alte, abgewetzt aussehende Mappe aus der Tasche. Sie war an den Ecken abgestoßen und mit zwei Kordeln verschnürt.
»Das habe ich unweit der Stelle gefunden, an der ich dir zum ersten Mal begegnet bin. Sie gehörte einem alten Mann, der oben auf dem Turm gehaust hat. Leider ist er schon vor einiger Zeit gestorben. Hier, sieh mal. Ist das nicht faszinierend?«
Er öffnete die Mappe und schob ihr einige Bilder, Briefe und bedruckte Papiere entgegen. Vorsichtig kam Gwen näher. Auf vielen Bildern waren Menschen zu sehen, aber es gab auch Ansichten von Städten, Plätzen und Gebäuden. Einige waren zerstört, ein Hinweis darauf, dass die Bilder nach dem Zusammenbruch gemacht sein mussten. Und da war noch etwas. Türme, Kräne, Schiffe und etwas, das aussah wie – das Meer.
Genau das Meer, das in letzter Zeit so häufig in ihren Träumen vorkam. Sie hatte es noch nie mit eigenen Augen gesehen, aber sie wusste auf Anhieb, dass es nur das Meer sein konnte. So groß, so endlos und weit.
»Woher hast du das?«
»Von einem Toten. Ich vermute, es ist dieser Mann hier.« Er deutete mit dem Finger auf einen hochgewachsenen Kerl, der eine Frau im Arm hielt und dessen zwei Kinder im Vordergrund Faxen machten. Ein Junge und ein Mädchen, beide etwa acht oder neun Jahre alt.
»Er hatte kaum etwas bei sich, nur die Kleider, die er am Leib trug, einen geschnitzten Stab und diese Mappe. Ich glaube, er war ein Wanderer.«
»Ein Wanderer?«
Er warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Du hast schon einmal davon gehört?«
»Wer hätte das nicht? Allerdings nur, was man sich so erzählt. Gerüchte. Selber begegnet bin ich noch keinem.«
»Ich auch nicht.« Logan seufzte. »Dabei hatte ich so gehofft, mit ihm reden zu können. Das war der Grund meiner Reise gewesen – ich wollte mit dem Mann aus dem Westen sprechen.« Er zuckte die Schultern. »Aber wenigstens habe ich jetzt die Mappe. Ich denke, die kann uns auch einiges erzählen.«
Er fing an, alles wieder zusammenzuräumen.
Gwen war tief in Gedanken versunken. Diese Bilder … konnte es sein, dass der Mann aus der Zuflucht stammte? Es passte alles zusammen: die Lage, die Entfernung, die Nähe zum Meer. Die Gebäude waren zerstört, und trotzdem konnte man auf den Bildern Männer und Frauen mit Kindern sehen. Richtige Familien, und das nach dem Zusammenbruch! Das musste die Zuflucht sein, es gab einfach keine andere Erklärung.
»Bitte entschuldige, dass ich vorhin so abweisend war«, sagte sie. »Mein Name ist Gwen, ich bin eine Heilerin.«
Logan steckte die Mappe zurück in die Tasche. Er schien ehrlich erfreut über ihr Entgegenkommen. »Schön, dich kennenzulernen, Gwen. Erzähl mir etwas über dich. Woher stammst du?«
»Aus Glânmor. Meine Gefährtinnen und ich waren auf dem Weg zu einem anderen Dorf, als uns die Nacht überraschte und wir in diesen Tunnel gerieten. Als wir umkehren wollten, war es schon zu spät …«
»Aus Glânmor?« Er runzelte die Stirn. »Und was machst du dann in den Klamotten der Heiligen Lanze?«
Gwen schaute an sich hinab. Sie hatte ganz vergessen, dass sie ja noch immer die Uniform trug. »Das diente der Tarnung«, sagte sie schnell und hoffte, dass ihre Lüge einigermaßen glaubwürdig klang. »Seit der Inquisitor die Außenbezirke angreifen lässt, leben wir Frauen in Angst und Furcht. Um nicht aufzufallen, ziehen wir erbeutete Kleidungsstücke an, so können wir uns einigermaßen frei bewegen.« Sie hoffte, dass das
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