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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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getötet hat, so nur, weil er durch die Logik der Ereignisse dazu gezwungen wurde. Solange sie lebte, konnte er nicht fliehen, aber auch nicht länger weiterhin so auf Valfeuillu leben. Und schließlich war dieses Papier, das er so hartnäckig suchte, obwohl ihm jede Minute das Leben kosten konnte, sein Todesurteil, der Beweis seines ersten Verbrechens. Nun ist auch klar«, fuhr er fort, »daß Mademoiselle Courtois der ewigen Entschlußlosigkeit des Comte ein Ende gemacht hat. Seine Leidenschaft für sie, die immer wieder auf Hindernisse stieß, war wie ein Zwang. Als er erfuhr, daß seine Geliebte schwanger war – denn sie ist es wirklich, könnte ich wetten –, hat er den Kopf verloren und alle Vorsicht außer acht gelassen. Er mußte einfach der Qual überdrüssig sein, die für ihn jeden Morgen aufs neue begann. Er glaubte sich verloren; dazu seine Frau, die sich der Freude hingab, ihn so verzweifelt zu sehen. Also trat er die Flucht nach vorn an und entschloß sich zum Mord.«
    Â»Und Sie glauben, daß Mademoiselle Laurence seine Komplizin war?« fragte Doktor Gendron erstaunt.
    Der Mann der Präfektur protestierte energisch. »Nein, nein, Herr Doktor, ganz gewiß nicht, der Himmel bewahre mich vor solch einem Gedanken. Mademoiselle Courtois weiß nichts von dem Verbrechen. Aber sie wußte, daß Trémorel seine Frau ihretwegen verlassen wollte. Dieses Weggehen ist zwischen ihnen besprochen und vereinbart worden; sie hatten miteinander verabredet, sich an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort zu treffen.«
    Â»Aber dieser Brief!« erregte sich der Arzt.
    Seit von Laurence die Rede war, verbarg Vater Plantat kaum seine Besorgnis.
    Â»Dieser Brief«, erklärte er aufgebracht, »der eine ganze Familie ins allergrößte Unglück stürzt, der vielleicht meinen armen Courtois tötet, ist nur ein weiterer Bestandteil der infamen Komödie, die uns der Comte vorspielt.«
    Â»Oh«, meinte der Doktor, »ist das möglich?«
    Â»Ich bin völlig der Ansicht des Herrn Friedensrichter«, versicherte der Mann von der Präfektur. »Gestern abend bei dem Herrn Bürgermeister hatten wir die gleiche Vermutung. Ich habe den Brief von Mademoiselle Laurence gelesen und immer wieder gelesen, und ich möchte wetten, er ist nicht von ihr. Der Comte de Trémorel muß ihn entworfen haben, sie hat ihn nur abgeschrieben. Täuschen wir uns nicht, meine Herren, dieser Brief wurde vorher genau entworfen. Nein, das sind nicht die Worte eines jungen unglücklichen Mädchens von zwanzig, die vorhat, sich zu töten, um der Schande zu entgehen.«
    Â»Vielleicht haben Sie recht«, räumte der Doktor ein, »aber wie sollte es Monsieur de Trémorel gelingen, Mademoiselle Courtois zu diesem abscheulichen Vorhaben zu überreden?«
    Â»Wie? Nun, Doktor, ich kenne mich zwar nicht so gut in der Psyche junger, wohlbehüteter Mädchen aus, aber mir kommt die Sache sehr einleuchtend vor. Ein junges Mädchen in der Situation von Mademoiselle Laurence muß bereit zu allem sein, selbst zum Sterben, um der öffentlichen Schande entgehen zu wollen.«
    Vater Plantat seufzte. Er entsann sich einer Unterhaltung mit Laurence. Sie hatte ihn über mehrere giftige Pflanzen ausgefragt, die er angebaut hatte, vor allem interessierte sie, wie man die giftige Substanz aus der Pflanze gewann.
    Â»Ja«, sagte er, »sie hat daran gedacht, zu sterben.«
    Â»Nun«, griff der Beamte der Sûreté seinen Gedanken wieder auf, »wenn dem armen Mädchen derart finstere Gedanken durch den Kopf gingen, hatte Trémorel gewiß leichtes Spiel. Zweifellos hat sie ihm gebeichtet, daß sie lieber den Tod vorziehe als die Schande, er hat ihr klargemacht, daß sie sich nicht töten dürfe, da sie ja schwanger sei.«
    Â»Ja, ja, möglich«, schien der Doktor überzeugt zu sein. »Aber was für ein Gimpel«, sagte Monsieur Lecoq, »der nicht bedenkt, daß diese merkwürdige Übereinstimmung auffällt. Mademoiselle Laurence begeht Selbstmord, und der Leichnam des Comte ist unauffindbar! Leichen lösen sich schließlich nicht einfach in Luft auf, zum Teufel. Aber nein, Monsieur wird sich gesagt haben: Man wird denken, man habe mich ermordet, wie meine Frau auch, die Justiz hat ihre Schuldigen, nämlich Guespin, also wird man nicht weiter suchen.«
    Vater Plantat erging sich in

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