Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
waren an den Königshöfen sehr angesehen und …« Er hielt inne. »Sorry! Bestimmt langweile ich dich mit meinem Vortrag. Ist so ein Spezialthema von mir.« Er grinste unsicher.
»Nein, erzähl weiter. Interessiert mich.«
»Wirklich?«
»Wirklich!«
»Okay! Also, viele Barden standen fest im Dienst der Königshöfe, und so wurde aus dem Bardenamt ein erbliches Amt, das vom Vater auf den Sohn übertragen wurde. Damit das Erzählgut korrekt weitergegeben wurde, wurden dann irgendwann Bardenorden gegründet. Es ging ja nicht nur um Unterhaltung, sondern auch um die Geschichte des Landes, um berühmte Kämpfer und gewonnene Schlachten – und um Religion, die alten Götter und so. Angeblich musste ein Barde eine zwanzigjährige Lehrzeit hinter sich bringen und mindestens dreihundertfünfzig Heldengedichte und Göttersagen auswendig draufhaben.«
»Wahnsinn!« Josie prustete. »Warum haben die nicht einfach alles aufgeschrieben?«
»Fragt man sich. Tatsache ist, dass man, selbst als Schrift längst bekannt war, keine Aufzeichnungen gemacht hat. Onkel Aaron meint, man glaubte damals, durch Aufschreiben würden die Worte ihre Magie verlieren. Außerdem, nur durch die rein mündliche Weitergabe konnte man sicher sein, dass die alten Epen Geheimwissen der Barden blieben, das nur Eingeweihten offenstand.«
»Aber …« Josie deutete auf die gelbe Plastikkiste, die Arthur auf seinem Gepäckträger festgebunden hatte, »trotzdem gibt es Bücher mit den alten Mythen.« Sie grinste. »In Springwood Manor eine ganze Bibliothek davon.«
Gerade da rumpelte Arthurs Vorderrad über einen Feldstein. Geistesgegenwärtig sprang er ab. »Uff! Ich sollte mich mehr aufs Fahren konzentrieren.«
Die Kiste war in gefährliche Schieflage geraten. Josie hielt ebenfalls an. Sie beugte sich über ihr Rad und half, die Gurte wieder festzuziehen. »Warum haben sie die Geschichten denn dann doch noch aufgeschrieben?«, nahm sie den Faden wieder auf.
Arthur schüttelte den Kopf »Das waren nicht die Barden, sondern christliche Mönche. Schon eigenartig, dass die sogar die Sagen über die alten keltischen Götter aufgezeichnet haben.«
»Ein Glück«, sagte Josie. »Sonst wüssten wir jetzt wahrscheinlich nichts mehr darüber.«
»Wahrscheinlich. Obwohl es noch lange Geschichtenerzähler in Irland gegeben hat. Männer, die von Hof zu Hof zogen. Onkel Aaron hat mir davon erzählt. Sein Vater hat diese Tradition noch aufrechterhalten – wenn auch nur hobbymäßig.«
»Dein Großvater – nein, das war ja dann dein Urgroßvater …«, verbesserte sich Josie, »war noch Barde?«
»Nicht mehr hauptberuflich, er besaß einen Verlag, in dem er Märchen und Sagen aus aller Welt veröffentlichte. Aber die Liebe dazu hat er bestimmt von seinen Vorfahren geerbt.«
»So wie du und dein Großonkel«, bemerkte Josie.
Arthur seufzte. »Ja, wir sind die letzten zwei Aufrechten. Das ist ja das Problem.«
»Das ist doch gut, wo ist das Problem?«
»Wie ich schon sagte – es geht um Springwood Manor. Und vor allem um die Bibliothek. Beides wird traditionell an denjenigen O’Reardon vererbt, der sich am meisten um das alte Volksgut kümmert. Mein Urgroßvater Brian O’Reardon – also der mit dem Verlag – hatte zwei Söhne, Aaron und Richard. Richard ist mein Großvater – er ist schon gestorben. Er hat sich nie besonders für die Bibliothek interessiert und sich für ein Architekturstudium entschieden. Er war sogar ziemlich erfolgreich damit. Mein Vater hat dann ebenso einen Abschluss in Statik und Architektur gemacht. Nach Großvaters Tod hat er das Baubüro übernommen und so viel Geld damit gemacht, dass ihm heute halb Galbridge und Umgebung gehört.«
»Dann seid ihr doch bestimmt stinkreich und habt ein tolles Haus!«
Arthur grummelte etwas Unverständliches vor sich hin und trat in die Pedale, als ginge es um sein Leben.
Josie hechelte hinter ihm her. »Du willst mich wohl abhängen?«
Arthur verlangsamte sein Tempo. »Tut mir leid, aber das Thema nervt mich.«
»Wir müssen nicht weiter drüber sprechen«, sagte Josie, als sie wieder auf gleicher Höhe fuhren.
»Ist schon gut. Onkel Aaron hat jedenfalls damals Springwood Manor geerbt, was auch gerecht war. Immerhin hat er Kulturanthropologie und Englische Literatur studiert und sich sein Leben lang um die Bibliothek gekümmert. Außerdem hat er die alten Erzählungen an seine Studenten weitergegeben. Dass ihm Springwood Manor nach der alten Familienregel deshalb eindeutig
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