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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Zigaretten und abgestandenen Bier, der Schweißgeruch grüner Bubis auf der Suche nach willigen Opfern – nichts von alldem berührte sie. Sie saß in dieser Bar, aber das alles prallte einfach an ihr ab, an einer unbändigen inneren Energie, die größer war als die der anderen jungen Männer und Frauen zusammengenommen.
    Sie war so ungeheuer lebendig, daß sie regelrecht zu leuchten schien. Vassago konnte kaum glauben, daß durch ihre Adern das normale träge Menschenblut floß. Es hatte vielmehr den Anschein, als pumpte ihr Herz destillierte Lebensessenz.
    Diese Vitalität zog ihn magisch an. Es würde ungeheuer befriedigend sein, eine so hell lodernde Lebensflamme auszulöschen.
    Um herauszufinden, wo sie wohnte, folgte er ihr auf dem Nachhauseweg. In den beiden nächsten Tagen holte er im College Informationen über sie ein, nicht minder eifrig als jeder Student, der Material für eine Seminararbeit sammelt.
    Ihr Name war Margaret Ann Campion. Sie war im letzten Studienjahr, zwanzig Jahre alt, und ihr Hauptfach war Musik. Sie spielte Klavier, Flöte, Klarinette und Gitarre und konnte auch fast jedem anderen Instrument, für das sie sich interessierte, nach kurzer Zeit wohlklingende Töne entlocken. Sie zählte zu den bekanntesten und meistbewunderten Studentinnen ihrer Fakultät, und man sagte ihr auch ein ungewöhnliches Kompositionstalent nach. Von Natur aus eher schüchtern, war sie bemüht, ihre Hemmungen zu überwinden, und beschränkte ihre Aktivitäten deshalb nicht nur auf die Musik. Sie war eine gute Läuferin, die zweitschnellste in ihrer Gruppe, und sie setzte sich bei Wettkämpfen voll ein. Sie schrieb für die Studentenzeitung über Musik und Filme, und sie war bei den Baptisten aktiv.
    Ihre erstaunliche Vitalität äußerte sich nicht nur in der Begeisterung, mit der sie Musik spielte und komponierte, nicht nur in der fast schon spirituellen Aura, die Vassago in der Bar wahrgenommen hatte, sondern sie spiegelte sich auch in ihrem Äußeren wider. Sie war unvergleichlich schön, mit dem Körper einer Sexgöttin und dem Gesicht einer Heiligen. Reine Haut. Perfekte Backenknochen. Volle Lippen, ein breiter Mund, ein warmes Lächeln. Strahlend blaue Augen. Sie kleidete sich bewußt unauffällig, so als wollte sie ihre herrlich vollen Brüste, die Wespentaille, den straffen Po und die langen, schlanken Beine verbergen. Aber er war davon überzeugt, daß sie sich, wenn er sie entkleidete, als das erweisen würde, was er auf den ersten Blick in ihr erkannt hatte: eine perfekte Gebärmaschine, ein von Leben sprühendes Geschöpf, in dem irgendwann ein neues Leben von unvergleichlicher Schönheit empfangen werden und heranreifen könnte.
    Er wollte sie tot sehen.
    Er wollte, daß ihr Herz zu schlagen aufhörte, und dann würde er sie stundenlang in seinen Armen halten und spüren, wie die Wärme des Lebens langsam aus ihr entwich, bis sie kalt war.
    Es kam ihm so vor, als könnte dieser eine Mord ihm endlich den Weg aus dem Grenzland, in dem er leben mußte, ins Land der Toten und Verdammten ebnen, in das er gehörte und nach dem er sich so sehnte.
    Margaret beging den Fehler, um elf Uhr abends allein in eine Münzwäscherei ihrer Wohnanlage zu gehen. Viele der Wohnungen waren an wohlhabende Rentner vermietet; und da die University of California in Irvine nicht weit entfernt war, wohnten hier auch Studenten, die sich zu zweit oder zu dritt die Miete teilten. Diese Mieterstruktur und die Tatsache, daß es hier immer friedlich und gesittet zuging, die Übersichtlichkeit der Anlage mit ihren vielen Grünflächen und der hellen Beleuchtung gaben Margaret wohl ein trügerisches Gefühl von Sicherheit.
    Als Vassago den Waschsalon betrat, war Margaret gerade dabei, ihre schmutzigen Sachen in die Trommel einer Maschine einzulegen. Sie lächelte ihm zu, ein wenig überrascht, aber keineswegs ängstlich, obwohl er ganz in Schwarz gekleidet war und nachts eine Sonnenbrille trug.
    Wahrscheinlich hielt sie ihn für einen dieser Unistudenten, die mit exzentrischer Aufmachung ihren rebellischen Geist und ihre intellektuelle Überlegenheit demonstrieren wollten. Solche Typen gab es auf jedem Campus zur Genüge, da es nun einmal einfacher war, sich wie ein rebellischer Intellektueller anzuziehen als wirklich einer zu sein.
    »Oh, tut mir leid, Miss«, sagte er, »ich habe nicht gesehen, daß jemand hier ist.«
    »Das macht nichts. Ich brauche nur diese eine Maschine«, erwiderte sie freundlich. »Es sind noch zwei andere

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