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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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trotzdem drohte ich an ihr zu ersticken, wenn ich sie nicht aussprach. »Hat Sie nie auch nur eine Sekunde lang Ihr schlechtes Gewissen geplagt? Haben Sie nie Zweifel gehabt, ob es richtig war, all das zu verschweigen? Wieso haben Sie einfach entschieden, dass Bens Tätigkeit als Samenspender nichts mit seinem Verschwinden zu tun hatte? Sind Sie jemals auf die Idee gekommen, die Informationen, die Sie zurückhielten, könnten ihm das Leben retten?«
    Anstatt zu antworten, sah sie mich mitleidig an und schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Solange Ben Mahlo nicht gefunden wird, gilt er als vermisst. Ist Ihnen das bewusst, Frau Doktor Angermeier?«, fragte Henrike. »Die Tatsache, dass er für Ihr Institut als Samenspender tätig war, ist ein neuer Hinweis, auf dessen Grundlage sich die Ermittlungen wiederaufnehmen lassen. Und …«
    »Wer sind Sie überhaupt? Wie kommen Sie dazu …?«
    »Ich heiße Henrike Hoppe«, sagte sie geduldig, »und ich arbeite mit Frau Mahlo zusammen.«
    »Was wollen Sie?«, fragte Beate Angermeier kalt.
    »Die Details«, kam ich Henrike zuvor. »Und zwar alle. Sonst rufe ich noch von hier aus die Polizei.«
    Beate Angermeier wandte den Blick ab und schien das Für und Wider abzuwägen. Schließlich begann sie zu erzählen. »Es war Fritz, der Ihren Bruder in die Spenderdatei aufgenommen hat. Er war damals für die Auswahl der Samenspender zuständig. Als über das Verschwinden Ihres Bruders in den Medien berichtet wurde, haben wir drei Institutspartner uns besprochen. Und nach reiflicher Überlegung haben wir beschlossen, uns nicht an die Polizei zu wenden. Dabei ging es nicht allein um die Tatsache, dass Ihr Bruder uns seine sexuelle Veranlagung verschwiegen hat, sondern auch und vor allem um unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern. Wäre ein Schatten auf das Institut gefallen, hätten alle darunter zu leiden gehabt.«
    »Das klingt, als würden hier nicht Sie, sondern Ihre Pressesprecherin reden, Frau Doktor Angermeier. Für meinen Geschmack ein wenig zu glattgebügelt«, machte ich mir Luft.
    »Dann sage ich es Ihnen mal weniger glattgebügelt. Wir waren sehr verärgert. Ihr Bruder hat uns schamlos belogen. Homosexualität ist eines der Ausschlusskriterien für einen Samenspender, das wusste er, darüber ist er von Fritz dezidiert aufgeklärt worden.«
    »Hat sich eigentlich noch nie ein Homosexueller wegen dieser Ungleichbehandlung vor dem Bundesverfassungsgericht beschwert?«, fragte ich.
    »Hier geht es um die Ansteckungsgefahr mit dem Aidsvirus«, sagte Beate Angermeier. Sie machte ein Gesicht, als zweifle sie an meinem Verstand.
    »Seit wann kann sich ein heterosexueller Mann nicht mit dem Aidsvirus anstecken?«
    Sie strich ihre weiße Hose glatt. »Ich glaube, diese Diskussion führt zu nichts, Frau Mahlo.«
    »Manchmal führen Diskussionen zu einem Umdenken.«
    Henrike legte ihre Hand beschwichtigend auf meinen Arm.
    Ich nahm mich zusammen und konzentrierte mich auf meine nächste Frage. »Sie sagten, Fritz Lenhardt sei damals für die Auswahl der Samenspender zuständig gewesen und er habe auch meinen Bruder ausgesucht. Dann war er es auch, der aus den Zeitungsberichten von Bens Homosexualität erfahren und den Zusammenhang mit Ihrem Institut hergestellt hat. Ist das richtig?«
    »Korrekt.«
    »Was glauben Sie, warum er Sie und Ihren Mann darüber informiert hat?«
    Sie schien den Sinn der Frage nicht zu verstehen und sah mich irritiert an.
    »Er hätte Bens Samen vernichten können, ohne dass Sie oder Ihr Mann etwas davon bemerkt hätten. Ist das nicht so?«
    »Das hätte überhaupt nicht zu Fritz gepasst. Für ihn war es selbstverständlich, uns aufzuklären. Wir waren schließlich Partner. Die Spendertätigkeit Ihres Bruders für unser Institut hätte im Zuge der Ermittlungen herauskommen können. Fritz wollte, dass wir Bescheid wissen und dass wir gemeinsam entscheiden, wie damit zu verfahren ist. Ich verstehe überhaupt nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Das erkläre ich Ihnen gleich. Einen Moment noch, bitte. Hat es schon einmal andere Fälle gegeben, in denen die Homosexualität eines Spenders aufgeflogen ist?«
    »Nein, nicht bei uns. Was nicht bedeutet, dass es keine weiteren homosexuellen Männer in unserer Datei geben kann. Wir sind auf die Ehrlichkeit der Spender angewiesen.«
    »Das heißt aber, sobald Sie – wie auch immer – davon erfahren, fliegt der Spender raus.«
    »Das ist korrekt, selbstverständlich.«
    »War es das auch für Fritz

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