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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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gewöhnt, uns zügig durch unseren Arbeitstag zu bewegen. Hier hingegen herrschte ein völlig anderes Tempo. Nicole, die vor uns ging, schien alle Zeit der Welt zu haben. Wir bogen zweimal ab, bis wir am Ziel angekommen waren. Sie deutete auf eine Tür und begab sich auf den Rückweg.
    Ich klopfte kurz, wartete auf ein Herein und öffnete dann die Tür zu einem gemütlich eingerichteten Sprechzimmer, das bis auf die Bücher im Regal nichts Medizinisches hatte. Es gab auch keinen Schreibtisch, an dem man sich gegenübersaß, sondern eine bequeme Sitzgarnitur in Erdfarben mit pastellfarbenen Kissen darauf. Auf dem Glastisch stand ein bunt gemischter Rosenstrauß, der einen zarten Duft verbreitete. Die weiche, feminine Ausstrahlung dieses Raumes schien so gar nicht zu der eher herben Beate Angermeier zu passen.
    Im weißen, maßgeschneiderten Hosenanzug kam sie uns auf Gehhilfen gestützt entgegen und begrüßte uns. An Henrikes Anwesenheit schien sie sich seit unserer letzten Begegnung gewöhnt zu haben, sie verlor kein Wort darüber. »Setzen wir uns«, sagte sie.
    Wir ließen uns in die weichen Polster sinken und saßen vermutlich genau dort, wo tagtäglich die Kinderwunschpaare ihre Hoffnungen offenbarten. Beate Angermeier nahm uns gegenüber Platz.
    »Dies ist ein sehr schöner Raum«, eröffnete ich das Gespräch.
    »Danke.« Zu Small Talk schien sie nicht aufgelegt zu sein.
    »Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote?«, fragte ich.
    »Die können Sie auf unserer Website nachlesen, dafür hätten Sie nicht herkommen müssen. Also, worum geht es? Wieder um diesen leidigen Satz, den Rena belauscht haben will? Ich dachte, das hätten wir geklärt.« Sie lächelte aufgesetzt.
    »Wirklich geklärt ist bisher nur, dass Fritz Lenhardt und Sie eine Affäre hatten und Sie dabei erwischt wurden.« Ich erwiderte ihr Lächeln.
    Ihre Brauen zogen sich ganz leicht zusammen. »Konstantin hat uns erwischt. Das habe ich Ihnen bereits ausführlich erzählt. Wozu …?«
    »Es wäre gut, wenn wir noch ein paar Details abklären könnten.«
    »Zum Beispiel?«
    »Wo genau befanden Sie und Fritz Lenhardt sich, als Herr Lischka Sie überrascht hat?«, übernahm Henrike.
    »Auf dem Sofa im Aufenthaltsraum.«
    »Zu welcher Tageszeit?«
    »Es war abends. Wir nahmen an, wir seien alleine.«
    »Tauchte Konstantin Lischka öfters unangemeldet in Ihrem Institut auf?«
    Beate Angermeier warf mir einen Blick zu, als wolle sie sich vergewissern, dass sie tatsächlich meiner Begleiterin Rede und Antwort stehen sollte. Ich nickte ihr aufmunternd zu.
    »Diese Frage habe ich schon einmal beantwortet. Aber bitte: Zwischen den beiden Männern herrschte wegen des gescheiterten Hauskaufs eine Ausnahmesituation«, erklärte sie. »Sie hatten wochenlang nicht miteinander gesprochen. Schließlich hatte Fritz die Hand ausgestreckt und Konstantin zu seinem Geburtstag eingeladen. Damit sie sich nicht erst an dem Abend zum ersten Mal wieder begegneten, hatte Konstantin beschlossen, zwei Tage vorher im Institut vorbeizuschauen.«
    »Ist diese Begegnung während der Gerichtsverhandlung zur Sprache gekommen?«
    »Selbstverständlich nicht. Weder Fritz noch ich haben sie erwähnt. Das hätte ihn nur noch stärker belastet.«
    »Verstehe«, sagte Henrike und schien über ihre nächste Frage nachzudenken. »Herr Lischka hat Sie also überrascht. Was geschah dann?«
    »Es war ihm ganz offensichtlich unangenehm, er hat auf dem Absatz kehrtgemacht und die Tür hinter sich zugeschlagen. Fritz hat sich einen Kittel übergezogen und ist ihm hinterhergelaufen. Was die beiden dann besprochen haben, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.«
    »Das heißt, Fritz Lenhardt hat ein paar Worte mit seinem Freund gewechselt, kam zurück in den Aufenthaltsraum und …«
    »Nichts und. Die Stimmung war natürlich dahin. Wir haben uns angezogen und das Institut verlassen.«
    »Und Sie haben Herrn Doktor Lenhardt nicht gefragt, wie Ihr gemeinsamer Freund reagiert hat?«, wollte ich wissen.
    »Das hat mich, ehrlich gesagt, nicht interessiert. War es das jetzt?«
    »Noch nicht ganz«, antwortete Henrike. »Da wäre noch die eine oder andere Frage zu klären. Zum Beispiel die, seit wann Konstantin Lischka einen Schlüssel zum Institut hatte?«
    »Er hatte keinen.« Kaum hatte sie die drei Worte ausgesprochen, begriff sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie versuchte ihn durch ein Lächeln zu kaschieren, aber es misslang.
    »Wie erklären Sie sich dann, dass er Sie im Aufenthaltsraum

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