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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Abwehrkräfte mobilisiert wurden. In deinem Körper findet jetzt ein Kampf statt, hatte Angela gesagt.
    Er setzte sich ins Auto; drinnen war es kalt und roch feucht. Er nahm den Brief aus der Innentasche des Mantels und öffnete ihn zum ersten Mal. Das Briefpapier trug, genau wie der Umschlag, das Siegel der spanischen Polizei.
    Die englischen Wörter waren mit der Hand geschrieben, in einer geraden, selbstbewussten Handschrift. Nur einige wenige Sätze, die ein Gruß und ein Dankeschön für das letzte Mal sein sollten. Er las sie mehrere Male. Sie waren Teil des Traums. Es gab keinen Grund, auf diesen Brief zu antworten. Nicht mal einen Grund, ihn zu lesen. Er könnte die Augen schließen, und wenn er wieder aufschaute, wäre der Brief weg, genau wie der Traum.
    Warum denke ich daran?, überlegte er, und dann dachte er an Angela.
    Angela, da ist etwas, das ich dir sagen muss.
    Nein. Es gab nichts zu sagen, schließlich war nichts passiert. Angela, ich hab heute Nacht etwas Merkwürdiges geträumt. Ja? Willst du es mir erzählen? Ich hab es vergessen, fast alles. Kam ich in dem Traum auch vor?
    Sie war dabei gewesen, und ein paar Stunden später hatte er sie vor dem Terminal in Malaga getroffen. Stunden später hatten sie am Grab im Schatten des Berges gestanden. Sein Vater.
    Winter drehte die Scheibe herunter und spürte den Wind in seinem Gesicht. Jetzt war sein Vater in seinen Gedanken.
    Er drehte die Scheibe wieder hoch und stieg aus. Dahinten war ein kleiner Lebensmittelladen. Winter beschloss, Pastillen für seinen Hals zu kaufen, und ging hin. Über dem Eingang hing ein Schild, es sah neu aus. Der Laden hieß Krokens Livs.
    Die Rahmen mit den Filmplakaten, die vor dem Laden hingen, schwankten im Wind. Winter las: Die Stadt der Engel. Daneben: The Avengers.
    Der Bus fuhr vorbei, zehn Meter entfernt hielt er, um ein paar alte Leute aussteigen zu lassen. Winter betrat den Laden, der die übliche Mischung aus Milchprodukten, Chipstüten, Süßigkeiten, Videofilmen, Spülbürsten und Zeitungen bereit hielt. Er kaufte sich eine Schachtel Läkerol und bezahlte bei einer Frau, die arabisch oder türkisch aussah.
    Draußen zerrte der Wind noch heftiger an der Stadt der Engel. Winter bekam ein paar Regentropfen ab. Die gelben Hausfassaden auf der anderen Seite der Hagäkersgatan verloren ihre Farbe in der feuchten Luft.
    Morelius saß vor den üblichen frittierten Krabben von Ming. Dass denen nie etwas anderes einfiel, was sie bestellen könnten!
    Ein Mann von der Stadtverwaltung erzählte im Fernsehen, was in Göteborg zum Jahreswechsel geplant war. Wenn man ihm glauben konnte, sollten die Festlichkeiten in Göteborg die Feiern in London, Sidney und New York noch übertreffen.
    Es würde dasselbe Gegröle n der Stadt sein, schwankende Gestalten. Weinen, Geschrei, Lachen, Feuerwerkskörper in Augenhöhe abgefeuert von verrückten Möchtegernpyromanen. Mitten in der Stadt. Dasselbe Gegröle wie immer.
    »Ich hab getauscht«, sagte Bartram.
    »Was?« Morelius war aufgestanden und warf die Hälfte der Krabben in der glibbrigen Soße weg. Wie immer.
    »Ich steh Silvester auf Luddes Liste.« Bartram nickte zum Fernseher. »Dann landet man mitten in der Feierei.«
    »Willkommen«, sagte Morelius. »Dann hast du es dir also anders überlegt.«
    »Ja. Genau wie du.« Bartram kratzte die Folienform aus. »Du gehst doch auch zu Ludde.«
    »Warum soll man nicht eine gute Tat tun«, sagte Morelius. »Andere brauchen die Freizeit mehr als wir.«
    »Du solltest nur für dich selber sprechen.«
    »Was ist denn dein Grund?«
    »Ich hab nichts Besseres vor«, sagte Bartram, stand auf und schaltete den Fernseher aus, der gerade das Wetter über Westschweden zeigte. Es sollte wieder schön und kalt werden. »Und außerdem hat man hinterher ein paar freie Tage gut.«
    »Und wann kann man die nehmen?«
    »Vielleicht im Sommer. Das kann ich doch wirklich jetzt noch nicht wissen.«
    »Und was willst du dann machen?«
    »Im Sommer? Das weiß ich zum Teufel noch mal doch jetzt nicht. Bis dahin ist es noch lang.«
    »Erst werden wir also die Feste feiern«, sagte Morelius und nickte zum Fernseher. Er ging zu seinem Schrank und öffnete ihn. Der Mantel roch nach der Kälte.
    Morgen würde er Hanne treffen, und es würde das letzte Mal sein. Sie konnte ihm nicht mehr helfen, und er brauchte keine Hilfe. Es war passiert, aber jetzt war es mehr wie ein Traum. Mehr konnte er nicht darüber sagen. Vielleicht würde er nicht wissen, was er sagte,

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