Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Automobilindustrie bis hin zu den Reaktionen des Auslands auf die Vorgänge in den USA. Letzteres interessierte Rosalie herzlich wenig. Sie machte sich Sorgen, was wohl als Nächstes kommen würde. Deshalb musste sie denen zuhören, die die Macht hatten, und deshalb hatte sie auch heute wieder den Fernseher eingeschaltet.
»Jetzt mach endlich die verdammte Scheiße aus, Ma!«, riefen ihre Jungs aus dem anderen Zimmer. »Den Scheiß-Jansen sollen sie abknallen!«
Es gab nicht mehr viele, die Wesley Präsidentenreden zuhörten.
17
Vor Wesleys Bürofenster hielt der Frühling Einzug. Doch anstatt sich zu freuen, plagte er sich mit Selbsthass und fühlte sich einsamer denn je. Wie gelähmt saß er da, schloss die Augen und horchte auf das geschäftige Summen des Hauses, um zur Ruhe zu kommen.
Bisher war es ein in jeder Hinsicht unglückseliger Tag gewesen, und vor dem nächsten Meeting blieb ihm nur dieser kurze Moment.
Als am frühen Morgen der Wachhabende am Appointment Gate einen Verdächtigen angehalten hatte, war er mit einem spitzen Gegenstand niedergeschlagen worden und binnen weniger Minuten am Fuß des schmiedeeisernen Gitters verblutet. Soldaten hatten den Angreifer überwältigt und abgeführt. Wesley hielt sich in Thomas Sunderlands Büro auf, wo er schwach die Sirenen der Einsatzfahrzeuge und das Rufen der aufgebrachten Massen hörte, das verstummte, als Wasserwerfer eingesetzt wurden.
Wie sich schnell herausstellte, war der Täter Journalist, er hatte für eine der neokonservativen Zeitungen gearbeitet. Die offizielle Reaktion erfolgte prompt: Sämtliche Gebäude, in denen Institutionen wie die ›Washington Post‹, der ›Weekly Standard‹, ›American Enterprise‹ und andere untergebracht waren, wurden umgehend geschlossen.
Dieses Mal fiel die Gegenreaktion unerwartet brutal aus. Auf einmal schien sich die gesamte Opposition, egal welcher Couleur, zu erheben. Die Milizen verließen die Deckung im Bitterroot Range, in den Smoky Mountains und den Evergladesund griffen gleichzeitig militärische Lager und Polizeiwachen an. Die Kämpfe waren blutig und heftig und so schnell vorbei, wie sie ausgebrochen waren, allerdings mit erschreckendem Ergebnis. Die Zahl der Toten auf offizieller Seite ging in die Hunderte, während die Milizen nur minimale Verluste beklagten. Markante Unterschiede in der Kampfmoral waren evident. Und man schätzte, dass die Milizen den Umfang ihrer Waffenarsenale nach diesen Kämpfen innerhalb von zehn Tagen verdoppelt hatten. General Powers hatte viel zu erklären, er mühte sich redlich, die Katastrophe zu bagatellisieren.
Umgehend wurde ein weiteres Krisentreffen im Verteidigungsministerium einberufen. Die Leute aus dem Sicherheitsministerium und von der FEMA stellten im Lauf der folgenden Stunden Terrorszenarien vor, angesichts deren Wesley und der übrige Stab die Luft anhielten.
Mitten in diesem Trubel erreichte ihn ein Anruf seiner Mutter, die aufgewühlt berichtete, sein Vater könne nicht länger ertragen, wie es um die Vereinigten Staaten stehe. Er habe sich furchtbar aufgeregt und getobt und auch sie beschimpft, weil sie seinerzeit für Bruce Jansen gearbeitet habe. Seine Anstecker von den Parteitagen der Demokraten habe er aus dem Fenster geworfen. Ganz zum Schluss habe er, und da begann ihre Stimme zu zittern, seine alte Kadettenuniform aus dem Kleiderschrank gezerrt und sie im Garten verbrannt.
Wesley musste sich setzen. Ein seltsam klaustrophobisches Gefühl ergriff ihn. Als steckte er in einem Tunnel, der entweder einstürzen oder ins Chaos führen würde. Viel schlimmer war allerdings das Gefühl, es mit der eigenen Eitelkeit übertrieben zu haben. Sich mit einem gewissen Hochmut für besser als alle anderen gehalten und sich diese Stelle erkämpft zu haben, von der er jetzt nicht lassen konnte und wollte.
In wenigen Minuten musste er sich im Oval Office diktieren lassen, was er bei der abendlichen Pressekonferenz sagen durfte.Der Präsident hatte tiefe Ringe unter den Augen und sah elend aus. Er war nur der Schatten des Mannes, der am gestrigen Abend zur Bevölkerung gesprochen hatte und in wenigen Stunden wieder vor die Kameras treten sollte. Jetzt ließ er den Blick von einem zum anderen wandern. »Ich habe vor einer halben Stunde eine Morddrohung erhalten. Ich bin gezwungen, sie ernst zu nehmen. Irgendjemandem ist es gelungen, den Drohbrief in einem der Stahlschränke der Mitarbeiter des Secret Service zu platzieren.« Er nickte, als Vizepräsident
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