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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Pfarrbüro schien es noch kälter als sonst. Clare könnte ihn wieder höher stellen, aber vor ein paar Tagen, beim ersten Blick auf die jährliche Heizölabrechnung, hatte sie erkannt, warum es selbst bei größter Kälte in der Kirche selten wärmer als sechzehn, siebzehn Grad war. Sie seufzte. Morgen um halb sechs käme Mr. Hadley, um vor den Gottesdiensten den Thermostat hochzudrehen. Ein paar Stunden heute Nachmittag könnte sie schon noch durchstehen.
    Sie nahm den Kaffee mit ins Arbeitszimmer, und, wie zum Lohn für ihre guten Vorsätze, standen neben dem Kamin sowohl ein Blecheimer, übervoll mit Holzscheiten, als auch ein Korb voll Anmachholz. »Mr. Hadley!«, sagte sie. »Sie sind ein Engel!«
    Sie hatte einmal gelesen, dass offenes Feuer einem Raum Warmluft entziehen würde, aber hier bei ihr ließ sich dieser Beweis nicht erbringen. Als die Flammen um das Holz züngelten und prasselten und der eiserne Kaminschirm Hitze abstrahlte, war ihr endlich warm genug, um den Parka abzulegen. Kopfschüttelnd griff sie nach dem Telefon. Computer, Handys, Atomenergie, Raumfahrzeuge, und sie saß da und heizte ein wie ein Seelenhirte bei Charles Dickens.
    »Polizeirevier Millers Kill. Was kann ich für Sie tun?«
    »Harlene? Ich bin’s, Clare Fergusson. Ist der Chief da?«
    »Leider nein, Clare. Aber ich weiß, dass er Sie zu erreichen versucht hat. In etwa einer Stunde erwarte ich ihn zurück. Wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?«
    »Er hat mich zu erreichen versucht? Na gut. Ja … sagen Sie ihm, ich hätte angerufen und bin noch ein paar Stunden hier in meinem Büro. Ich muss ihn dringend im Fall Katie McWhorter sprechen.«
    »Wird gemacht. Schönen Abend noch.«
    »Danke, gleichfalls, Harlene.«
    Sie legte klappernd den Hörer auf und tippte sich mit einem Stift an die Lippen. Ich könnte jetzt die Nachrichten abhören und mit den Rückrufen anfangen. Vielleicht hatten die Fowlers ja schon mit Wes gesprochen und ihn überredet, sein Verhältnis mit Katie einzugestehen. Und Alyson, die durfte man auch nicht vergessen. Wahrscheinlich wäre es keine gute Idee, mit den Shatthams zu telefonieren, bevor sie mit Russ gesprochen hatte.
    Sie ging zurück ins Pfarrbüro und drückte auf die Abhörtaste an Lois’ Telefon. Die erste Nachricht war von Russ. »Wollte mich nur mal nach dem Rechten erkundigen. Rufen Sie zurück, wenn Sie wieder da sind.« Die zweite war eine Nachfrage wegen der Frühgottesdienste; die dritte kam von den Cutlers, die die Abstimmungsergebnisse wissen wollten. Die vierte und fünfte Nachricht war ebenfalls wieder von Russ. »Ich hab Sie daheim zu erreichen versucht. Sind Sie unterwegs oder was? Rufen Sie doch zurück, wenn Sie das abhören, ja?« Die letzte Nachricht stammte von Edith Fowler. »Reverend Clare? Vaughn und ich haben heute Morgen kurz mit Wes geredet. Ich möchte am Anrufbeantworter natürlich nicht ins Detail gehen. Vaughn sprach mit dem befehlshabenden Offizier und kann Wes für den Rest des Wochenendes abholen. Wenn die Straßenverhältnisse nicht zu schlecht sind, kommen sie in der Nacht an. Sonst übernachtet er dort, und sie fahren morgen zurück. Können wir uns dann nachmittags alle zusammensetzen? Sagen Sie mir Bescheid. 555-1903.«
    Aus Clares Brieffach an der Wand ragten sechs oder sieben Notizzettel. Sie kniff die Augen zusammen, um die Nachrichten im schwindenden Licht lesen zu können, während sie in ihr Zimmer zurückging. Anfragen wegen einer Taufe. Wahrscheinlich Neumitglieder. Sterling Sumner wollte eine weitere Sitzung wegen des Heizkessels. Anruf von Chief Van Alstyne, keine Nachricht.
    Auch Kristen McWhorter hatte sich gemeldet. Ohne Rückrufnummer. »Sehr dringend« – von Lois’ selbstbewusster Feder unterstrichen. »Hat Infos zum Mörder ihres Vaters. Sie und Mutter versteckt« – hier hatte Lois ein dickes schwarzes Frage-und Ausrufungszeichen gemacht – »in Jagdhütte von Cousin. Bitte sofort hinkommen. Mutter misstraut Polizei.« Die genaue Wegbeschreibung zu der fraglichen Hütte bedeckte den Rest des rosa Zettels und ging auf einem anderen weiter.
    »Lois!«, sagte Clare zu ihrem Kamin. »Hättest du das Dringendste nicht obendrauf legen können? Großer Gott!« Zweifellos bekam ein Mensch durch zu viele Jahre Arbeit als Pfarrsekretärin eine zynische Sichtweise, auch bei Notfällen. Clare trank einen Schluck Kaffee und schlüpfte in den Polizeiparka. Bald brauchte sie wirklich einen eigenen. Sie verstaute die Wegbeschreibung in ihrer Tasche und

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