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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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kommt.«
    Dieser leichte Scherz über seine Professoren entzückte die Kumpels. Sie fanden ihn spaßig, sie schwärmten für diesen Bengel, weil er in seiner Niederträchtigkeit ständig Schmeicheleien und gehässigen Tratsch verbreitete. Sein beunruhigendes Lächeln ging von einem zum andern, während seine langen geschmeidigen Finger mit einer angeborenen Geschicklichkeit aus vergossenen Biertropfen auf dem Tisch verzwickte Szenen skizzierten. Ihm ging die Kunst leicht von der Hand, im Nu gelang ihm alles.
    »Und Gagnière«, fragte Mahoudeau, »hast du ihn nicht gesehen?«
    »Nein, ich bin seit einer Stunde hier.«
    Aber Jory stieß, ohne ein Wort zu sagen, Sandoz mit dem Ellbogen an und machte ihn mit einer Kopfbewegung auf ein Mädchen aufmerksam, das im Hintergrund des Gastzimmers mit seinem Herrn an einem Tisch saß. Es waren übrigens nur noch zwei andere Gäste da, zwei Sergeanten, die Karten spielten. Dieses Mädchen war fast noch ein Kind, eines jener Pariser Gassenmädel, die mit achtzehn Jahren noch die Magerkeit einer unreifen Frucht haben. Mit dem Regen blonder Härchen über der zarten Nase und dem großen, lachlustigen Mund in dem rosigen Frätzchen sah sie wie ein frisierter Hund aus. Sie blätterte in einer Illustrierten, während der Herr mit Bedacht einen Madeira trank; und über die Zeitung hinweg warf sie der Schar immerfort lustige Blicke zu.
    »Nett! Was?« murmelte Jory, der Feuer fing. »Auf wen, zum Teufel, hat sie es denn abgesehen? – Mich guckt sie an.«
    Rasch schaltete sich Fagerolles ein:
    »Na, höre mal, da ist gar kein Irrtum möglich, mir gilt das! – Glaubst du etwa, ich bin seit einer Stunde hier, um auf euch zu warten?« Die anderen lachten.
    Und die Stimme senkend, erzählte ihnen Fagerolles von Irma Bécot. Oh, ein flotter Käfer! Er kannte ihre Geschichte, sie war die Tochter eines Kolonialwarenhändlers in der Rue Montorgueil. War übrigens ganz beschlagen in biblischer Geschichte, Rechnen, Rechtschreibung, denn bis sechzehn Jahre war sie in eine Schule in der Nachbarschaft gegangen. Sie erledigte ihre Hausaufgaben zwischen zwei Säcken Linsen, und sie vervollständigte ihre Erziehung geradezu auf der Straße, denn sie lebte auf dem Bürgersteig inmitten der Anrempeleien und lernte das Leben kennen bei den ständigen Tratschereien der barhäuptigen Köchinnen, die die Schandtaten des Viertels hüllenlos ausbreiteten, während man ihnen für fünf Sous Schweizerkäse abwog. Ihre Mutter war tot, Vater Bécot war schließlich mit seinen Dienstmädchen ins Bett gegangen, was sehr vernünftig war, denn so brauchte er nicht außer Haus zu gehen; aber das brachte ihn auf den Geschmack an Weibern, er mußte mehr Weiber haben, bald hatte er sich in ein solches Lotterleben gestürzt, daß der Kolonialwarenladen samt den Dörrgemüsen, den Bonbongläsern, den Schubläden voller Süßigkeiten nach und nach dabei draufging. Irma ging noch zur Schule, als ein Bursche sie eines Abends beim Abschließen des Ladens quer über einen Korb Feigen warf. Sechs Monate später war das Haus durchgebracht. Ihr Vater starb an einem Blutsturz; sie suchte Zuflucht bei einer armen Tante, von der sie verprügelt wurde, brannte mit einem jungen Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite durch, kam dreimal zurück, um eines schönen Tages endgültig in die Kneipen vom Montmartre und von Les Batignolles zu enteilen.
    »Eine Fohse!« murmelte Claude und verzog verächtlich das Gesicht.
    Plötzlich stand Irma Bécots Herr auf und ging hinaus, nachdem er leise etwas zu ihr gesagt hatte; sie sah ihm nach, bis er verschwand; dann rannte sie ungestüm wie ein entwischter Schuljunge zu Fagerolles und setzte sich auf seine Knie.
    »Na! Denk dir bloß, der ist vielleicht eine Klette! – Gib mir schnell einen Kuß, er kommt gleich zurück.« Sie küßte ihn auf die Lippen, trank aus seinem Glas; und sie widmete sich auch den anderen, lachte ihnen auffordernd zu, denn sie hatte eine Leidenschaft für Künstler und bedauerte, daß sie nicht reich genug waren, um sich Frauen für sich allein leisten zu können.
    Jory vor allem schien sie zu interessieren, der sehr erregt war und sie mit seinen Glutaugen anstarrte. Da er rauchte, nahm sie ihm die Zigarette weg und steckte sie sich selber in den Mund; das alles, ohne ihr kesses Schwatzen zu unterbrechen.
    »Ihr seid alle Maler, ah, das ist ja spaßig! – Und die drei da, warum sehen sie so griesgrämig aus? Lacht doch ein bißchen, ich kitzle euch gleich! Ihr

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