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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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hatte er auf dem Frühlingsfest mit einer jungen Magd angebandelt und war mit ihr im Wald verschwunden.
    Bandolf seufzte. Hier verlor sich Ulberts Spur - erst als Toter tauchte er vor seiner Türschwelle wieder auf. Was war passiert, nachdem Ulbert das Fest verlassen und in die Stadt zurückgekehrt war?
    Hatte er sofort den Weg in die Münzergasse eingeschlagen, oder war er zuvor noch einmal in sein Quartier zurückgekehrt und hatte erst später beschlossen, den Burggrafen aufzusuchen? Doch darüber hatte Annalinde nichts verlauten lassen.
    Überhaupt hat sie nicht viel verlauten lassen, überlegte Bandolf. Noch immer nagte der Verdacht an ihm, dass die Witwe mehr über die Belange ihres Gatten wusste, als sie zugegeben hatte. Aber würde sie ihm gegenüber bei einem zweiten Besuch mitteilsamer sein?
    Die Hand des Burggrafen verharrte über Penelopes Fell. Die Katze blinzelte, das Schnurren stockte. Offenbar unzufrieden mit ihm, reckte sie den Kopf und rieb ihn an seiner Hand. Gedankenverloren spielte Bandolf mit ihren Ohren.
    Vielleicht konnte Garsende die Witwe dazu bewegen preiszugeben, was sie wusste?
    Unschlüssig drehte der Burggraf seinen leeren Becher in der Hand und grübelte über seinen Einfall nach. Der Gedanke war ihm unwillkommen. Die Heilerin verstand sich aufs Zuhören, und Menschen erzählten ihr Dinge, die sie ihm nicht anvertrauen würden. Eine ihrer Eigenheiten, die ihm bereits äußerst nützlich gewesen war. Andererseits jedoch erweckte just diese Gabe in ihm ein gewisses Unbehagen, war es Garsende doch gelungen, nicht nur sein Weib, sondern auch ihn selbst für sich einzunehmen. Zuweilen fragte
er sich, wie sie das scheinbar mühelos zuwege gebracht hatte, und dann pflegten ihm Gedanken an geköpfte, schwarze Hähne und Kübel voller Blut durch den Kopf zu gehen. Da Bandolf aber noch niemals einen schwarzen Hahn, geschweige denn einen geköpften, in ihrer Hütte gesehen hatte, und das einzige Blut, das ihm in ihrer Stube begegnet war, sein eigenes gewesen war, gelang es ihm stets, seinen Argwohn wieder zu verdrängen.
    Auch jetzt schien es einfach vernünftig zu sein, Garsende zu Annalinde zu schicken.
    In ihrer Hingabe hatte Penelope eine Vorderpfote über das Bein des Burggrafen geschoben, und im Rhythmus ihres Schnurrens trieb sie behaglich ihre Krallen in sein Fleisch. Behutsam schob Bandolf die Katze zurück auf die Bank, rieb seinen misshandelten Schenkel und erhob sich.
     
    Garsendes zerzauster Schopf ruhte auf Lothars Brust. Mit geschlossenen Augen lauschte sie auf seinen Herzschlag, der allmählich ruhiger wurde, und eine Welle der Zufriedenheit überschwemmte sie. Heilige Jungfrau, wie sehr hatte sie seine Nähe doch vermisst!
    Lothar rührte sich und strich träge über ihr Haar. Garsende blinzelte. Ihre Stube lag im Halbdunkel. Das spärliche Tageslicht, das durch die Ritzen in ihrer Tür fiel, lie ßen die Konturen ihres Tischs und der kleinen Bank dahinter verschwimmen, und ihr Herdfeuer, das bis auf ein wenig glimmendes Holz heruntergebrannt war, verriet ihr, wie viel Zeit vergangen sein musste, seit sie die Tür hinter sich verriegelt hatte.
    Seufzend richtete Garsende sich auf.
    »Was ist, mein Herz?«, murmelte Lothar und fuhr liebkosend über ihren nackten Rücken.
    »Es ist spät.«
    Er lachte leise. »Hättest du dir einen anderen Zeitvertreib
gewünscht?« Mit einem Ruck zog er sie an sich, bis ihr Gesicht über seinem schwebte. »Nein, sag es lieber nicht, und lass mir meine Traumgespinste.« Sein Mund suchte ihre Lippen, doch sie drehte den Kopf zur Seite. Einen Moment lang grub sie ihr erhitztes Gesicht in seine Halsbeuge, um seinen vertrauten Duft zu atmen, dann machte sie sich widerstrebend von ihm los und schlüpfte aus der Bettstatt.
    Ihr Gewand lag zerknüllt neben seiner Tunika auf dem Boden. »Nichts liegt mir ferner, als Euch Eurer Truggebilde zu rauben, aber Eurer Unersättlichkeit werde ich keinen Vorschub leisten«, scherzte sie, während sie ihr zerknülltes Kleid aufhob und über ihren Körper streifte.
    »Darüber darfst du dich nicht beschweren. Du warst es schließlich, die mich hat darben lassen.«
    »Aus gutem Grund.«
    Garsende nestelte an den Bändern ihrer Ärmel, doch als er schwieg, drehte sie sich zu ihm um.
    Er hatte sich aufgerichtet und sah sie an. »Du nimmst es mir gram, dass ich dich nicht zu meinem Weib nehmen kann. Ist es das?«, fragte er. Nachdenklich betrachtete Garsende sein Gesicht. Das dämmrige Licht milderte seine scharfkantigen

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