Davide
du mich nicht zu meinen Eltern bringen wirst. Ich steige
irgendwo da draußen aus und gut ist’s!“
Nun
verfinsterte sich Davides Blick merklich.
„Willst
du mir damit sagen, dass du mich nicht dabei haben willst?“
„Genau
das.“
Er
war sprachlos. Wie sich die Atmosphäre einer Situation in so kurzer Zeit verwandeln
konnte, das war für ihn eine völlig neue Erfahrung. Von erotisch geladen in
unterkühlt abweisend binnen weniger Sekunden – diese Erfahrung gefiel ihm nicht
sonderlich.
Er
versuchte, ruhig zu bleiben und die Lage sachlich in den Griff zu bekommen.
Wenn geschäftliche Herausforderungen zu bewältigen waren, hatte er mit dieser
Strategie schließlich meistens Erfolg, warum also nicht auch hier?
„Emma,
was willst du mir damit sagen? Du willst mich nicht dabeihaben, gut, hab ich
verstanden. Was ich nicht verstehe, ist der Grund dafür.“
„Ich
möchte es eben nicht. Kannst du das nicht akzeptieren?“
„Es
würde mir weniger schwer fallen, wenn ich es verstehen könnte!“
Sie
sah ihn ernst an.
„Versuch
es einfach, okay?“
„Nein,
das will ich nicht. Ich habe das Bedürfnis, zu verstehen, damit ich akzeptieren
kann und dabei könntest du mir doch ein bisschen helfen.“
„Ich
möchte dich ganz einfach meinen Eltern nicht vorstellen. So.“
Sie
fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und lockerte es etwas auf, damit es
schneller trocknete. Dann schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht in die
Morgensonne, als sei das Gespräch für sie beendet. Doch Davide war noch nicht
bereit, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.
„Wieso
soll ich deine Eltern nicht kennen lernen? Was ist denn schon dabei?“
„Es
ist das dabei, dass ich es eben nicht möchte, also besteh nicht darauf! Willst
du einfach nur deinen Willen haben, ist es das? Hier ist erst mal Stopp für
dich, hier geht es um mich und meine Privatsphäre und das ist für dich tabu.“
„Ich
will nicht meinen Willen haben, ich will dich verstehen. Und das hier verstehe
ich eben nicht, tut mir leid! Wo liegt dein Problem?“
„Ich
hab keins, aber ich verstehe deins nicht. Warum kannst du mich nicht einfach in
Ruhe ein paar Stunden allein mit meiner Familie verbringen lassen? Warum musst
du unbedingt dabei sein? Das ist meine Sache, das geht dich nichts an!“
In
Davide stieg explosionsartig ein bitterer Verdacht auf, der sich heiß und
ätzend in seiner Seele breitmachte.
„Was
verbirgst du vor mir, Emma? Gibt es dort etwas, das ich um keinen Preis sehen
soll? Oder vielleicht jemanden? Welches Geheimnis hast du da vor mir?“
„Was???“,
sie starrte ihn einen Moment lang fassungslos an. „Geheimnis? Verbergen? Bist
du jetzt völlig übergeschnappt oder was? Ich verberge nichts vor dir, ich sehe
nur ganz einfach nicht ein, was du mit meinen Eltern zu schaffen haben sollst!
Wir kennen uns gerade mal eine Woche und sind dabei kaum aus dem Bett gekommen
– was soll das ?!“
Er
musterte sie einen Augenblick, dann lehnte er sich zurück.
„Jetzt
wird mir alles klar“, seine Stimme klang leise. Leise und sehr enttäuscht. „Du
hast kein Vertrauen zu mir. Nicht das kleinste bisschen. Du willst mich nicht
mitnehmen, weil du dir nicht sicher bist, wie lange das hier hält mit uns beiden,
stimmt’s?“
Emma
gab ihm keine Antwort, doch ein Blick in ihr verlegenes Gesicht sagte ihm, dass
er richtig lag.
„Du
schämst dich vielleicht sogar für mich – ist es nicht so? Sei wenigstens jetzt
ehrlich, na los, komm schon!“
„Nein,
ich schäme mich nicht, das ist kompletter Blödsinn!“
„Dann
ist es wohl tatsächlich so, dass du mir nicht traust, oder?“
Nun
wandte sie sich zu ihm und sah ihn an. Wieder mit diesem unergründlichen,
intensiven Blick, bei dem sich ihm jedes Mal die Haare sträubten und der in ihm
das heftige Bedürfnis weckte, sie an sich zu reißen und nie mehr loszulassen.
„Nein,
ich traue dir nicht. Überhaupt nicht, wenn du’s genau wissen willst“, gestand
sie mit leiser, aber fester Stimme. „Wie sollte ich auch? Und um ganz ehrlich
zu sein – mir selber traue ich noch viel weniger als dir!“
Er
schluckte. Das war eine Perspektive, mit der er nicht gerechnet hatte.
„Wie
meinst du das?“ Seine Stimme klang belegt.
„Wie
ich es gesagt habe. Ich bin sehr kompliziert, Davide, es ist alles andere als
einfach, mit mir auszukommen. Ich bin es gewohnt, allein zu sein und meine
Intimsphäre zu haben, ich bin es gewohnt zu tun und zu lassen, was mir gefällt,
wenigstens in
Weitere Kostenlose Bücher