Dead Cat Bounce
in der Schule nach der Sache mit den Süßigkeiten akzeptiert, geschätzt, bewundert. Sein Blick ging zum Schreibtisch seines Vaters, weil er seinem Dad erzählen wollte, was passiert war, doch dieser hatte sich tief vornübergebeugt und bekam gar nicht mit, dass die beiden Neandertaler sich über seinen Kopf hinweg ein Papierknäuel zuwarfen.
Jonah betrachtete wieder seinen brandneuen iPod, dann hob er den Kopf und sah den Händlern zu, die immer noch um ihn herumtanzten und vor Begeisterung laut brüllten. Bis eben hatten den Jungen noch leise Zweifel geplagt, doch jetzt wusste er es mit absoluter Gewissheit: Er war kein Weichei.
7
Genau um acht Uhr dreißig wurde es hektisch im Bunker. Der Monitor mit der Telekommunikationssoftware vor Jonah leuchtete wie ein Kreuzfahrtschiff beim Auslaufen: Die Lämpchen blinkten schnell, die Lämpchen blinkten langsam, die Lämpchen gingen gar nicht mehr aus. Sämtliche Händler hingen am Telefon, raunten und drängten, kauften und verkauften. Es ging alles heimlich über die Bühne und Jonah war immer mittendrin.
Er saß rechts vom Baron, wie am Tag zuvor, doch dieses Mal war er der Hüter der Transaktionen. Franky brachte ihm die Händlerzettel, die die Mitarbeiter des Bunkers ausgefüllt hatten, und Jonah hatte die Aufgabe, sie in den Computer einzugeben. Zuerst gab er das Tickersymbol ein – jede Aktie hatte ein eigenes Kürzel –, dann den Kurs und den Betrag. War es eine Kauforder, kennzeichnete er sie mit einem Pluszeichen; eine Verkaufsorder bekam ein Minuszeichen.
Die größten Transaktionen kamen vom Baron. Er war ein General, der die Front befehligte. Die ganze Zeit über hatte er zwei Telefonhörer in der Hand und irgendwie gelang es ihm, zwei Gespräche gleichzeitig zu führen, indem er mit den Daumen abwechselnd die Stummtaste drückte. Hin und wieder kam auch noch ein Anruf auf seinem Handy dazu, das er dann einige Zentimeter von seinem Ohr entfernt hielt. Er war unglaublich konzentriert, was die Personen am anderen Ende der Leitungen allerdings nicht merken konnten. Dem Tonfall nach hätte der Baron auch seinen Urlaub buchen können, jedenfalls hörte sich das für Jonah so an, wenn er die Augen schloss. Nur wenn er den Baron genau beobachtete, konnte er sehen, wie angestrengt dieser arbeitete.
Franky und die anderen hatten Jonah allerdings nicht gesagt, dass der Baron keine Händlerzettel für seine Transaktionen schrieb. Er sah einfach in Jonahs Richtung und diktierte ihm die Orders in die Tasten. Dazu sagte er zum Beispiel: »40k leer Anglo zu 1254.« Jonah musste dann wissen, was das bedeutete. Zum Glück half Franky am Anfang und erklärte ihm die Händlersprache. »40k leer Anglo zu 1254« bedeutete, dass der Baron vierzigtausend (k) Aktien von Anglo American (eine riesige Bergbaugesellschaft) zu einem Kurs von 1,254 Pence (leer) verkauft hatte.
Nach einiger Zeit sah der Baron Jonah gar nicht mehr an, so sehr vertraute er auf dessen Fähigkeiten. Er sprach die Orders einfach laut aus, sodass Jonah die ganze Zeit die Ohren spitzen musste, während er gleichzeitig die Händlerzettel im Auge behielt und seine Finger über die Tastatur flogen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Trotzdem fand der Junge das Ganze toll. Es war wie ein Wettlauf in der Schule, aber erheblich spannender. Zwar hatte er auch jetzt das Gefühl, alle anderen hinter sich zu lassen, doch beim Eingeben der Transaktionen waren seine Nerven zum Zerreißen gespannt, was er so noch nie erlebt hatte.
Automatisch ging Jonah nach einer Weile dazu über, mit der rechten Hand die Transaktionen des Barons einzugeben und die linke für alles andere zu verwenden. Wenn er hörte, dass der Baron eine Order ansagte, gab seine rechte Hand die Daten dafür ein, während er mit der linken die Zettel ordnete – auf diese Weise hatte er eine klare Trennung bei der Verarbeitung der Informationen.
»Wie zum Teufel machst du das?«, rief Franky. Sie stand gerade hinter Jonah und überprüfte seine Eingaben, als sie sah, wie unglaublich schnell und geschickt er war. Jonah zuckte nur mit den Schultern, so sehr konzentrierte er sich auf seine Arbeit. Doch innerlich fühlte er sich, als stünde er unter Strom, als sagte ihm jede Faser seines Körpers, dass das hier so etwas wie seine Bestimmung war.
»Ich glaube, ich bin hier überflüssig«, sagte Franky mehr zu sich selbst als zu Jonah, wobei sie ihm allerdings leicht auf die Schulter boxte. Dann ging sie weg, um noch ein paar Händlerzettel zu
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