Deadlock
Gabelstaplern und der Leiter fern hielten, gaben dem Weißhaarigen wortlos den Weg frei.
»Wer ist das?«, erkundigte ich mich bei meinem gesprächigen Bekannten. »Er sieht aus wie ein Wikinger.«
»Ist auch ein Wikinger - Niels Grafalk. Er ist der Eigentümer dieses traurigen Schrotthaufens ... Armer Kerl!«
Niels Grafalk. Jetzt war wohl nicht ganz der richtige Zeitpunkt, um hinter ihm die Leiter hinaufzueilen, auf der Suche nach der »Bertha Krupnik«. Es sei denn ... »Ist das die >Bertha Krupnik«
»Nein«, erwiderte mein Gesprächspartner. »Es ist die >Leif Eriksson<. Sind Sie an der >Bertha Krupnik< besonders interessiert?« »Ja. Ich bemühe mich herauszubringen, wo sie sich im Augenblick befindet. MacKelvy, den Sie vielleicht kennen, ist nicht bereit, mit dieser Information herauszurücken, bevor Grafalk nicht seinen Segen dazu gegeben hat. Sie wissen es nicht zufällig?«
Als mein neuer Bekannter den Grund für mein Interesse erfahren wollte, verspürte ich große Lust, den Mund zu halten und nach Hause zu gehen. War ich denn von allen guten Geistern verlassen? Der Unfall von Champ war ja zur fixen Idee bei mir geworden! Die Menschenansammlung hier bewies, dass Unglücksfälle stets eine Menge Leute an den Ort des Geschehens lockten. Margolis hatte Recht: Hätten die Männer bei den Silos irgendetwas über Champs Tod gewusst, so wäre darüber geredet worden. Es war vermutlich höchste Zeit für mich, nach Chicago zurückzukehren.
Mein neuer Bekannter merkte, dass ich zögerte. »Wissen Sie was - es ist Mittagszeit. Begleiten Sie mich doch zum Salle de la Mer. Das ist der Privatklub für die Schiffseigner und ihre Bordoffiziere. Ich muss mir nur noch ein Jackett holen und den Overall loswerden.«
Ich betrachtete meine Jeans und meine Joggingschuhe. »Für einen Privatklub bin ich wohl kaum passend angezogen.«
Er versicherte mir, dass Frauen von den Kleidervorschriften ausgenommen seien. Ich blieb ein paar Minuten allein, während er sich umzog, und beobachtete die Katastrophenszene auf dem Kai. Gerade überlegte ich mir, wo Phillips stecken mochte - da sah ich, wie er sich zaghaft zur »Leif Eriksson« durchlavierte. Irgendetwas in seinem Verhalten machte mich stutzig.
5
Glück und Glas
»Mein Name ist Mike Sheridan, Chefingenieur auf der >Lucella Wiesen.« »Und ich bin V.I. Warshawski, Privatdetektivin.«
Der Kellner brachte unsere Getränke - Weißwein für mich und einen WodkaTonic für Sheridan.
»Sie sind mit Champ Warshawski verwandt, nicht wahr?« »Ich bin seine Cousine ... Arbeiten Sie etwa auf der >Lucella Wiesen, die gegenüber der >Bertha Krupnik< festgemacht hatte, als er letzte Woche in die Schiffsschraube geriet?«
Er bejahte meine Frage, und ich stellte mit übertriebener Begeisterung fest, wie klein doch die Welt sei. »Ich versuche jemanden zu finden, der gesehen hat, wie mein Vetter umkam. Wenn ich aber an den Haufen Zuschauer da draußen denke, die den Unfall begaffen, kommt mir das ziemlich aussichtslos vor.« Ich erklärte ihm, weshalb ich diese Nachforschungen betrieb, und warum ich auch die »Lucella« einbeziehen wollte.
Sheridan nahm einen Schluck von seinem Wodka. »Ich muss Ihnen gestehen, dass ich wusste, wer Sie sind, als ich Sie dort draußen auf dem Kai entdeckte. Jemand hat mich auf Sie aufmerksam gemacht, und ich wollte mit Ihnen reden.« Er lächelte entschuldigend. »Es wird hier fürchterlich viel getratscht ... An diesem Nachmittag also sollte Ihr Vetter auf die >Lucella< rüberkommen und mit Kapitän John Bemis reden. Er behauptete nämlich, er wisse etwas über einen Sabotageakt. Wir konnten eine Woche lang nicht laden. Wir hätten am Silo der Eudora Getreide an Bord nehmen sollen, deshalb hatten wir gegenüber der >Bertha Krupnik< festgemacht. Doch plötzlich standen die Laderäume unter Wasser. Wir mussten sie trockenlegen und die Genehmigung der Gesundheitsbehörde abwarten, ehe wir wieder Fracht aufnehmen konnten.« »Wollen Sie damit sagen, dass jemand die Laderäume absichtlich geflutet hat? War das der Sabotageakt?«
Er nickte. »Wir dachten erst, das hätte ein Mann der Besatzung angerichtet, der sich über etwas geärgert hatte. Er wurde aufgefordert, das Schiff zu verlassen. Weil er kein Theater machte und ging, glaubten wir, dass wir richtig getippt hätten. Aber Ihr Vetter wirkte nicht wie einer, der sich wichtig machen will, und natürlich wollte Bemis mit ihm reden. Haben Sie vielleicht eine Ahnung, was Ihrem Vetter im Kopf
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