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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ist er obendrein.«
    Die typische unverzeihliche Männersünde - Prahlereien über den Erfolg bei Frauen und auf dem Eis, noch dazu, wenn es mit beidem nicht weit her war. Mit gemischten Gefühlen analysierte ich den Inhalt des Briefs. Er schien mit dem Durcheinander, das ich zu entwirren versuchte, in keinem Zusammenhang zu stehen. Trotzdem war die Sache meinem Vetter so wichtig gewesen, dass er zuerst bei Bouchard angerufen und ihm dann sogar geschrieben hatte. Es musste etwas dahinter stecken! Zumindest sollte ich versuchen festzustellen, wo Champ sich während der letzten Tage seines Lebens aufgehalten hatte. Der Brief war vom 26. datiert, gestorben war Champ am 27. Das hieß, ich musste etwa bis zum 23. zurückgehen, dem Tag, an dem man in den Frachträumen der »Lucella« Wasser entdeckt hatte. Ob Mattingly dabei seine Hände im Spiel gehabt hatte? Mein gewaltiges Arbeitspensum drohte mir über den Kopf zu wachsen, und ich beobachtete voller Verzweiflung meine eingegipste Schulter. »Haben Sie ein gutes Foto von Mattingly?«
    Bouchard strich sich übers Kinn. »Ein Pressefoto. Myron könnte mir eins beschaffen.«
    »Könnten Sie sich gleich ein halbes Dutzend geben lassen? Vielleicht kann ich jemanden finden, der ihm an ganz bestimmten Orten begegnet ist.«
    »Klar. Wird sofort erledigt.« Voll Schwung stand er auf. Action - das ist für einen Hockeyspieler das Salz in der Suppe. »Vielleicht kann ich mit seinem Foto schon hausieren gehen, während Sie noch hier liegen müssen.«
    »Ich werde mir's überlegen ... Ich weiß schon, mit wem ich mich unterhalten möchte, aber Sie kommen womöglich an diese Leute nicht ran.« Er entschwand in einer Wolke von Desinfektionsgeruch, und ich warf erneut einen Blick in Champs Terminkalender. Am 23. hatte er mit Margolis gesprochen; wahrscheinlich hatte er ihn am Silo getroffen. Der 24., ein Samstag, war für Paige reserviert gewesen. Am darauf folgenden Montag stand ein Gespräch mit MacKelvy, Grafalks Dispatcher, auf dem Programm, außerdem waren zwei mir unbekannte Namen vermerkt. Ich wollte Margolis Mattinglys Bild zeigen. Hierbei konnte mir Pierre eventuell behilflich sein.
    Ich sah auf die Uhr. Halb fünf. Paige war vermutlich im Theater. Ich wählte ihre Nummer, wurde mit dem Auftragsdienst verbunden und hinterließ eine Nachricht.
    Gegen fünf Uhr kam Lotty herein; sie registrierte mit hochgezogenen Brauen das Durcheinander von Papieren und das zerwühlte Bett. »Du bist eine unleidliche Patientin, meine Liebe. Man hat mir gesagt, dass du jegliche Behandlung durch Medikamente ablehnst... Ich habe zwar nichts dagegen, wenn du keine Schmerzmittel nimmst - aber die Antibiotika müssen sein. Ich lege keinen Wert auf eine Sekundärinfektion am Arm.«
    Mit wenigen Handgriffen brachte sie das Bett in Ordnung. Als sie auf dem Bettrand Platz genommen hatte, kam eine Schwester mit dem Abendessen und verzog missbilligend den Mund. Auf dem Bett zu sitzen ist ein Vergehen; Ärzte genießen allerdings Sonderrechte.
    Wir warfen einen Blick auf die völlig zerkochte Mahlzeit. »Pizza«, stöhnte ich. »Oder Pasta und Wein.«
    Sie lachte. »Immer mit der Ruhe. Wenn du es noch einen weiteren Tag aushalten kannst, bringe ich dich am Montag heim. Am besten, du wohnst ein paar Tage bei mir.«
    Ich sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Damit du mich kontrollieren kannst? Lotty, ich habe zu tun!«
    »Lass die Drohgebärden, Vic. Ich bin nicht eine von diesen einfältigen Schwestern. Ich habe dich noch nie von der Arbeit abgehalten, selbst wenn du dich wie ein Kampfhahn aufgeführt hast.« »Ein Kampfhahn, Lotty? Was meinst du denn damit?«
    »Einen Menschen, der einfach kämpfen muss, wenn er im Ring steht, notfalls gegen seine eigenen Freunde.«
    »Du hast ja Recht, Lotty. Entschuldige. Deine Einladung nehme ich gerne an.« Sie hauchte mir ein Küsschen auf die Backe, verschwand aus dem Zimmer und kam nach kurzer Zeit mit meiner Lieblingspizza zurück - belegt mit Zwiebeln und Anchovis. »Wein ist gestrichen, solange du noch Antibiotika nimmst.« Wir verspeisten die Pizza und spielten anschließend Gin Rummy. Lotty war nicht zu schlagen. Während der Bombenangriffe auf London im Zweiten Weltkrieg hatte sie im Luftschutzkeller mit der Familie, die ihr Unterschlupf gewährt hatte, oft stundenlang Gin Rummy gespielt.
    Am Sonntagmorgen versuchte ich es noch einmal vergeblich bei Paige. Gegen Mittag tauchte sie in eigener Person bei mir auf. Sie sah hinreißend aus in ihrer grünen

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