Dein ist das Leid (German Edition)
schnuppernlassen. Hier nimmt er denselben Geruch wahr. Wahrscheinlich sind seitdem Dutzende Leute hier gewesen, aber Paul war zu irgendeinem Zeitpunkt definitiv auch hier.“ Marc streichelte Heros Kopf und gab ihm was zu naschen. „Leider sagt uns das nichts, was wir nicht schon wussten – aber es bestätigt uns wenigstens, dass Hero jetzt sehr vertraut mit Pauls Geruch ist. Was ein enormer Vorteil ist. Es könnte sehr bedeutsam werden, wenn wir es brauchen.“
Casey nickte zustimmend. Dann blickte sie fragend zu Claire. „Und?“
Claire war immer noch damit beschäftigt, sich umzusehen. Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über ihr Gesicht – ganz anders als der, den sie im Cottage aufgesetzt hatte. Es ging so schnell vorbei, dass niemand außer Casey etwas merkte. Aber Casey hatte es bemerkt. Sie stellte allerdings auch fest, dass Claire jetzt nicht darüber reden wollte, ob es nun von Bedeutung war oder nicht.
Stattdessen streckte Claire hilflos beide Hände aus. „Ich nehme viel zu viele verschiedene Energien wahr, um etwas Konkretes bestimmen zu können. Sehr viele Leute sind hier gewesen und lösen einen wahren Sturzbach ihrer widerstreitenden Emotionen aus. Selbst Gewalt, sonst eine sehr mächtige Kraft, reicht nicht aus, um sich in etwas Konkretes zu verdichten. Bei dem T-Shirt und dem Handtuch von Paul spüre ich gar nichts. Vielleicht würde es einen Unterschied machen, wenn ich eins der persönlichen Dinge in der Hand hätte, von denen Amanda gesprochen hat …“
„Dieses Klebegummiherz ist bei mir zu Hause“, unterbrach Amanda. „Eins der Dinge, die ich aufgehoben habe. Aus blödsinniger Sentimentalität, nehme ich an.“
„Vielleicht wichtige Sentimentalität“, beschwichtigte Casey. „Claire hat schon oft bei einem persönlichen Objekt eher etwas wahrgenommen, wenn es sich an einem Platz befand, an dem dieses Objekt eine Bedeutung hatte.“
„Das stimmt dann und wann“, gab Claire zu. „Eine Garantie gibt es da aber auch nicht. Aber nachdem ich nun am Tatort gewesen bin, muss ich dieses Andenken in die Hand nehmen. Wenn es Paul viel bedeutet hat, könnte ich etwas wahrnehmen. Könnte “, betonte sie. Sie blickte hinüber zum See, der merkwürdige Gesichtsausdruck tauchte wieder auf, verschwand sofort. Offenkundig machte ihr irgendetwas Neues zu schaffen.
„Können wir jetzt gehen?“, fragte Amanda. Stimme und Körpersprache wirkten angespannt, sie blickte weg vom Tatort, gequält von Erinnerungen, aber bewegt von etwas Stärkerem. Sie sah auf ihre Uhr. „Es wird spät. Ich will Justin nicht länger als unbedingt notwendig allein lassen. Und wir müssen ja noch nach Westhampton Beach zu meinem Apartment.“
„Okay.“ Casey hatte eigentlich noch viele Fragen, wollte Amanda drängen, sich daran zu erinnern, wie sie hier an diesem Ort von Pauls angeblichem Tod erfahren hatte. Aber sie erkannte, dass die Frau jetzt genug hatte. Und es war notwendig, ihr Apartment aufzusuchen. Für den Augenblick mussten sie gehen.
Caseys BlackBerry klingelte. Sie zog es heraus und blickte auf das Display.
Ryan.
„Geht schon mal vor“, sagte sie zu den anderen. „Ich komme gleich nach.“
Sie wartete und sah ihnen nach. Amanda ging instinktiv neben Marc. Zweifellos fand sie seine Anwesenheit beruhigend. Das könnte daran liegen, dass sie zuerst mit ihm gesprochen und er zugestimmt hatte, den Fall zu übernehmen. Andererseits hatte Marc auf jeden eine beruhigende Wirkung – außer den Verbrechern, hinter denen er her war. Die fingen an zu zittern, wenn der Navy SEAL mit diesem Killerblick in den Augen auf sie zukam.
Das BlackBerry klingelte weiter. Sie wollte schon rangehen, als sie bemerkte, wie Claire zögerte, das Kinn hob und mit besorgtem Blick die Umgebung des Sees musterte. Nach einem Moment wandte sie sich widerwillig ab und folgte Marc, Amanda und dem Hund zum Wagen.
Casey nahm sich vor, sie danach zu fragen, wenn sie allein waren, und hob das Gerät ans Ohr. „Hey“, begrüßte sie Ryan. „Hast du schon was für mich?“
„Habe ich das nicht immer?“
Casey musste lächeln. Es gab nichts Besseres als Ryans Großspurigkeit, um eine angespannte Situation ein bisschen aufzulockern. „Na sicher, Schlaukopf. Was gibt’s?“
„Eine ganze Menge. Fangen wir mal mit diesem Projekt an, das Paul vorhatte, als er verschwand – dieses Mega-Luxushotel zu bauen. Einen Monat oder so nach seinem Verschwinden hat jemand anders das Grundstück gekauft und führt das Projekt jetzt
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