Dein ist das Leid (German Edition)
nicht mehr lange dauern.“
„Sie müssen ihn vollständig isolieren“, befahl der Untersetzte. „Und zwar schnell. Das ist die einzige Möglichkeit.“
Der zweite Mann nickte. „Ich lasse mir was einfallen und kümmere mich darum.“
„Kümmern Sie sich noch heute darum.“
Der Starbucks Coffeeshop am Republic Airport war überfüllt, so wie jeder andere Starbucks, den Casey je betreten hatte. Manchmal fragte sie sich, ob die Stammkunden möglicherweise mit ihren Laptops da lebten, sich um sechs Uhr morgens ihre erste Tasse holten und den letzten Latte bei Ladenschluss, um sich dazwischen an Brownies und ihrem Drahtlosnetzwerk festzuhalten, bis man sie mit Gewalt rausschmeißen musste. Jetzt war es sogar noch schlimmer, denn es war Mittag, die Schlange reichte bis auf die Straße.
Casey warf einen Blick in das Café und fragte sich, wie sie den Mann herauspicken sollte, mit dem sie sich hier treffen wollten.
Den Gedanken hätte sie sich sparen können. Er erkannte sie sofort.
Detective Jones winkte das Team von Forensic Instincts zu dem Tisch, den er sich offenbar schon vor einiger Zeit gesichert hatte. Neben sich hatte er einen großen Kaffeebecher, halb leer, einen angebissenenBlaubeerscone und einen amtlich wirkenden Umschlag. Andere Kunden starrten wütend auf die drei leeren Stühle um den Tisch, die er in Beschlag genommen hatte, was er vollständig ignorierte. Und den wenigen Gästen, die sich beim Personal beschwerten, wurde leise etwas mitgeteilt, woraufhin sie den Mund hielten und sich verzogen.
Man wusste hier also, wer und was Jones war. Mit der State Police wollte sich keiner anlegen.
Jones war von mittlerem Alter, schlanker Gestalt, und sein Kopf wurde langsam kahl. Er trug ein weißes Hemd und einen roten Schlips mit blauen Streifen. Er war offenkundig ein Zivilpolizist und mit Absicht der Inbegriff des Wortes durchschnittlich .
„Vielen Dank, dass Sie so kurzfristig kommen konnten“, eröffnete er nach der Vorstellung das Gespräch, als alle saßen. Er warf einen zweifelnden Blick auf die Schlange wartender Gäste. „Wollten Sie ’nen Kaffee?“
Casey folgte seinem Blick und grinste schief. „Dann müssten wir uns bis nächste Woche vertagen. Kommen wir lieber gleich zur Sache. Warum wollten Sie so dringend mit uns sprechen?“
Jones verschränkte die Finger ineinander. „Sie ermitteln wegen Paul Everett. Oder genauer, Sie wollen ihn finden . Ich persönlich habe die Ermittlungsakte angelegt, und ich habe sie geschlossen, als es nichts mehr zu ermitteln gab. Deshalb hätte ich gern gewusst, was Sie zu der Annahme führt, er könnte noch am Leben sein. Haben Sie etwas herausgefunden, das wir vielleicht übersehen haben?“
„Ich nehme an, Sie fragen das wegen des YouTube-Videos?“
„Ja. Es ist ja kaum zu übersehen.“
„Wir haben mit diesem Video nichts zu tun, und es wurde ohne unsere Zustimmung hochgeladen“, stellte Casey klar. „Das hat unsere Klientin aus eigenem Antrieb getan. Wir haben überhaupt nichts davon gewusst, bis es zu spät war.“
„Warum wurden Ihre Kontaktdaten durch eine kostenlose Hotline ersetzt?“
„Weil wir ihre Veröffentlichung gar nicht schätzen … und um die Masse der Anrufe bewältigen zu können.“ Marc antwortete an Caseys Stelle. „Glauben Sie mir, Detective, wenn wir Probleme mit dem Inhalt hätten, hätten wir darauf bestanden, das Video wieder aus dem Netz zu nehmen – oder den Vertrag mit unserer Klientin aufgekündigt. Aber wir haben nichts davon getan. Da die Katze nun mal ausdem Sack ist, können wir nur hoffen, über das Video vielleicht doch noch einen passenden Spender zu finden – was ein bisschen weit hergeholt ist, aber so hat unsere Klientin wenigstens das Gefühl, etwas Nützliches zu tun.“
„Was meine Frage noch nicht beantwortet“, sagte Jones. „Glauben Sie wirklich, dass Paul Everett noch lebt?“
„Ja“, bestätigte Casey rundweg.
„Haben Sie dafür irgendwelche Beweise?“
„Ein Foto, auf dem ein Mann zu sehen ist, den unser Gesichtserkennungsprogramm eindeutig als Paul Everett identifiziert hat. Dieses Foto ist noch keine Woche alt. Wir haben mindestens eine Zeugin, die meint, Everett vor Kurzem gesehen zu haben. Hinzu kommt unser professionelles Bauchgefühl. Wir sind überzeugt, dass er noch lebt.“
„Professionelles Bauchgefühl?“ Jones hob die Brauen. „Das dürfte kaum Beweiskraft haben. Worauf basiert dieses Bauchgefühl?“
„Auf Erfahrung.“ Claire meldete sich zum ersten
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