Dein Kuss verraet mir alles
scheint, dass ich unter einem unterdrückten Minderwertigkeitsgefühl leide, weil ich ein riesiges Reptil halte”, erzählte er, und seine schwarzen Augen blitzten belustigt auf.
“Stimmt das denn?”, fragte Tess erstaunt.
Cag nickte. “Und ich esse keine Mohrrüben, weil ich ein tief verwurzeltes Bedürfnis habe, mich meiner Mutter zu widersetzen.”
“Du hast die Bemerkung vergessen, die sie über den Spargel gemacht hat”, half Leo nach.
Cag blickte unangenehm berührt drein. “Das sollten wir lieber vergessen.”
“Aber es war das Beste, was sie von sich gegeben hat!”, Leo wandte sich an Tess. “Sie sagte, dass Cag keinen Spargel esse wegen der Gedankenverbindung zur Impo…”
“Halt den Mund!”, fuhr Cag auf. Leo, der gar nicht die Absicht gehabt hatte, das eindeutig sexuelle Wort zu wiederholen, grinste nur. “Ist ja schon gut.”
Tess vermutete, dass das Wort, das Cag seinen Bruder nicht ausreden ließ, “Impotenz”, war. Nun, sie wäre durchaus in der Lage gewesen, Leo zu versichern, dass Impotenz bei seinen älteren Bruder absolut nicht zutraf. Allerdings hätte sie das nicht gewagt.
Tess blickte über den Tisch hinweg auf Cag. Sie wurde rot bei dem schalkhaften Glitzern in seinen schwarzen Augen.
Beinahe hätte sie ihre Kaffeetasse vom Tisch gefegt vor lauter Nervosität.
Leo, der diese kleine versteckte Nebenhandlung beobachtet hatte, musste schmunzeln. Die beiden waren so bemüht, uninteressiert zu erscheinen, obwohl es nicht deutlicher sein konnte, dass sich zwischen ihnen etwas ganz Intimes abspielte.
Er hatte Cag schon lange nicht mehr so heiter gesehen.
“Ich werde eine Woche brauchen, um die Schreibarbeit zu erledigen”, sagte Cag schließlich und erhob sich.
Leo legte seine Serviette ab. “Gut. Du beschäftigst dich mit dem Papierkram, und ich fahre runter zur Shea’s Bar. Vielleicht finde ich Billy Telford dort. Er hat mir versprochen, einen guten Preis für den Salers Bullen zu bieten. Doch ich traue ihm nicht.
Er hält uns hin, weil er hofft, dass er von den Tremaynes mehr bekommen kann.”
“Die Trema ynes halten keine Salers Rinder”, entgegnete Cag mit gerunzelter Stirn.
“Das stimmt, aber Billy überflutet sie geradezu mit Material über die Vorteile der Ausweitung von Rinderzucht.” Leo zuckte die Schultern. “Ich glaube nicht, dass die Tremaynes darauf eingehen, aber Billy ist zuversichtlich. Ich muss deshalb zusehen, dass ich ihn betrun… Ich meine”, verbesserte er sich sofort, “dass ich ihn dazu bringe, mir einen guten Preis zu geben.”
“Wage ja so etwas nicht”, warnte Cag. “Ich werde dir nicht wieder aus der Patsche helfen. Und ich meine das.”
“Du trinkst selbst gelegentlich”, warf Leo ihm entrüstet vor.
“Okay, okay, aber ich verhalte mich ruhig dabei. Du nicht.
Keiner von uns hat es vergessen, wie du in Jacobsville auf den Putz gehauen hast.”
“Da habe ich mein College-Abschluss gekriegt”, erwiderte Leo mit einem Schulterzucken. “Das war ein guter Grund, um zu feiern.”
“Um zu feiern, ja. Nicht um die Bar kurz und klein zu schlagen. Und einige der Gäste noch dazu.”
“Wenn ich mich recht erinnere, haben Corrigan und Rey dabei geholfen.”
“Ihr seid allesamt schlechte Kerle”, murmelte Tess.
Cag warf ihr einen beleidigten Blick zu. “Ich habe mir das übermäßige Trinken abgewöhnt.”
“Ich auch. Und ich habe nicht gesagt, dass ich mich betrinken will”, beharrte Leo. “Ich habe gesagt, dass ich Billy betrunken machen will. Er ist viel nachgiebiger, wenn er nicht nüchtern ist.”
Cag drohte ihm mit dem Finger. “Nichts was er im Rausch unterzeichnet, ist auch legal. Denk daran!”
Leo warf beide Hände hoch. “Meine Güte noch mal!”
“Wir müssen den Bullen nicht haben.”
“Doch, müssen wir. Er ist ein preisgekrönter”, beharrte Leo mit blanker Gier in seiner Stimme. “Ich habe noch nie zuvor ein so schönes Tier gesehen. Der Bulle ist schlank, strotzt vor Gesundheit, und sein Fell glänzt wie Seide. Er ist ein Zuchttier, der einen ausgezeichneten Grundstock abgibt für eine Herde. Ich will ihn haben!”
Cag wechselte einen belustigten Blick mit Tess. “Das kann nur Liebe sein”, bemerkte er gedehnt.
“Bei allem geziemenden Respekt für Frauen”, seufzte Leo,
“gibt es auf der ganzen Welt nichts Schöneres als einen Bullen mit Stammbaum in der Blüte seiner Jahre.”
“Kein Wunder, dass du nicht verheiratet bist, du perverser Kerl.”
Leo starrte Cag böse an.
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