Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
einfach gestrickt. Zielstrebig durchquerte sie den Hinterhof.
Clara schaltete auf dem Weg zur Tür den Wasserkocher ein, ganz sicher würde sie gleich einen Becher Grüne Harmonie nötig haben. Sie ließ Tanja ein.
Das zu einem Pferdeschwanz zusammengefasste Haar ließ sie noch jünger wirken, als sie ohnehin war. Der kalte Wind fuhr unter die dünne Jeansjacke. Fröstelnd rieb sie die Hände aneinander. »Hi, Clara.« Ein graues Sweatshirt spannte über dem Babybauch. Unter dem Make-up schimmerte Blässe. »Ich war in der Nähe und dachte, ich schau mal bei dir vorbei.«
»Ich muss arbeiten. Also sagst du am besten gleich, was du willst.« Vermutlich dasselbe wie Hannes neulich, dachte Clara. Ein Wort in dieser Richtung und ich werfe sie hochkant hinaus.
»Es ist wegen Hannes.« Jonathan begann zu quengeln. Tanja holte ihn aus dem Wagen und nahm ihn auf den Arm. Ein hübscher Junge. Mit großen Hannes-Augen sah er sich um. »Er hat mir von seinem Besuch neulich bei dir erzählt. Das war ja total daneben. Ich will nicht, dass du denkst, diese bescheuerte Idee wäre auf meinem Mist gewachsen. Kann ich mich setzen? Der Kleine ist schwer.«
Konnte sie ablehnen? Clara bot Tanja Platz auf dem Sofa an und setzte sich in den Sessel. »Das habe ich auch nicht angenommen.« Der Wasserkocher schaltete sich aus. Nein, sie würde jetzt nicht fragen, wie es Tanja ging, und sie würde ihr auch keinen Tee anbieten.
»Es war wirklich eine doofe Idee von ihm. Wobei ich schon verstehen kann, wie er darauf gekommen ist. Uns geht es echt nicht so gut. Also materiell meine ich. Sonst schon.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Das Geld reicht einfach vorne und hinten nicht. Ich würde ja arbeiten. Aber schwanger nimmt mich jetzt sowieso niemand. Und wenn die Kleine erst mal da ist, wird es auch nicht besser. Du kriegst ja schon für ein Kind keinen Krippenplatz.«
Es wurde also ein Mädchen. Clara verstand nicht, was Tanja sich von diesem Gespräch erhoffte. »Hannes hatte in den letzten Jahren einige doofe Ideen.« Diese bissige Bemerkung konnte sie sich nicht verkneifen.
Tanja zuckte nicht mal mit der Wimper, als wollte sie sich nicht aus dem Konzept bringen lassen. »Ich wollte nur sagen, dass es Hannes auch leidtut. Er hat es nicht so gemeint.«
Was war denn an seinem Vorschlag missverständlich gewesen? Natürlich hatte er es so gemeint. »Schickt er dich etwa?«
»Nein. Er weiß gar nicht, dass ich hier bin. Ich will einfach nur, dass du ein wenig Verständnis für ihn hast. Er fühlt sich als Versager. Die Schulden machen ihm mehr zu schaffen als mir, und dann weiß er, dass es da einen regelrechten Schatz gibt, der all unsere Probleme lösen könnte und von dem niemand weiß, außer dir und ihm. Ist doch kein Wunder, dass er ein wenig träumt.«
Also doch! Sie hatte es sich ja gleich gedacht. Clara stand auf. »Ich verstehe schon, was du meinst. Daraus wird nichts. Sag das Hannes. Und jetzt muss ich arbeiten.«
Tanjas Mund verzog sich zu einer dünnen pinken Linie. »Okay. Du wirfst mich raus. Habe ich eigentlich nicht anders erwartet. Kann ich den Kleinen schnell noch wickeln?«
Am liebsten hätte Clara nein gesagt. Doch Jonathan konnte für all das nichts. »Natürlich. Hast du alles, was du brauchst?«
»Wenn du eine Unterlage hättest.«
Sie gab ihr ein Duschtuch und setzte sich an den PC . Tanja verzog sich mit dem Kind ins Bad. Zwei Mails von Verlagen waren eingegangen. Eine Anfrage für die Redaktion eines Thrillers und eine Einladung zu einem Autorenabend. Beide beantwortete sie. Ein leises Klimpern ließ sie aufhorchen. Es kam von der Garderobe, die sie vom Schreibtisch aus nicht einsehen konnte. Was machte Tanja dort? Ein Verdacht stieg in ihr auf. Leise schob sie den Stuhl zurück und ging in den Flur. Jonathan saß im Kinderwagen. Dahinter stand Tanja, Claras Tasche in den Händen. Das war ja wohl das Letzte!
»Was tust du da?«
Tanja fuhr herum. Etwas fiel klirrend zu Boden. Claras Schlüsselbund. Plötzlich sah sie rot. Unbändige Wut überrollte sie. »Raus mit dir!«, schrie sie und riss die Tür auf.
Tanja schien dieser Ausbruch kaum zu beeindrucken, während Clara vor Zorn bebte. Sie suchte ihre Sachen zusammen und blieb provozierend ruhig. »Hannes hat recht. Du bist neidisch auf unsere Liebe und total verbittert. Aber du kannst nicht verhindern, dass dein Erbe uns retten wird. Früher oder später«, fügte sie triumphierend hinzu. »Vermutlich früher. Dein Vater ist ja schon
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