Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
steinalt.« Mit einem Ruck wendete sie den Kinderwagen und stolzierte davon.
Clara sah ihr einen Moment nach und hob die Schlüssel auf. Der fürs Schließfach hing noch am Bund. Jetzt brauchte sie wirklich einen Becher Tee.
Irgendwie musste sie ihren Erbteil in Sicherheit bringen. Doch wie? Jeder Cent, den Paps ihr vielleicht irgendwann einmal hinterließ, würde für Hannes’ Schulden draufgehen. Das hatte Tanja treffend auf den Punkt gebracht. Vermutlich ging sie jetzt in die Kirche und zündete eine Kerze an und betete, dass der Alte bald starb.
Eine Stunde später hatte Clara sich so weit beruhigt, dass sie sich wieder an die Arbeit setzen konnte. Doch sie wurde erneut gestört. Krystyna kam mit Paps vom Spaziergang zurück und sah bei ihr herein. »Kann ich dich fragen etwas?«
»Natürlich.« Es war kurz vor drei. Kaffeezeit für Paps. »Wollt ihr einen Kaffee?«
Paps fand, das sei eine gute Idee. Gemeinsam deckten sie den Tisch. Im Schrank war noch eine Packung Kekse. Doch Paps wollte Kuchen. »Elli hat bestimmt einen gebacken. Wo ist sie überhaupt?« Suchend sah er sich um. »Und wer sind Sie?«, fragte er Krystyna. »Kenne ich Sie?«
Clara bugsierte ihn an seinen Platz. »Das ist doch Krystyna.«
»Hübscher Name. Woher kommen Sie?«
»Von Polen«, sagte Krystyna.
»Aus Polen. Ach so.« Paps sah auf die Uhr und stand auf. »Ich bin spät dran. Der Unterricht beginnt ja gleich. Wo ist meine Mappe?«
»Heute musst du nicht unterrichten. Es sind Ferien.« Clara griff nach seiner Hand. »Wir trinken jetzt Kaffee.« Er setzte sich wieder. Wie schaffte Krystyna das nur den ganzen Tag? Ich würde durchdrehen, dachte sie. »Was wolltest du fragen?«
Krystyna stellte die Tasse ab. »Ist sich wegen nächsten Samstag. Polnische Kollegin hat Geburtstag. Wir machen große Feier. Kann ich wegbleiben bis neun oder zehn?«
»Kein Problem. Ich hole Paps zu mir. Wir kochen uns was Schönes und sehen fern, gell, Paps?«
Er nickte und schob einen Keks in den Mund. Elli und den Kuchen hatte er längst wieder vergessen. Ein großes, hilfloses Kind.
»Hatten wir vorhin Besuch von Schwägerin«, sagte Krystyna.
»Von Judith?«
»Nicht Judith. Tanja mit Baby Jonathan.«
Clara atmete durch und sandte ein stilles Omm zum Fenster hinaus. »Was wollte sie?« Es kam schärfer heraus als beabsichtigt.
Krystyna merkte das. »Du nicht gut sprechen auf Tanja?«
»Kann man so sagen.«
»Ich auch nicht.«
»Warum?« Doch sie ahnte die Antwort. »Sag nicht, dass sie in Paps’ Sachen geschnüffelt hat.«
Krystyna zuckte die Schultern. »Sie gesucht in Büro und in Schlafzimmer. Ich sie gebeten gehen. War in Ordnung, oder?«
»Sicher. Wenn sie wieder hier auftaucht, lässt du sie nicht herein und rufst mich.« Dieses Miststück würde keinen Fuß mehr über Paps’ Schwelle setzen. Ebenso wenig wie Hannes. Nur über meine Leiche, dachte Clara.
34
Merde! Mist! Was für eine Scheiße! Was hatte Melissa Wittock sich dabei gedacht? Hauptsache, ein geiles Bild auf der Titelseite, damit dieses Drecksblatt sich besser verkaufte. Gier fraß alles. Hirn und Moral!
Dühnfort knallte die Zeitung auf den Schreibtisch, riss den Bügel vom Haken und hängte den Mantel auf. Er wählte die Nummer der Journalistin, noch bevor der PC hochgefahren war, und schaltete mit der anderen Hand die Pavoni an. Am liebsten würde er die Redaktion von einer Hundertschaft auf den Kopf stellen lassen. Es klingelte fünf oder sechs Mal, bis sie sich mit verschlafener Stimme meldete. »Wittock.«
»Dühnfort. Woher haben Sie das Foto?«
Ein Stöhnen klang durchs Telefon. »Wissen Sie, wie spät es ist?«
»Sieben Uhr, zwei Minuten. Woher haben Sie das Bild?«
»Das hat unser Mann aus Samaria mir gemailt. Offenbar zweifeln Sie an seiner Täterschaft. Das gefällt ihm nicht.«
»In die Redaktion oder an Sie persönlich?«
»Geht Sie das etwas an?«
Tat sie so naiv, oder war sie tatsächlich so dämlich? »Behinderung einer polizeilichen Ermittlung. Unterschlagung von Beweismaterial. Ich gebe Ihnen fünf Minuten zum Anziehen. Ansonsten werden die Kollegen Sie im Schlafanzug vorführen.« Er legte auf, wählte die Nummer der Einsatzabteilung. Gleichzeitig klingelte sein Handy. Melissa Wittock. Er nahm das Gespräch an.
»In die Redaktion.«
»Kooperieren Sie, oder müssen wir mit einem Beschluss anrücken?«
»Von mir aus können Sie unsere IT durchforsten. Mir ist das egal. Ich sag meinem Chefredakteur Bescheid. Treffen wir uns in einer halben
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