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Delete: Thriller (German Edition)

Delete: Thriller (German Edition)

Titel: Delete: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg , Karl-Ludwig von Wendt
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fragte Hagen unwirsch, doch sein Blick folgte ihrer Geste. Er verstummte. Nach einem Moment sagte er: »Weiß er, was er da schreibt?«
    Hochhut nickte.
    »Ich glaube schon.«
    Hagen schüttelte den Kopf.
    »Niemand kann so schnell coden. Jedenfalls nicht sinnvoll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das, was er da schreibt, tatsächlich auch funktioniert.«
    »Ich weiß es auch nicht genau«, sagte Hochhut. »Aber für mich sieht es sinnvoll aus. Ich … ich wollte ihm erklären, wie unser System funktioniert, aber er hat einfach die Dokumentation gelesen. Nach zwei Minuten wusste er es.«
    »Zwei Minuten? Er hat fünfzig Seiten Dokumentation in zwei Minuten gelesen?«
    Hochhut nickte.
    »Und er wusste sofort, an welchen Stellen die Kapitel unvollständig und inkonsistent sind.«
    Hagen sah Eisenberg an.
    »Was ist er? Ein Roboter?«
    Eisenberg spürte Zorn in sich aufkeimen. Er erinnerte sich selbst daran, dass er keine rechtliche Handhabe hatte und auf Hagens Unterstützung angewiesen war, bevor er antwortete.
    »Herr Wissmann hat das Asperger-Syndrom, das oft mit speziellen Begabungen verknüpft ist. Er hat ein eidetisches Gedächtnis und ein extrem ausgeprägtes analytisches Denkvermögen. Glauben Sie mir, er weiß, was er tut.«
    »Na schön. Aber was genau macht er da? Ich meine, es ist ja eindrucksvoll, aber wohin soll das führen?«
    »Er schreibt ein Programm, das die Kommunikationsbeziehungen der Spieler untereinander analysiert«, erklärte Hochhut. »Du erinnerst dich, dass ich letztes Jahr genau so eine Funktion vorgeschlagen hatte. Wir haben sie aus Kapazitätsgründen nicht realisiert.«
    »Soll er jetzt die nächsten Wochen hier sitzen?«
    »Er sagt, es sei morgen fertig.«
    »Morgen?«
    Hagen runzelte die Stirn. Er beobachtete eine Weile, wie eine Zeile Code nach der anderen auf dem Bildschirm erschien. Schließlich nickte er und wandte sich an Eisenberg.
    »Also schön. Ihr Mitarbeiter kann hier arbeiten, bis er diese Funktion fertiggestellt hat. Aber danach haben wir die Nutzungsrechte an der Software, die er auf diesem Rechner erstellt hat. Einverstanden?«
    Eisenberg nickte.
    »Einverstanden. Und danke für Ihre Unterstützung.«
    Hagen wandte sich an Hochhut.
    »Und du passt auf, was er tut. Wenn irgendwelche Codes gelöscht werden und wir den Launchtermin verschieben müssen, mache ich dich persönlich dafür verantwortlich!«
    »Ja, okay. Ich passe auf.«
    »Gut. Ich spreche mit John.«
    Damit verschwand er.
    »Es tut mir leid, wenn wir Sie in Schwierigkeiten bringen«, sagte Eisenberg.
    Hochhut schüttelte den Kopf.
    »Ist schon okay. Wir stehen einfach unter ziemlichem Druck. Jede Verzögerung beim Launch der nächsten Version kann zu einem Kursverlust an der Börse führen, für den das Management verantwortlich gemacht wird. Deshalb ist Olaf etwas nervös. Aber ich möchte um mein Leben gern wissen, ob das, was Ihr Mitarbeiter hier macht, tatsächlich funktioniert.«
    Wissmann schnaubte.
    »Können Sie jetzt bitte endlich mit dem Gequatsche aufhören?«

30.
    Mina erwachte mit einem scheußlichen Geschmack im Mund. Ein dumpfer, pochender Schmerz strahlte von ihrem Oberarm aus. Sie sah auf die Uhr. Halb vier. Nachmittags oder nachts? Wie lange war sie jetzt schon hier? Zwei Tage? Drei? In dem Keller gab es nichts, was auf den Verlauf der Zeit in der Außenwelt schließen ließ. Die Glühbirne an der Decke brannte immer. Sie hatte sie einmal kurz ausgeschaltet, sich aber in der absoluten Dunkelheit so verloren gefühlt, dass sie lieber bei Licht schlief.
    Sie rappelte sich auf, wankte zur Toilette, trank etwas Wasser aus der Plastikflasche, die er ihr dagelassen hatte. Paradoxerweise wünschte sie sich in diesem Moment nichts mehr, als sich die Zähne putzen zu können. Es gab eine Dusche in der Nische, aber sie wusste nicht, ob sie funktionierte, und selbst wenn, hätte sie sie nicht benutzt. Das Letzte, was sie wollte, war, von ihrem Entführer nackt gesehen zu werden.
    Dieser Julius glaubte wirklich, dass die Welt nur simuliert war. Und er hatte große Angst vor ihren Schöpfern. So viel wusste sie inzwischen. Doch was glaubte sie selbst? Sie konnte es nicht mehr sagen. Inzwischen war ihr beinahe egal, ob sie in einer Simulation lebte. Sie wollte nur raus aus diesem stinkenden Keller, fort von diesem Mann mit den eingefallenen Augen, der ihr manchmal leidtat und den sie im nächsten Moment inbrünstig hasste. Er hatte sie entführt, sie verletzt, hielt sie in diesem Loch gefangen. Und er

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