Demon Lover
unvermittelt die Hand hob, zuckte Kendra zusammen. «Du bist jämmerlich.»
Sie ballte die Fäuste an den Seiten. «Verschwinde!», fauchte sie. Vor lauter Frust und Verärgerung klang ihre Stimme ganz brüchig. Sie bekam kaum noch Luft, als stünde sie kurz vor einem Anfall. «Verschwinde und komm nie wieder in mein Zimmer.»
Gerald schüttelte trotzig den Kopf, kniff die Augen zusammen und nahm ein Handtuch aus dem Regal. «Du kannst mir nichts verbieten.» Er warf ihr das Handtuch zu. «Übrigens solltest du vorsichtiger sein. Man weiß nie, wann einen die Vergangenheit einholt und in den Arsch beißt.» Mit seiner Körperhaltung drückte er aus, dass er mit ihr fertig war. Er wandte sich ab und marschierte aus dem Bad hinaus.
Kendra hatte das Handtuch mit zitternden Händen aufgefangen. Unbeholfen schlang sie es um ihren nackten Körper und bedeckte endlich ihre Blöße. Das Handtuch war immerhin besser als nichts.
Erleichtert darüber, dass Gerald weg war, lehnte sie sich an die Wand. Sie atmete tief durch und schloss die Augen. Sie hatte immer noch Herzklopfen.
Was zum Teufel war eben passiert?
Sie konnte sich auf das alles keinen Reim mehr machen. Es war, als hätte sie das Gehirn aus ihrem Kopf geholt, es abgestellt und wäre dann weggegangen. Säße ihr Kopf nicht unverrückbar auf den Schultern, hätte sie ihn vermutlich auch noch verloren.
Sie fühlte sich eingeklemmt zwischen Gerald und Remi. Zwischen ihrem lüsternen Bruder und einem geilen Dämon. Sie hatte das Gefühl, sie wäre in einem Haifischbecken ausgesetzt. Beide wollten sie in den Hintern beißen.
Ihr Kopf sank auf die Hände, ihre Schultern sackten herab. Mein Gott, sie musste irgendwie von dem wildgewordenen Karussell abspringen, in das ihr Leben sich verwandelt hatte. Alles löste sich auf, die Fäden glitten ihr zusehends aus der Hand.
Noch ein falscher Schritt, und der nächste Absturz konnte tödlich sein.
[zur Inhaltsübersicht]
22
Zwei Stunden später ging Kendra nach unten. Als sie auf der Suche nach ihrem Stiefbruder ins Wohnzimmer trat, war sie entschlossen, reinen Tisch zu machen. Sie wollte sich nicht länger von ihm schikanieren lassen.
Ihr reichte es.
Wutschnaubend schaute sie sich um. Nur Jocelyn war da. Sie saß mit einer Packung Karamelleis auf dem Sofa. Sie war noch im Pyjama, und ihr Haar war ungekämmt; ihre Augen waren verquollen und gerötet. Sie sah fürchterlich aus, und das war noch untertrieben.
Gerald glänzte natürlich durch Abwesenheit.
Als Kendra sah, in welchem Zustand sich ihre Schwägerin befand, schluckte sie ihre Verärgerung hinunter. Es gab keinen Grund, Jocelyn fertigzumachen, nur weil sie mit einem Chauvischwein verheiratet war. «Wo ist Gerald?», fragte Kendra in beiläufigem Ton.
Jocelyn hob kaum den Kopf. «Wen kümmert’s?», erwiderte sie, darum bemüht, ihren eigenen Zorn zu beherrschen.
Kendra versetzte es einen Stich. Wow. «Da ist wohl jemand stinksauer.»
Jocelyn schob sich einen Löffel mit Eis in den Mund. «Ja, ich.»
Als Kendra klar wurde, dass sie in diesem Haus nicht die einzige Leidtragende war, unterdrückte Kendra die Wut auf ihren Bruder. «Wenn du deine Diät abbläst, wundert mich das nicht.»
Wenn sie Gerald erwischte, würde sie ihm den Arsch aufreißen. Doch es hatte keinen Sinn, Jocelyn in den Konflikt hineinzuziehen. Die arme Frau hatte schon genug Ärger mit ihrem untreuen Gatten.
Jocelyn schluckte und grub den Löffel ins Eis. «Noch mal, es ist mir scheißegal.» Sie presste die Lippen zusammen, doch Kendra entging nicht, dass ihre Unterlippe zitterte. «Weshalb soll ich auf meine Figur achten, wenn mein Mann nicht mehr mit mir schlafen will?»
Kendra atmete scharf ein und schloss die Augen. Geralds Sexleben war im Moment das Letzte, womit sie sich beschäftigen wollte. Sie wusste bereits, dass er ein geiler Bock war. Dass er sich an sie rangemacht hatte, war Beweis genug.
«Ich dachte eigentlich, ihr hättet ein ganz gutes Sexleben», sagte sie ausweichend; am liebsten wäre sie der Unterhaltung aus dem Weg gegangen. Von den intimen Beziehungen ihres Stiefbruders wollte sie nichts hören. Ihr reichte das, was sie bereits wusste.
Jocelyn stellte die leere Eispackung auf den Tisch und legte den Löffel daneben. «Mein Mann hat mich seit fast einem Jahr nicht mehr angerührt», sagte sie ganz sachlich. «Er meint, es läge am Stress – er müsse sich seit Nats Tod um zu viele Dinge kümmern.»
Kendra versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher