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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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mir einen Gefallen schuldet.«
    Wilhelm nickte.
    Vom Predigerkloster zum erzbischöflichen Sitz am Dom war es nur ein kurzes Wegstück durch die Pfaffenpforte, und nun standen sie schon vor dem reichen Palast. Wilhelm blickte die ehrfurchtgebietende Fassade hinauf und erkannte seine eigene Kleinheit im Angesicht der mächtigen Kräfte, die der Geist zu schaffen in der Lage war. Das gewaltige, mit üppigem Eisen beschlagene Portal des Palastes war eingefasst in Säulen, an denen Löwen- und Falkenköpfe prangten. Heinrich II. von Virneburg ist ein Fürst, kein Diener der armen Kirche in der Nachfolge des Herrn, empfand Wilhelm traurig. Er zupfte Bruder Hermann am Ärmel und hielt ihn so zurück, einzutreten.
    »Nein«, sagte er heftig, »es ist nicht recht und auch nicht billig, was du Ellikint antust.«
    »Na hör mal«, widersprach Bruder Hermann aufgeräumt und gab Wilhelm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter, »ist es etwa recht, dass ein Dummkopf wie Norbert Abt ist, und ich, nein, und wir, die wir viel mehr im Kopf haben als er, ihm Gehorsam schulden? Das muss sich ändern. Das wird sich ändern. Schon bald.«
    Bruder Hermann lachte. Wilhelm traute sich nicht einzuwenden, dass das eine mit dem anderen nun überhaupt nichts zu tun habe. Die rechtschaffene Logik ist so schwach ihm gegenüber, stellte Wilhelm zerknirscht fest.
     
    *
     
    Köln, Beginenkonvent der Bela Crieg,
    am Morgen des 30.1.1327
     
    Schwester Hardrun hieb die Handflächen kraftvoll aufeinander, sodass es vernehmlich dröhnte, und Demudis erwachte mit einem erschreckten Ruck. Es war immer wieder dasselbe. Vorsichtig schob sie Schwester Godelivis’ Kopf zur Seite, der auf ihrem Bauch lag. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen, reckte die Arme und gähnte herzhaft und laut. Schwester Hardrun schaute sie missbilligend an.
    Demudis strich Schwester Godelivis vorsichtig über die Wange, um sie zu wecken. Durch das Klatschen von Schwester Hardrun ließ sie sich inzwischen nicht mehr in ihrem verdienten Schlafe stören.
    Was für ein schöner Tag, dachte Demudis. Sie wusste wohl, dass der Winter für alle hart war. Aber sie waren zusammen, und der Herr gab ihnen ihr tägliches Brot. Was wollte sie mehr?
    »Schwester Godelivis«, flüsterte sie zart in deren Ohr, »du musst aufwachen. Lass dir Zeit, ich bringe Wasser.«
    Mit einem Satz war Schwester Godelivis aus den Federn. »Ich kann schon selbst«, fauchte sie und lief los.
    »Ihre königliche Hoheit ist aber ungnädig heute, tu, tu, tu, tu«, meinte Schwester Jutta und schmunzelte, wie es Demudis schien, ein wenig bösartig.
    Mag sein, dass ich zu früh gemeint habe, es werde ein schöner Tag, dachte Demudis, man soll ihn nie vor dem Abend loben. Aber sie nahm sich vor, sich das Gemüt nicht schwer machen zu lassen. Nicht von Schwester Jutta, nicht von Schwester Hardrun und auch nicht von Schwester Godelivis.
    Als Schwester Godelivis zurückkehrte, hatte sie sogar einen Krug für Demudis mitgebracht. Danke, liebe Schwester, wollte sie gerade sagen, als es plötzlich krachte. Demudis zuckte zurück. Schwester Godelivis hatte ihr den Krug vor die Füße geknallt, sodass das eiskalte Wasser Schwester Jutta und Schwester Hardrun an die Beine spritzte. Schwester Jutta kreischte, aber lachte dabei neckisch.
    Schwester Hardrun dagegen blieb stumm, verabreichte Schwester Godelivis vielmehr eine gepfefferte Ohrfeige. Schwester Godelivis holte ihrerseits aus.
    »Schwestern«, griff nun Magistra Sela in das Gerangel ein. Sie hatte den Beginn des Wortes, das sie bis zum Äußersten lang zog, mit Nachdruck herausgepresst, aber beendete es sehr, sehr leise. Alle Schwestern wussten, was das hieß. Keine rührte sich, auch Schwester Godelivis hielt mitten im Schlag inne, und ihr ausgestreckter Arm hing albern in der Luft.
    »Schwestern«, wiederholte Magistra Sela, »wenn eine von euch vorhat, wieder ein Sodom und Gomorrha aufzumachen, dann bitte ich diejenige, unverzüglich das Haus zu räumen. Für immer.«
    »Uuiihh«, machte Schwester Jutta und schüttelte die rechte Hand heftig. »Kleine Ursache, große Wirkung. Ich widerspreche dir ja nicht gern, Magistra, aber ist das nicht ein wenig hart?«
    »Die Magistra hat Recht«, mischte sich Schwester Guta ein, »wir schlagen über die Stränge. Es geht nicht nur um dieses Mal, sondern wir müssen uns mehr am Riemen reißen. Danke, Schwester Magistra, dass du uns die notwendige Zucht angedeihen lässt.«
    Magistra Sela seufzte. »Schwestern, nehmt es

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