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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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Dirolf antwortete: »Der ehrenwerte Vater und Herr Abt Hanß ist unterwegs.«
    »Nach Mainz«, ergänzte Bruder Ruotger. Demudis hatte das Gefühl, dass die Offenheit Bruder Dirolf nicht ganz recht war. »Er beichtet seine Sünden bei Erzbischof Matthias.«
    »Ganz schön weit«, sagte Demudis, um das Gespräch in Gang zu halten und kein unerquickliches Schweigen aufkommen zu lassen.
    »Es soll eine herrliche Stadt sein«, erwiderte Bruder Ruotger. »Nicht von ungefähr nennt man sie die ›goldene‹.«
    »Unser Köln ist doch auch schön!«, wandte Demudis ein.
    Doch fast zur selben Zeit tadelte Bruder Dirolf: »Dem Gold haben wir abgeschworen, es ist kein Zeichen von Gutheit, Bruder Ruotger.«
    Bruder Ruotger gab sich nicht geschlagen. »Unzählige Kirchen und Klöster sind dort neu erbaut und gegründet worden, der Markt blüht, und die Bürger sind nicht weniger frei als hier in Köln. Es soll sehr angenehm sein dort.«
    »Der Erzbischof, dieser Matthias von Bucheck, ist ein ausgemachter Feind von unserem ehrwürdigen Vater und Herrn Erzbischof Heinrich IL von Virneburg«, gab Bruder Dirolf zu bedenken.
    »Und dann geht Euer Abt ausgerechnet zu ihm in die Beichte?«, fragte Demudis verwundert.
    »Vater Hanß tut, was er will«, lachte Bruder Ruotger.
    »Das ist nicht zum Lachen«, wies ihn Bruder Dirolf zurecht. »Es ist eine Schande, dass sich der ehrenwerte Vater und Herr Abt Hanß so wenig mit den Gegebenheiten abfindet.«
    »Gegebenheiten? Was meint Ihr damit?« Demudis konnte sich darauf keinen Reim machen.
    Bruder Dirolf breitete die Arme ein wenig aus, führte sie wieder zusammen und ließ die Hände schwach aneinander klappen. »Sicherlich sollen wir nur Gott dienen. Das ist unser Auftrag. Aber die weltlichen Dinge müssen auch bedacht werden, sonst ergeht es uns schlecht. Denn wenn die Herren wollen, machen sie den Mönchen schnell den Garaus. Man muss klug und umsichtig handeln, wenn man nicht untergehen will im Gezänk der Oberen.«
    Erst nachdem sie das Tor durchschritten hatten, überließ Demudis den beiden Brüdern die Führung. Es war nicht weit, bis sie auf eine Stelle hinter einer Gruppe kahler Bäume und Sträucher zeigten.
    Der Schnee war heruntergetrampelt. Demudis schaute die Brüder fragend an.
    Bruder Dirolf wies auf Bruder Ruotger. »Bruder Ruotger hat sie entdeckt.«
    »Wann?«, fragte Demudis.
    »Na, heute eben, zwischen Sext und vielleicht Terz, ich meine, zwischen Terz und Sext«, stammelte Bruder Ruotger.
    »Es hat eine Zeit gedauert, bis wir herausgefunden haben, zu wem sie gehört«, ergänzte Bruder Dirolf. »Bruder Ruotger kam ganz aufgelöst ins Kloster, wie Ihr Euch denken könnt, denn man findet ja nicht alle Tage eine Tote im Schnee –«
    »Eine Erwürgte«, unterbrach Demudis in fragendem Ton, um sich zu vergewissern.
    »Sehr richtig«, bestätigte Bruder Dirolf. »Es war unschwer zu erkennen für jemanden wie mich, der ich auch in der Medizin um einiges bewandert bin. Ich habe Bruder Ruotger zur Fundstelle begleitet, und es ist mir sofort aufgefallen. Sodann fragten wir in einigen Konventen der Beginen nach, bis wir von einer Schwester den Hinweis bekamen, wir mögen uns an Eure Magistra wenden.«
    Demudis wandte sich an Bruder Ruotger. »Ihr seid an dieser Stelle vorbeigekommen?« Sie merkte, dass sich das ziemlich einfältig anhörte, denn wäre er nicht vorbeigekommen, hätte er die Leiche nicht entdecken können. Aber sie wusste nicht, wie sie es hätte anstellen können, nach dem Grund seines Vorbeikommens zu fragen, ohne Bruder Ruotger zu nahe zu treten. Was hatte er hier zu suchen?
    »Ja«, antwortete Bruder Ruotger einsilbig. »Zufällig.«
    »Zufällig?«, echote Demudis erstaunt. Wie konnte es sein, dass sich ein Barfüßer zufällig jenseits des Eigelsteintores herumtrieb?
    »Wollt Ihr die Worte unseres guten Bruders anzweifeln?«, blaffte Bruder Dirolf.
    »Ist schon gut«, beruhigte Bruder Ruotger eilig. »Mach kein Geheimnis drum. Ich war bei den Bauern auf dem Hof von Nikolaus. Seine Tochter lag im Sterben, und sie wünschten sich einen Minoriten für die letzte Ölung.«
    »O wie schrecklich«, sagte Demudis und schämte sich nun für ihre aufdringliche Neugier. »Zwei Tote so kurz hintereinander.«
    Das Gesicht von Bruder Ruotger hellte sich unversehens auf. »Nein, nein, Veronika, die dreijährige Tochter von … äh … diesem Bauern, sie ist nicht gestorben. Ein Wunder des Herrn!«
    »Und dann seid Ihr doch dem Tod begegnet«, warf Demudis ein, um das

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