Den letzten Abschied selbst gestalten
eine Aschenkapsel und dann noch einmal in eine Überurne gesteckt? Was hat das mit dem Wunsch der Menschen zu tun, Asche solle wieder zu Asche werden? Gründe dafür sind nie hinterfragte Gewohnheiten, Überwachungswahn und finanzielle Interessen.
Wenn Urnen in Kolumbarien (Urnenwänden) oder privat aufgehoben werden, sollte eigentlich jedes Material, jede Form und Farbe erlaubt sein. Der Schamottstein im Inneren reicht zur Identifizierung. Eine Extra-Aschenkapsel ist möglich, aber keineswegs notwendig. Für die Beisetzung in der Erde sollten Angehörige über biologisch abbaubare Urnen aufgeklärt werden. Wenn sie sich vorstellen können, die Urne noch einmal umbetten zu wollen, könnten sie sich für eine langsamer verrottende Urne entscheiden, mit oder ohne Extra-Kapsel, denn auch hier stehen die Daten ja bereits auf dem beigefügten Schamottstein. Ansonsten sollten alle Hinterbliebenen das Recht haben, aus einer Auswahl von ansehnlichen, biologisch und kurzfristig abbaubaren Urnen zu wählen, in die die Asche mit dem Stein vor der Beisetzung umgefüllt wird. Die Aschenkapsel wäre dann in den meisten Fällen nur noch für den Transport der Asche zum Bestattungsort nötig.
Umfragen in der Branche zeigen, dass diese Problematik durchaus bekannt ist. So meint etwa Jost Arnold, Geschäftsführer der Ruheforst GmbH: »Die Kirchen machen sich viele Gedanken um eine würdige Bestattung. Dennoch gibt es nicht nur kommunale, sondern auch kirchliche Friedhöfe mit extrem kurzen Liegezeiten von 15 Jahren. Da kommen dann all die nicht verrotteten Urnen wieder zum Vorschein und landen entweder in einem Urnen-Sammelgrab oder werden noch einmal verbrannt.« Ein Bestatter erklärt lapidar: »Ein Kolumbarium ist ehrlicher als die übliche Erdbestattung der Urne. Da weiß man genau, dass sie jetzt da jahrelang hinter Glas steht und sich nichts tut.« Eine Friedhofsmitarbeiterin sagt hinter vorgehaltener Hand: »Sie glauben nicht, wie viele unterschiedliche Urnen wir aus der Erde holen. Die können schon mal hundert Jahre überdauern.«
Im Heft »Friedhof und Denkmal« weist ein Fachmann da-rauf hin, dass Urnen aus Glas bei Frost häufig zerbrächen und gefährliche Glassplitter hinterließen. Besser wäre Sicherheitsglas, das in kleinste Stückchen zerfalle. Insgesamt solle man aber »die Verwendung korrosionsbeständiger Überurnen gründlich überdenken«. Bei der Grabaufgabe käme es immer wieder zum »pietätlosen Bruch des Bestattungsablaufs«, wenn »vollständige Überurnen mit den darin enthaltenen Aschenkapseln zum schnöden Entsorgungsproblem« würden. Am besten wäre es seiner Meinung nach, die Überurne als reine Geldverschwendung einfach wegzulassen.
»Freiheit für die Asche« Die Bio-Urne der Rita Capitain, 24576 Hagen
»Solange die Bestatter noch hunderte dieser Blechdosen in ihren Regalen stehen haben, werden sie meine Urne nicht kaufen«, erklärt Rita Capitain nüchtern. Aber gute Dinge brauchten eben ihre Zeit, glaubt die Künstlerin und betont »Das fr EI ist mein Beitrag zu einer würdevollen Bestattung.«
Wie so oft in dieser Branche entwickelte sich das Engagement Capitains aufgrund eigener Erlebnisse. Sie hat beide Eltern beim Sterben begleitet und sich danach immer wieder überlegt, wie sie denn selbst einmal bestattet werden möchte. Vor allem die Urnen waren der Ästhetin ein Dorn im Auge, so hässlich, so protzig. »Ich habe mir dann überlegt, wie eine schöne Urne aussehen könnte, welches Material, welche Farben passen würden.« Bei der Begutachtung konventioneller Urnen wurde ihr dann plötzlich klar, »welchem Betrug wir da alle aufsitzen. Warum wollen wir denn verbrannt werden? Doch weil wir möchten, dass Asche zu Asche wird, oder? So läuft das aber nicht. Überall in Deutschland ist es Vorschrift, die Asche nach der Verbrennung im Krematorium in eine Aschenkapsel umzufüllen.« Das mache ja auch Sinn, um Verwechslungen auszuschließen, nichts aber spräche dagegen, die Asche vor der Bestattung in eine verrottbare Urne umzufüllen (wie es bei See- und Waldbestattungen ohnehin vorgeschrieben ist). »Stattdessen wird diese fest verschlossene Kapsel meist noch in eine Überurne gesteckt und dann beigesetzt. Die Asche wird also regelrecht eingesperrt, und kaum ein Laie weiß das. Das ist ein großes Tabu, da will keiner dran rühren. Ich habe aber keine Lust, nach dem Tod eingekapselt zu sein wie in einer Katzenfutterdose. Ich will Freiheit für die Asche.«
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