Den Löwen Zum Frass
lässt ihn die Kinder nicht sehen. Er sagt, es tue ihm Leid, dass er nicht zu deiner Dichterlesung kommen konnte.«
»Von wegen Leid, beim Hades!«
»Lenia droht, dich umzubringen, weil du Smarac- tus versprochen hast, ihm einen Vertrag für die Eröffnung des neuen Amphitheaters zu verschaffen .«
»Aber nur, wenn er sich mit der Scheidung einverstanden erklärt.«
»Er hat die Dokumente immer noch nicht unterschrieben. Petro scheint bei Maia gewesen zu sein. Ihr geht es viel besser ohne Famia. Deiner Mutter geht es gut, aber sie ist sauer, weil du Anacrites einfach sitzen gelassen hast. Anacrites hat wohl erst nach dir gesucht, aber Petro hat ihn seit einer Weile nicht gesehen, und es gibt das Gerücht, Anacrites habe die Stadt verlassen .«
»Der übliche Tratsch.« Anacrites und die Stadt verlassen? Wo sollte er denn hin? »In Ferien zu fahren ist toll. Ich erfahre mehr Neuigkeiten als sonst.«
»Und Petronius schreibt, du bekämst immer wieder dringende Botschaften vom Büro der Schnäbel auf dem Palatin.«
Ich lächelte entspannt. Meine Füße ruhten auf elegantem schwarzweißem Mosaik. Ein Brunnen sprudelte erfrischend in dem kühlen, offenen Atrium. Julia Junilla hatte mich nicht vergessen, was sie mir mit einem Boxhieb aufs Ohr bewies, bevor sie schrie, weil sie runter und mit ihrer Schweinsrassel spielen wollte.
»Schon wieder die heiligen Gänse?« Die konnten mich mal. Lächelnd legte ich den Kopf zurück. »Sonst noch was?« Ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr kam.
»Nur ein Brief vom Kaiser.« Der alte Mann? Na, das konnte nichts Wichtiges sein. Ich überließ es Helena, ob sie mir davon erzählen wollte. Ihre dunklen Augen blickten sanft, als hätte sie ihren Spaß. »Dein Honorar ist überprüft worden, und du bekommst das ausgezahlt, was du verlangt hast.«
Ich richtete mich auf und pfiff. »Io! Das Ganze?«
»Den Prozentsatz, den du wolltest.«
»Dann bin ich ein vermögender Bürger . « Die Auswirkungen waren zu groß, um sie alle auf einmal zu bedenken. »Und was will er von mir?«
»Vespasian hat eine handgeschriebene Notiz beigefügt, in der er dich zu einer formellen Audienz einlädt, um zu erfahren, was mit den Gänsen auf dem Kapitol passiert ist.«
Ich würde mich wirklich damit befassen müssen. Allmählich nervte es mich, dauernd damit belästigt zu werden.
»Ich liebe dich«, murmelte ich und zog sie an mich. Das weiße Kleid, das sie trug, war äußerst attraktiv, aber das Beste daran waren die Ärmelknöpfe, locker genug für wandernde Hände. Sie glitten sogar ganz leicht aus ihren Schlaufen .
»Du wirst mich noch mehr lieben«, entgegnete Helena mit einladendem Lächeln, »wenn ich dir sage, dass du sogar einen neuen Klienten hast.«
Gewöhnlich besuchte man das Heiligtum des Apollo, um die Lage am Ende des Prozessionsweges zu bewundern, mit dem dramatischen Ausblick über das prachtvolle Tal, in dem der Brunnen auf so ästhetische Weise sprudelte. Dort wurden den Leuten von gerissenen Akolythen des übermäßig reichen Schreins das Geld abgeknöpft, wofür sie dann ein Zweiglein heiligen Lorbeer und einen Schluck ekliges Wasser aus eindeutig ungewaschenen Bechern bekamen. Hübsche Bauten drängten sich im Heiligtum, gestiftet von den großmütigen und guten Griechen der Stadt, die mehr Wert drauf zu legen schienen, mit ihrem Geschenk die besten Plätze einzunehmen, statt die Gesamtwirkung zu bedenken. Jeder, der beschloss, einen Tempel zu errichten, klatschte seinen an das, was bereits da stand. Hauptsache, die Inschrift war groß genug.
Reumütig überlegte ich, wie es gewesen wären, wenn Justinus und ich das Silphion hätten ausbeuten können. Dann hätten auch wir eines Tages als Obermotze der Polis hier einen Prachtbau errichten
können. Aber ich hatte schon immer gefunden, das »Falco« auf Griechisch doof aussieht.
Vorbei an der griechischen Propyläa, dem monumentalen Eingangstor zum Haupttempelbereich, entdeckten wir die heiligen Wasser zu unserer Linken, sorgsam durch diagonal in die Felswand gehauene Rinnen geführt, damit das Wasser in ein Becken lief, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Das hielt die Geizhälse davon ab, es umsonst zu trinken.
Der Zugang zum Brunnen befand sich auf einem flachen Vorsprung, unter dem die Tempel lagen. Man konnte hinunterschauen und die eng stehenden Bauten bewundern oder weitergehen, wie wir es taten. Hinter dem Schrein lag ein duftender Pfad zu einem hohen Kap, von dem aus man einen Blick auf die
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