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Denken Mit Dem Bauch

Denken Mit Dem Bauch

Titel: Denken Mit Dem Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard G. Busch
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jedenfalls nicht auf Kognition und Logik. Logik ist das Letzte, was ein Mensch bei einem Kaufentscheidungsprozess in Anspruch nimmt. Der Mensch handelt nicht als Homo oeconomicus (= der wirtschaftlich sinnvoll denkende Mensch). Er handelt als Homo chaotis, ist in seinen Kaufentscheidungsprozessen irrational, unlogisch, emotional und bauchgesteuert.
    Wie sonst würde die Werbeindustrie es schaffen,
    haarsträubend dumme Werbespots zu platzieren, die den
    Abverkauf von völlig überflüssigen Produkten fördern, die zu überhöhten Preisen angeboten werden? Dass der Kunde
    moralisch hochwertig im Mittelpunkt des Marketinginteresses von Unternehmen steht, ist richtig und wünschenswert. Der geldwerte »Moralaufwand« des Unternehmens wird aber immer nur so hoch sein können, wieder geldwerte »Moralertrag« aus dem Kaufverhalten des Kunden dies zulässt - sonst kann man den Laden nämlich zumachen. Hier befinden sich die
    Unternehmen im heiklen Bereich der so genannten Grenzmoral.
    Unter Grenzmoral versteht man eine Moralhaltung, die mit der tatsächlichen, intrinsischen Moralvorstellung einer Mutter Teresa nichts geme insam hat. Der Kunde wird nur insoweit gepflegt, als dass er seine eigene »Pflege« anständig bezahlt.
    Wie im Altersheim. Bezahlt er die Pflege nicht mehr, steht er
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    nicht mehr im Mittelpunkt des Firmeninteresses. Um das rauszukriegen, gibt es die brandneue US-Idee, eine so genannte Customer-Value-Analyse zu machen. Darunter verstehen die ganz großen Globalplayer ein Analysesystem, das preisgibt, welcher der Kunden es überhaupt wert ist, dass man ihn pflegt.
    Kunden mit zu hohen Pflegekosten werden gecancelt und nicht mehr beliefert. Oder sie kommen in die Underdog-Abteilung und kriegen ab sofort eine Billigpflege.

    Verhaltensregeln als »Maulkorb« für den Bauch

    Betriebe von heute, die Szenarien wie die eben genannten entwickeln, meinen es gut. Doch sie müssen auf jeden Fall berücksichtigen, dass es nicht genügt, den Mitarbeitern »Fair-Play-Regeln« zu vermitteln, sondern es muss auch der Nutzen dieses sozialverträglichen Umgangs miteinander erkennbar werden. Beherzigen sie dies nicht, wird ihre Philosophie über kurz oder lang wahrscheinlich scheitern. Das individuelle Rivalitätsprogramm hat große Macht. Und der Bauch kennt offenbar keine moralischen Maßstäbe. Wir Menschen halten uns zwar an Regeln für einen sozialverträglichen Umgang, aber nur solange wir dazu angehalten werden - manchmal funktioniert das sogar nur mit Druck.
    Wir Menschen folgen meist nur dann den selbst gegebenen Regeln, wenn eine von uns akzeptierte Instanz (der Staat, ein Gericht, die Polizei, eine Armee, ein Chef usw.) die Einhaltung der Regeln sicherstellt und das Nichteinhalten der Regeln mit irgendwelchen negativen Sanktionen belegt ist. Fällt eines oder gar mehrere der sozial akzeptierten Kontrollorgane weg oder wird ein solches plötzlich nicht mehr von den Menschen akzeptiert, fallen wir in reines Bauchdenken zurück. Das Ur-Rivalitätsdenken nimmt sich dann, was zu beschaffen ist und was ihm subjektiv gut tut. Auch zu Lasten anderer, unter
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    Umständen mit krimineller Energie.
    Man stelle sich einmal das folgende Szenario vor: Ein Staat verliert aus irgendwelchen Gründen die Polizeihoheit. Es steht zu erwarten, dass kein Polizeiwagen, keine BGS-Streife, kein Gericht, kein Staatsanwalt, überhaupt niemand mehr sich für die Ahndung einer strafbaren Handlung interessiert. Was wäre die Folge? Ein nicht mehr überschaubares, unkontrollierbares Chaos, das eine bedrohliche Eigendynamik entwickeln würde.
    Erinnern wir uns, was im damaligen Jugoslawien passierte, als die angestammte Ordnungsmacht keine Ordnung mehr schaffen konnte. Es gab einen furchtbaren und langen Krieg der
    einzelnen ethnischen Gruppen. Kognos war völlig ausgeschaltet, es wurde vergewaltigt, gebrandschatzt und gemordet ohne Ende.
    Ein anderes Beispiel: Nach dem 11. September 2001, so
    berichtete die Presse, wurde »Ground Zero« in New York sehr weiträumig abgesperrt, damit die Rettungsarbeiten eingeleitet werden konnten. Man versuchte, die Schaulustigen vom
    Geschehen fernzuhalten. Überall Polizeiabsperrungen, ganze Häuserblöcke waren evakuiert und menschenleer. Niemand kam durch - dachte man. Dennoch wurden in der Zeit vom 12.
    September bis zum 26. September mehr als 6300 Menschen wegen Plünderung oder Plünderungsversuchen im genannten Gebiet festgenommen. Das macht statistisch 450 Plünderer pro Nacht auf einem

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