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Denken Mit Dem Bauch

Denken Mit Dem Bauch

Titel: Denken Mit Dem Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard G. Busch
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kosmetische Frisieren einer Entscheidung. Vielen Jungunternehmern im kaputten New-Economy-Market passierte dies. Sie dachten nämlich, ihr Laden mache zukünftig nur Gewinne. Er muss einfach Gewinne machen. Ein subjektiver Irrtum von Selbstüberschätzung und
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    Fehleinschätzung: Er ging Pleite.
    Es liegt in der Natur der Sache, dass Menschen im Spiegel der anderen gut dastehen wollen. Das »gut dastehen« hat hier einen höheren sozialen Vollwertigkeitswert, als die Tatsache zuzugeben, dass man das eine oder andere gar nicht so recht beurteilen kann, dass einem hier die Erfahrung fehlt.

    … überprüfen, ob eine anstehende Entscheidung mit dem eigenen Selbstwertgefühl zusammenpasst.
    Das Selbstwertgefühl ist die generalisierende, wertende Einstellung gegenüber uns selbst. Es beeinflusst all unser Handeln, unser Verhalten und unsere Entscheidungen. Auch der Bauch hört auf den Chef (das Gehirn) beim Thema
    Selbstwertgefühl. Intuitionen des Bauches, die das SelbstwertGefühl verletzen, sind selten. Da hält sich sogar der Bauch zurück, obwohl er sonst vor dem Chef wenig Angst hat. Aber dem eigenen, schönen Bildnis in die Suppe zu spucken - das wäre selbst dem frechen Bauch zu viel.
    Das Selbstwertgefühl unterhält eine ganze Sammlung von Konzepten und Regeln. Man kann sich das vorstellen wie eine riesige Datenbank. Ständig werden Regeln und Konzepte
    durchsucht, um zu überprüfen, ob unser Denken und Handeln, unsere Gefühle und Intuitionen uns selbst in unserem
    Selbstbildnis schädigen könnten oder in unserem Bildnis unterstützen. Dabei tritt das Gehirn zeitgleich in zwei Rollen auf: in der des Überprüfers und in der des Datenbank-Administrators. Bei jeder Selbstwertüberprüfung wird die Datenbank aber nicht nur durchsucht - sie bekommt bei jeder Überprüfung auch ein neues Update und wird partiell neu beschrieben. Das passiert ungefähr 120000mal am Tag.

    Fehlerquelle:
    Die eigene Selbstwahrnehmung ist verzerrt und hat weniger
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    mit der Realität zu tun - sondern mehr mit dem erwünschten Selbstbildnis: Jemand würde sich zum Beispiel für subjektiv gebildet halten, wäre aber von außen gesehen und im Vergleich zu anderen objektiv ziemlich dumm. Man kann sich leicht vorstellen, dass hier eine mächtige Fehlerquelle am Werk ist.
    Die fehlerhafte Rückmeldung des Selbstbildnisses geht dann an den Bauch - und der schickt sein intuitives Gefühl los. Ein ziemlich schräges natürlich, wenn er auf solcherlei schrägen Daten aufbauen muss. Ein hohes Selbstwertgefühl zu haben ist sozial erwünscht und unterstützt die soziale Vollwertigkeit.
    Bei einer Befragung von 1000 männlichen Autofahrern im Alter zwischen 20 und 55 kam 1999 Folgendes heraus: Auf die Frage »Fahren Sie besser Auto als ändere?« antworteten 91%:
    »Ja, ich fahre besser als andere, sicherer, verantwortungsvoller und unfallfreier.« Dieses Ergebnis liegt völlig neben der Spur: Denn die 1000 männlichen Autofahrer im Alter zwischen 20
    und 55 sind repräsentativ für die Autofahrer dieser Gesellschaft, und die fahren alle ziemlich schlecht, sagt die Statistik. Denn insbesondere die Deutschen sind absolute Weltmeister in puncto Unfalltote, Raserei und Alkoholstraftaten, sagt die Bundes-Anstalt für Straßenwesen.

    Rein theoretisch wären wir also in der Lage, diese sechs oben genannten Prüfsysteme bei einer Entscheidungsvorbereitung zu benützen. Praktisch jedoch tut das kaum jemand. Das Prüfsystem läuft gegen die soziale Erwünschtheit und gegen die Vorstellungen der sozialen Vollwertigkeit. Erstens ist es viel zu mühsam, sich bei jeder Entscheidung solch einer umfangreichen Checkliste zu unterziehen. Es kostet zu viel Zeit und ist kognitiv (und intellektuell) sehr anstrengend. Zweitens würden wir bei dem ordentlichen Abarbeiten der Checkliste eine soziale Vollwertigkeitsenttäuschung nach der anderen erleben.
    Deshalb bleibt das kognitive Sechser-Prüfsystem im täglichen Leben meist unbenutzt. Häufig ist dem Bauch dieses ganze
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    Überprüftheater des Gehirns auch einfach zu viel. Die Intuition ist dann sogar in der Lage, das Prüfsystem komplett und gezielt zu umgehen. Wir fühlen uns, wie erwähnt, sogar sehr behaglich dabei - und reihen dabei eine falsche Überzeugung an die andere.
    Bei dieser Umgehung des kognitiven Gehirnsystems gehen wir vor wie in einer Science-Fiction: Wir bauen uns eine völlig falsche Ausgangsbasis und stellen alle folgenden
    Entscheidungen auf den Sockel dieser völlig

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