Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
kann, boshaft zu bemerken: „Er (Schlegel) ist ein elender Knabe, dem auch das Äußerliche fehlt, weder Stimme, noch Anstand, noch Deklamation."
^ Eleonore FUes, geb. Eskeles, aus Wien, war an einen Kauf-mann verehelicht, weilte i8 Jahre im Auslande (Berlin, vgl. Brief-wechsel zwischen KaroUne v. Humboldt, Rahel und Varnhagen. Herausgegeben von Albert Leitzmann. Weimar 1896. S. 20) und kam um 1802 wieder nach Wien. Sie versammelte, ähnlich wie die ihr verwandten Frauen Eskeles und Arnstein, einen Kreis ge-bildeter Menschen um sich (oben S. 325, 411). Zu ihren wöchent-lichen Abenden lud sie auch Karoline Pichler, die ihr bereits als Mädchen bekannt war, und bei dieser ihrer mütterUchen Freundin lernte diese A. W. Schlegel, Denon, den Grafen A. de la Borde, Varnhagen, Ernst von Pfuel u.a. kennen (oben 5.325!., 355, 361 f., 414). Mit ihr zusammen war sie 1809 im Schönbrunner Schloßtheater, um Napoleon zu sehen (oben S. 358, 359), und durch sie wurde Pichlers Briefwechsel mit Goethe vermittelt. Kannte doch Frau E. Flies seit 1808 Goethe und besorgte ihm verschiedene Gefälligkeiten (oben S. 392f. mit Anm. 669). Frau E. Flies starb am 20. August 1812 in Wien (Nr. 1209 in der Stadt) am Schlagfluß, 60 Jahre alt (vgl. oben S. 392 und Totenprotokoll der Stadt Wien, 1812, Buchst. F, Fol. 35 b); ihr Nachlaß war nicht sehr beträchtlich (16 018 fl. 40 kr. C. M. und 5050 fl. W. W.: Ver-lassenschaftsregister im Archiv des Wiener Landesgerichtes, 1812, Buchst. F, Fol. 171; der Akt [Fasz. II, Nr. 2576 ex 1812] fehlt). Ein kurzer Nachruf (Allgemeine Literatur-Zeitung. Halle 1812. III, Sp. 279) sagt von ihr, daß sie „eine Freundin der Künste und Wissenschaften, sowie eine besondere Gönnerin und Beschütze-rin talentvoller, gebildeter Männer" war, und daß man „in ihrem Hause oft einen Kreis von in- und ausländischen Gelehrten" fand, „die bei ihr stets die beste Aufnahme fanden". Goethe war vom Abscheiden der Frau Flies, die ihn durch ihre Gefälligkeiten und Aufmerksamkeiten als Schuldner hinterließ, schmerzlich berührt (vgl. seinen Brief an Baronin Eskeles vom 26. November 1812: A. Sauer, Goethe und Österreich I, S. 286f.). — Karoline Pichler beklagte deren Verlust Goethe gegenüber (Brief vom 9. November 1812: A. Sauer a.a.O. I, S. 28if.) mit folgenden Worten, die manches mit den „Denkwürdigkeiten" Gemeinsame haben: „Was ich an ihr [Frau Flies] verloren, können Sie, der Sie sie näher ge-kannt und ihrer Sitten Freundlichkeit erfahren haben, leicht er-messen, wenn ich Ihnen sage, daß sie seit den ersten Kinderjahren, in welche ich zurückdenken kann, eine warme Freundin meiner
Eltern gewesen; daß eine 18jährige Entfernung nichts an dieser Gesinnung geändert hat, und daß sie vor allem mir mit wahrhaft mütterlicher Neigung zugetan war. In ihrem Hause habe ich manche frohe Stunde genossen und ihr verdanke ich endlich das Vergnügen eines schriftlichen Verkehrs mit Ihnen und Ihr Urteil über Agathokles."
5*8) Bernhard Freiherr von Eskeles (1753—1839), ein Wiener Jude, der dem Glauben seiner Väter treu blieb, hatte mit 20 Jahren das Großhandlungshaus Arnstein und Eskeles begründet, das er zu ungeahnter Höhe brachte. Er beteiligte sich 1816 an der Gründung der Nationalbank, später an der der Wiener Sparkasse und war der finanzielle Ratgeber der Kaiser Josef IL und Franz I. Vgl. Wurzbach IV, S. 78 f. — Seine Frau Cäcilia (vgl. Anm. 670) verstand es, ihren Salon zur Kongreßzeit berühmt zu machen.
547) Der Glanz des Arnsteinschen Hauses wurde durch Fanni Freiin von Arnstein (1758—1818), einer Tochter des Berliner Bankiers Itzig, begründet. Nicht nur durch Schönheit und Geist glänzte diese Frau, die Kaiser Josef II. hochschätzte und van derentwillen manches Duell sich entspann, sondern auch durch feine Sitten, und der Salon dieser geistvollen Jüdin war nicht nur zur Kongreßzeit, sondern auch sonst der Vereinigungspunkt alles dessen, was Name und Rang hatte. Vgl. Wurzbach I, S. 69f.; De la Garde, ed. Gugitz I, S. 350 mit Bild; Gräfin L. Thürheim, Mein Leben I, S. 40; II, S. 263; Aug. Fournier, Die Geheimpolizei auf dem Wiener Kongreß. Wien 1913. S. 491 Reg.; J. B. Alxinger, Neueste Gedichte. Wien 1794. S. 41 = Sämmtliche Werke VIII , (Wien 1812), S. 127 (ein Lobgedicht). — Ihr Mann, seit 1774, war der schwedische Generalkonsul -Nathan Adam von Arnstein (1743—1838), Mitchef des Hauses Eskeles und Arnstein, und Schwager des Barons Eskeles; er wurde 1795 geadelt und erhielt
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