Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Polizeistation.
»Es ist sicher wichtig, dass Sie mit hineinkommen. Haben Sie die Polizei nach dem Unfall verständigt?«
»Nein, nur die Bergwacht. Aber die haben angerufen. Mein Kollege hat dann mit den Schülern, die dabei waren, auf die Bergpolizei gewartet. Ich bin mit den anderen ins Tal gefahren. Aber es hat keiner etwas gesehen, das helfen würde, den Snowboarder zu finden.«
Sie betraten die moderne, hell erleuchtete Polizeistation. Ein schlanker, dunkelhaariger und auffallend gut aussehender Mann stellte sich als zustä ndiger Bergpolizist vor.
Lene erläuterte kurz die Zusammenhänge, berichtete von dem Mord an Svens Großmutter und ihrer Vermutung, dass da vielleicht ein Zusamme nhang bestünde. Zumindest musste sie die Möglichkeit in Betracht ziehen. Schon deshalb wäre es sehr wichtig, den Täter zu finden.
Herr Roidner nickte.
»Es ist nur so, nach den Beschreibungen der Schüler trug der Snowboarder ein schwarzes Outfit. Schauen Sie sich mal auf der Piste um. Dreiviertel der Boarder und überhaupt der gut zwanzigtausend Skifahrer auf den Hängen tragen Schwarz. Ist halt elegant und in. Aber – wir haben auch noch einen Hoffnungsschimmer. Wir haben am Zwölfer eine Videokamera stationiert, allerdings erst fast unten am Berg. Und eine ziemlich weit oben. Die untere bringt uns vermutlich nur etwas, wenn der Boarder direkt durchgefahren ist ins Tal. Aber dummerweise liegen dazwischen zwei Almen. Die Breitfuß und die Mittelstation. Und unten kann er auch noch ausgewichen sein auf die Alm dort in Richtung Schwarzachtal. Wie heißt die noch? Ach, ist ja egal. Wenn er in einer davon eingekehrt ist, können wir nix machen. Aber wir können uns die Bänder der oberen Überwachung ansehen. Vielleicht ist es möglich, zeitliche Rückschlüsse zu ziehen. Nur – da er eine Sturmmaske getragen hat, dürfte es schwierig werden, überhaupt ein Merkmal zu sehen. Das heißt, das wird auch nicht viel bringen.«
»Vielleicht wenigstens in etwa die Statur. Das wäre doch schon ein A nhaltspunkt.« Lene wollte sich nicht so schnell entmutigen lassen.
»Gut. Ich bitte morgen meinen Kollegen, die Bänder zur fraglichen Uhrzeit durchzusehen. Wenn wir etwas finden, melden wir uns.«
Lene bedankte sich. Wusste sie doch, was die Polizei hier leistete im Tal. Gut, dass die Hochsaison noch nicht angefangen hatte.
»Ich befrage jetzt noch einmal die Schülerinnen und Schüler. Mal sehen, ob da irgendein Anhaltspunkt herau skommt. Wollen Sie dabei mitmachen?«
Herr Roidner schüttelte den Kopf. »Ich kann hier nicht weg. Mir san unte rbesetzt, da ja noch koa Saison ist. Wär scho gut, wenn Sie das allein machen tät‘n.« Die Mundart, die jetzt deutlicher durchklang, wirkte so, als würde er damit zugeben, ein kameradschaftliches Verhältnis zu der deutschen Kollegin aufgebaut zu haben. Als wäre sie nicht mehr nur Piefke für ihn, wie die Deutschen bei den Österreichern heißen.
Frau Gellner wirkte ratlos, als sie über die Straße zu ihrem an der Saalach geparkten Auto gingen.
»Viel ist das ja nicht gerade. Als ich jetzt noch einmal Ihre Zusammenfassung gehört habe, Frau Becker, wurde mir ganz schlecht. Sie haben vermutlich recht, dass jemand Sven töten wollte . Die Vorstellung kroch plötzlich in mich hinein, und der Unfall wurde dadurch noch schrecklicher.«
Der Gipfel des Zwölfer im Mondlicht schimmernd vor ihnen beherrschte jetzt die Bergpanoramakulisse. Links leuchtete die Westabfahrt des Schattbergs in warmem, gelbem Licht, die einzige Abfahrt, die künstlich beleuchtet bis in die Nacht befahrbar war.
»Sie haben sich ihre Klassenfahrt bestimmt auch anders vorgestellt. So ein Vorfall ist sicher der Albtraum jedes Lehrers.«
»Das stimmt wirklich«, bestätigte Frau Gellner. »Vor allem habe ich nicht gesehen, wie es passiert ist und das belastet mich irgendwie besonders. Ich muss nachher erst einmal unsere Direktorin anrufen. Sie ist sehr beunruhigt, was ich auch verstehen kann. Und jetzt noch der« – sie zögerte kurz – »die Geschichte mit seiner Großmutter.«
Es fiel ihr offenbar schwer, das Wort Mord auszuspr echen.
Eine kurze Pause, in der jede ihren Gedanken nachhing. Dann wandte ihr Frau Gellner wieder den Kopf zu.
»Wann wollen Sie die Befragung starten?«
»Gleich jetzt«, meinte Lene und bog auf den Parkplatz zum ihrem Apar tmenthaus ein. »Ich hole nur meinen amerikanischen Kollegen ab. Er spricht zwar nicht Deutsch, aber er kann mir trotzdem helfen.«
Nach wenigen Minuten kam
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