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Denn das Glueck ist eine Reise

Denn das Glueck ist eine Reise

Titel: Denn das Glueck ist eine Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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hatte ihr eine Nachricht auf die Mailbox gesprochen. Dann war sie jetzt wenigstens ein paar Minuten beschäftigt. Die SMS waren alle von ihrem Großvater.
    Opa, 28.09.2008, 19.02 Uhr
    Snd in 1 Crepri in Brest, FinistR. AIO.
    (Wir sind in einer Crêperie in Brest, Finistère. Alles in Ordnung.)
    Opa, 28.09.2008, 20.58 Uhr
    Snd noch immer in der Crepri Saint-Malo. Galet mit Chavignol u Crep mit Erdbeern leckr. Stimmng gut. Sprechn Louchébem wi in gutn altn Zeitn. Bimo.
    (Wir sind noch immer in der Crêperie Saint-Malo. Galette mit Chavignol und Crêpe mit Erdbeeren – lecker. Gute Stimmung. Wir sprechen Louchébem wie in den guten alten Zeiten. Bis morgen.)
    Opa, 28.09.2008, 21.09 Uhr
    Crepri ist in Brest, heißt aber Crepri St. Malo. Bimo.
    (Crêperie ist in Brest, heißt aber Crêperie Saint-Malo. Bis morgen.)
    Adèle konnte nicht umhin zu lächeln.
    Die Nachricht auf der Mailbox stammte auch von ihrem Großvater. Sie kam um 22.53 Uhr. Da war es in Frankreich 23.53 Uhr. Warum war er um diese Uhrzeit noch unterwegs, und warum rief er sie an? Ein wenig ängstlich hörte sie die Nachricht ab. Zuerst hörte Adèle nur undeutliches Stimmengewirr, und sie wartete auf die Nachricht, doch die kam nicht. Ihr Großvater hatte ihre Nummer wohl aus Versehen gewählt. Sie hörte die lauten Hintergrundgeräusche in der Crêperie. Die Stimmung schien gut zu sein. Adèle wollte die Nachricht gerade löschen, als sie klar und deutlich Männer singen hörte. »Jean Françoué de Nantes ... Jean Françoué ...« Dann: »Ah, sind die betrunken, die Bretonen!« Kein Zweifel, das war die Stimme ihres Großvaters.
    Adèle lachte allein vor sich hin. Wenn die erste Etappe der Tour de France so verlief, dann konnte sie die beiden nach der einundzwanzigsten Etappe sicherlich aus einer Entzugsklinik abholen. Dieser Mann entsprach immer weniger dem Bild, das sie von ihrem Großvater hatte. Als sie ein kleines Mädchen war, hatte sie den Opa-Monchhichi aus der Monchhichi-Serie der kleinen Plüschaffen geschenkt bekommen, die in den Achtzigern ein großer Verkaufsschlager waren. Der Opa-Monchhichi war ganz grau und trug eine Brille, einen Anzug mit Weste und Pantoffeln. Seitdem stellte sie sich ihren Großvater als einen Opa-Monchhichi vor, der in der Geschenkverpackung gefangen war und dem sie aus Gewohnheit und aus Höflichkeit Karten zum Geburtstag und zu Weihnachten schickte. Und siehe da, mit dreiundachtzig brach er aus dieser Verpackung aus. Opa-Monchhichi tanzte zu Saturday Night Fever? Dieses Bild brachte sie wieder zum Lachen.
    Adèle freute sich über die SMS. Sie lenkten sie von ihrer Langeweile bei den Dreharbeiten ab. Als sie den Kopf hob, sah sie, dass Alex, der australische Praktikant aus der Maske, sie beobachtete. Er war groß, mager und vermutlich schwul. Wie viele Australier, die sie kannte, war er ein entspannter und gut gelaunter Typ, der gerne nachts feiern ging. Er fragte sich sicher, warum sie inmitten dieser zu Tode gelangweilten Leute von einem Ohr zum anderen grinste.
    Adèle erklärte ihm flüsternd den Grund. »Ich hab von meinem Großvater eine SMS bekommen. Er ist dreiundachtzig und bechert wahrscheinlich in einer bretonischen Crêperie gerade einen Cidre nach dem anderen. Könnte sein, dass er jetzt schon auf den Tischen tanzt.«
    »Dein Großvater scheint ja ganz schön fit zu sein.«
    »Eigentlich nicht. Und das ist es ja gerade. Er soll mittlerweile ziemlich gebrechlich sein. Aber das Beste kommt noch. Seit zwanzig Jahren kommt er kaum noch aus seinen Pantoffeln raus, und jetzt hat er beschlossen, die Tour de France zu machen.«
    »Die Tour de France? Mit dem Fahrrad?«
    »Nein, mit einem Renault Scénic, aber immerhin ...«
    Ein wenig stolz erzählte Adèle ihm kurz die Geschichte. Sie flüsterten und lachten noch immer, als der größte Teil der Filmcrew nach über zwei Stunden aus dem großen Salon herauskam. Adèle und Alex sprachen über ihre enttäuschten Hoffnungen, die ewige Warterei, die Schwierigkeit, hier am Set Freundschaften zu schließen, den Zynismus in dieser Branche, doch auch über zukünftige Projekte, exzentrische Großeltern, Urlaub in der Bretagne und über ferne Länder. Sie tratschten sogar ein bisschen, aber Adèle amüsierte sich gut. Es war das erste Mal seit ihrem Gespräch mit Irving Ferns, dass sie mit jemandem hier am Set so vertraut plauderte. Es war ein nettes Gespräch, und da spielte es auch keine Rolle, wenn sie Alex niemals wiedersehen würde.

    Als Georges sein Zimmer

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