Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
noch wie Hund und Katze aufeinander reagierten, obwohl sie so viel gemein hatten, einen ähnlichen Intellekt, ähnliche Interessen, sogar ihre Karrieren wiesen einige Parallelen auf. Du nennst das komisch , spottete Vonnie in Elizas Kopf, ich nenne das typisch Freud. Er wollte eine Mutter, also hat er eine geheiratet. Peter beschrieb Vonnie diplomatischer: Sie ist geradeheraus. Man weiß immer, was sie denkt.
Eliza wollte Zustimmung von Peter hören. »Sonst weiß niemand davon.«
»Walter weiß davon, Eliza. Walter weiß davon, und er hat dich gefunden. Er könnte jemandem davon erzählen. Er hat schon jemandem davon erzählt: der Frau, die den Brief geschrieben hat. Und die ganz offensichtlich unsere Adresse hat, wobei man Adressen heutzutage sowieso leicht herausfinden kann.«
»Na ja, aber niemand – o Mist. Dieses Arschloch. Dieser Möchtegern-Journalist, Garrett. Aber der interessiert sich sicher längst für andere reißerische Geschichten, wenn er überhaupt noch lebt. Könnte man es Ironie des Schicksals nennen, wenn er bei einem scheußlichen, obszönen Verbrechen gestorben wäre?«
»Ich weiß nicht, ob das passen würde, aber es hätte auf jeden Fall etwas von ausgleichender Gerechtigkeit.«
»Aber Walter hat nie mit ihm geredet. Während der Verhandlung nicht, und schon gar nicht nach dem Buch. Wahrscheinlich fand er das Buch noch schlimmer als ich.«
»Aber es gibt dieses Buch noch. Früher wäre solcher Schrott über echte Verbrechen einfach untergegangen, hätte in einer Handvoll Secondhand-Buchläden Staub angesetzt, und den Rest hätten die Herausgeber eingestampft. Jetzt bist du mit Onlineshops und eBay und Print on Demand nur einen Mausklick entfernt, wenn sich jemand an deinen echten Namen erinnert. Wer weiß, vielleicht hat er das Buch für Kindle hochgeladen und verkauft es für neunundneunzig Cent das Stück.«
Wegen Mausklicks machte sich Eliza keine Sorgen, aber wenn sie sich bei der Gefängnisverwaltung beschwerte, würden weitere Menschen erfahren, wer sie war und wo sie lebte. Warum sollte sie ihnen vertrauen? Da wäre es besser, Walter zu ignorieren, obwohl sie wusste, wie unberechenbar er werden konnte, wenn jemand das wagte. Allerdings nicht dort, wo er jetzt war, hinter Schloss und Riegel. Und normalerweise nicht ihr gegenüber. Nicht gegenüber dem »Mädchen, das davongekommen ist«, um die scheußliche Kapitelüberschrift aus dieser widerlichen Schmierage zu zitieren. Als wäre sie ein Mädchen aus einer Jazz-Ballade, ein Objekt romantischer Begierde. Das Mädchen, das davongekommen ist. Das, wie es im Buch wiederholt hieß, »den Aussagen nach nur vergewaltigt wurde«. Nur. Den Aussagen nach.
Dieser Satz konnte nur von einem Mann stammen, der nie vergewaltigt wurde.
»Warten wir ab, was er tut«, sagte sie zu Peter. »Entweder lässt er die Sache fallen oder nicht. Wie er schon sagt: Ihm bleibt nicht viel Zeit. Und er wird nicht für das hingerichtet, was er mir angetan hat.«
In dieser Nacht überraschte sie Peter im Bett damit, dass sie den ersten Schritt machte, und es wurde guter Sex, mit diesen besonderen Kleinigkeiten, auf die Paare nach einer langen Ehe meist verzichten. Dabei mussten sie leise sein, einmal hielt sie Peter den Mund zu, weil sie fürchtete, die Kinder würden ihn hören. Aber es war wichtig für sie, sich in dieser Nacht daran zu erinnern, dass ihr Körper ihr gehörte, zu wissen, das war Sex, das war Liebe. Sie hatte ihr Leben verdient. Sie hatte es geschaffen, durch pure Willenskraft und viel Hilfe von Peter und ihrer Familie. Es war ihr gutes Recht, es zu schützen.
Aber als sie einschlief, während ihr Mann sich an sie schmiegte, kamen wieder die anderen zu ihr. Maude und Holly, gefolgt von den vielen gesichtslosen Mädchen, die Walter vermutlich auch getötet hatte, obwohl es keine Beweise gab. Zwei, vier, sechs, acht – manche schätzten, dass es mehr als zehn waren. Alles in allem waren sie bemerkenswert freundliche und nachsichtige kleine Geister. In dieser Nacht allerdings beharrten sie traurig darauf, dass es nicht nur um Eliza ging, sondern dass sie berücksichtigt werden mussten bei jeder Entscheidung, die Eliza im Hinblick auf Walter traf. Holly, wie üblich die Wortführerin, erinnerte Eliza daran, dass ihr Leben in gewissem Sinne auch den Geistern gehörte. Eliza war selbst Phantomen gegenüber höflich und widersprach nicht.
Während die anderen schließlich nach und nach verschwanden, verharrte Holly länger in Elizas Gedanken,
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