Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
auf Weiteres.«
Jamie schwirrte der Kopf, als er auf den Korridor vor dem Dienstzimmer des Direktors trat.
Das Hochgefühl darüber, Valentin Rusmanov in den Ring gebracht zu haben, klang rasch ab und wich klebrigem, bitter schmeckendem Unbehagen. Er hatte Kate und Larissa angefahren, wie er’s noch nie getan hatte, und wusste nicht, was seine Worte bewirkt hatten, ob der Bruch zwischen ihnen sich jemals wieder würde kitten lassen.
Plötzlich empfand er ein überwältigendes Gefühl der Trauer darüber, die gegenwärtigen Ereignisse nicht mit Frankenstein besprechen zu können; die Ratschläge des Monsters waren nicht immer angenehm zu hören, aber seine Motive waren stets über alle Zweifel erhaben gewesen.
Er war der Einzige gewesen, der immer auf Jamies Seite gestanden hatte.
Dann stand ihm das nervöse, ernste Bild seiner Mutter vor Augen, und seine Trauer wich sofort Schuldgefühlen.
Du bist zu vergesslich, dachte er . Du vergisst, dass sie dort unten ist.
Er ging rasch zu den Aufzügen am Ende des Korridors und drückte den Knopf, der ihn zur Ebene H mit den Haftzellen hinunterbringen würde. Trotz allem, was er war, trotz allem, was seine Umgebung in ihm sehen wollte, war er noch immer ein Teenager, der manchmal, nur manchmal, wirklich seine Mutter brauchte.
22
Verfolgungswahn
Staveley, North Derbyshire
Zwei Stunden früher
Matt Browning war beinahe an der Haustür, als sein Vater im Wohnzimmer seinen Namen rief. Er fluchte im Stillen, ließ seinen Rucksack auf den Schirmständer plumpsen und ging hinein, um zu hören, was sein Dad wollte.
Seine Mutter war mit seiner Schwester übers Wochenende zu Matts Großeltern in Grantham gefahren, sodass die Männer der Familie allein waren. Die Diskussion darüber hatte fast eine Woche lang gedauert, während Lynne Browning sich einzureden versucht hatte, es sei in Ordnung, ihren Sohn volle achtundvierzig Stunden lang aus den Augen zu lassen. Schließlich hatte sie gestern Abend ein Taxi zum Bahnhof genommen und sich noch beim Wegfahren nach dem Haus umgesehen – obwohl Greg und Matt ihr unaufhörlich versichert hatten, sie könnten ein einziges Wochenende lang füreinander sorgen.
»Alles in Butter, Dad«, sagte er so ungezwungen wie möglich.
Er hatte fast den ganzen Tag gebraucht, um sich zu dem durchzuringen, was er tun wollte, und er kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er womöglich den Mut verlieren würde, wenn sein Vater ihn zu lange aufhielt.
»Na, wie steht’s?«, fragte Greg gut gelaunt. »Alles in Ordnung?«
Matts Vater saß in seinem Sessel vor dem Fernseher, drehte sich halb nach seinem Sohn um. Früher hätten sich an Wochenenden, an denen seine Frau verreist war, um den Sessel herum schon jetzt leere Bierdosen und zusammengeknüllte Aluminiumtabletts von Schnellgerichten getürmt, aber diesmal war der Fußboden makellos sauber. Das war eine der vielen Kleinigkeiten, die sich geändert hatten, seit Matt wieder zu Hause war.
»Mir geht’s gut«, antwortete Matt und rang sich ein Lächeln ab. »Mit dir alles okay?«
Greg nickte. »Gehst du fort?«
»Ich will zu Jeff«, sagte Matt. »Wir arbeiten an einem Projekt. Ist das in Ordnung?«
»Klar«, antwortete Greg. »Klar ist’s das.« Dann folgte eine bedeutungsschwere Pause, in der Matt bewusst schwieg. Sein Vater schien noch etwas sagen zu wollen, aber nach einigen Sekunden lächelte er seinen Sohn nur an. »Amüsier dich gut«, sagte er. »Komm nicht zu spät heim, okay?«
»Mach ich, Dad«, bestätigte Matt. »Versprochen.«
Sein Vater nickte, dann wandte er sich wieder dem Fernseher zu.
Matt verließ erleichtert das Wohnzimmer und ging in die Diele hinaus. Er nahm den Rucksack zum zweiten Mal über die Schulter, sah sich rasch in dem Haus um, in dem er sein ganzes Leben gewohnt hatte, öffnete die Haustür und trat ins Freie.
Der Rucksack enthielt nichts, mit dem Jeff, der um diese Zeit in dem Park am Ende ihrer Straße Fußball spielen würde, etwas hätte anfangen können, und auch nichts, was bei einem Schulprojekt nützlich gewesen wäre. In seinem Rucksack hatte er zwei Sandwiches, die er auf dem Heimweg von der Schule gekauft hatte, eine Flasche Wasser und einen Holzpflock, den er in der Mittagspause im Werkraum seiner Schule geschnitzt hatte.
Er war sich dabei ein bisschen lächerlich vorgekommen und hatte die Tür im Auge behalten; er hatte keine Lust, jemandem erklären zu müssen, was er da anfertigte. Matt bezweifelte, dass der Pflock ihm wirklich nützen
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