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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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in kristallklaren Gewässern schwimmen.
    Flüssige Formen schoben sich hinter ihnen über die Wand.
    Fünf Meter.
    Eines Tages wird alles wunderbar friedlich sein unter der guten Sonne.
    Ein eisiger Atem leckte an ihrem Nacken.
    Zwei Meter.
    Und wann ist dieser Tag? Dann, wenn du dieses Lied selbst singen kannst.
    Hundert Münder, die gleichzeitig aufklappten.
    Sie öffnete die Tür.
    Hundert Münder und ein einziges hysterisches Lachen.
    Dann, wenn du dieses Lied selbst singen kannst.
     
    Isabel stürzte sich die Treppen hinab. Sie stolperte und schlug mit Vera zusammen der Länge nach hin, prallte dabei gegen
     Wände und Stufen. Bevor sie das Bewusstsein verlor, suchte sie die Hand ihrer Freundin und drückte sie mit letzter Kraft.
     Oben am Ende der Treppe stand eine Gestalt in einem prächtigen weißen Kleid. Noch ehe Isabel ihr schönes Gesicht erkennen
     konnte, fielen die Hände, Torsos und heulenden Münder über sie her und hüllten sie in tiefe Dunkelheit.

47
    Vera schlug die Augen auf. Grau, um sie herum nur lebloses Grau. Auch die Wände waren grau, und sie lag auf etwas Hartem, das ihr gegen den
     Nacken und die Hüftgegend drückte. Marmorfliesen. Orientierungslos wälzte sie sich auf die Seite. Ihr Gehirn, das verwirrt
     zur Kenntnis genommen hatte, was ihre Augen meldeten, ließ nun das Gehör aus seiner Betäubung erwachen. Da war ein kurzes,
     fernes Geräusch, als würde ein schweres Möbelstück umgeworfen, oder vielleicht war es auch eine kleine Explosion. Veras Tastsinn
     registrierte nichts als Kälte. Der Geschmackssinn: trockener Mund, belegte Zunge. Erst der Geruchsinn ließ sie vollends zu
     Bewusstsein kommen. Da brannte etwas. Das Mädchen   … Das Mädchen hatte sich in den Abgrund gestürzt. Aber was war mit ihrem Herzen? Was war daraus geworden? Vielleicht hatte
     sie das alles nur geträumt. Nein, hatte sie nicht. Sie legte eine Hand an die Brust. Unter der Haut pumpte ihr Herz Blut in
     ihren Körper. Ihre Füße kribbelten, sie mussten eingeschlafen sein, aber immerhin lebte sie noch. Vera ließ die Hand sinken
     und stieß auf eine weiche Oberfläche, die nicht so kalt war wie der Boden unter ihrem Rücken. Sie betastete den Gegenstand
     und führte ihn sich vors Gesicht. Er war grau, wie auch ihre Kleidung, wie die Hand selbst. Sie brauchte einige Sekunden,
     um zu kapieren, dass es sich um eine Kamera handelte. Wieso lag eine Kamera neben ihr? Auf einmal fiel ihr etwas ein. Das
     Bild einer Frau, das ihr aus irgendeinem Winkel ihres Gedächtnisses entgegenkam. Isabel. Isabel, die Frau, mit der sie sich
     getroffen hatte, bevor   … Was war passiert? Sie war mit ihr zurückgeblieben, als Hugo mit dem Aufzug weggefahren war. Unddann war etwas passiert, so viel war sicher, aber sie wusste nicht mehr, was. Isabel   … Wieder schickte ihr Geruchsinn dieselbe Information an ihr Gehirn. Feuer.
    Vera riss die Augen auf und erhob sich. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel mehrere Stufen hinab. Sie hatte nicht damit
     gerechnet, sich auf einer Treppe zu befinden.
    »Isabel   …«
    Sie lag ein paar Stufen weiter unten auf der Seite, und ihr Hals war in einem eigentümlichen Winkel verdreht. Vera befürchtete
     das Schlimmste.
    »Isabel   …«
    Wieder bekam sie keine Antwort. Wie waren sie hierher gelangt? Sie wusste nicht einmal, ob sie sich noch im Turm befanden.
     Sie konnte sich an überhaupt nichts mehr erinnern. Dsaa aber etwas passiert war, als sie nicht bei Bewusstsein war, das wusste
     sie. Sie ging zwei Stufen hinunter. Der Geruch nach Verbranntem war immer noch da, er trat aus irgendeiner winzigen Ritze
     zwischen der Wand und dem Metall. Aber das machte ihr nichts aus. Sie streckte die Hand aus und legte sie ihrer Freundin sanft
     auf die Schulter. Ein scheues Erzittern des sonst reglosen Körpers ließ sie Hoffnung schöpfen.
    »Sag mal, was ist denn passiert?«
    Vollkommen unvermutet sprang Isabel auf, und Vera bekam einen Mordsschrecken. Sie sah Vera, dass Isabel den Kopf immer noch
     leicht abgewinkelt hielt.
     
    »Hilfe!«, schrie Isabel. Noch bevor Vera sich bemerkbar machen konnte, war auf der anderen Seite der Tür ein metallenes Geräusch
     zu hören. Isabel stürzte los und hieb aus Leibeskräften mit den Fäusten gegen die Tür. Plötzlich gab die Tür Isabels Ansturm
     nach. Auf der Schwelle stand ein Fremder, und die beiden starrten einander einen Augenblick lang verdattert an.
    »Wusste ich doch, dass ich dich finde!«, rief der Mann. »Ist alles in

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