Der 8. Tag
Abwehrhaltung ein. Etwas in seinem Blick sagte ihr, dass er Walsh kannte. Sie konnte verfolgen, wie er sein G e d ä chtnis durchforschte, wann und wo er ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Dann hatte er es. Er erkannte ihn.
» Du! «
Er sagte es auf eine Art, die zeigte, dass es die letzte Person auf der Welt war, die er hier erwartet hatte. Trotzdem ergab es augenscheinlich einen Sinn, irgendeinen Sinn.
» Was hast du mit meinem Bruder gemacht? « , wollte Walsh wissen. Seine Stimme war leise und voller Wut.
Sie sah, dass Price sich, wie ein in die Enge getriebenes Tier, das nichts zu verlieren hat, eine Erwiderung ü berlegte. Es war eine Wut jenseits aller Furcht. Er br ü llte auf und mit derselben schnellen, vom Wahnsinn gesteuerten Bewegung, mit der er ihren Computer an die Wand geknallt hatte, schleuderte er einen Holzstuhl auf Walsh und st ü rmte danach durch den Raum auf ihn zu.
Die beiden M ä nner rollten ü ber den Boden und k ä mpften um das Messer. Sie stemmte sich an der Kante ihres Schreibt i sches hoch und blickte sich nach etwas um, mit dem sie Walsh helfen konnte. Die ganzen Ereignisse liefen in einer seltsamen Art von Zeitlupe vor ihr ab. Sie dachte, dass im Film in solchen Momenten immer eine Vase, ein Briefbeschwerer oder eine Schere bereitlagen. Doch sie konnte nichts finden.
Walsh setzte seinen Fu ß auf Prices Brust und trat mit aller Gewalt zu. Price flog durch den Raum, doch als er aufkam, rollte er sich ab und kam in einer einzigen geschmeidigen Bewegung wieder auf die Beine.
Tessa bemerkte, dass das Messer ü ber den Boden genau vor ihre F üß e gerutscht war und dass Price sich danach b ü ckte. Sie sah das Flehen in Walshs Augen und sie brachte es fertig, das Messer aufzuheben und ihm zuzuwerfen.
Walsh war jetzt auf den Beinen und hielt das Messer tief u n ten um von dort nach oben zuzusto ß en. Price blieb stehen, umkreiste ihn dann und suchte nach einer M ö glichkeit a n zugreifen. Doch es gab keine. Walsh war vorbereitet und zu allem entschlossen.
Anstatt anzugreifen machte Price einen Ausfall zur Treppe und verschwand nach unten. Walsh warf Tessa einen kurzen Blick zu, als wollte er sich vergewissern, dass sie unverletzt sei und st ü rmte dann die Verfolgung aufnehmend die Treppen hinunter.
Ihr erster Gedanke war hinterherzurennen und den Kampf weiterzuverfolgen. Dann wurde ihr klar, dass das Wichtigste war die Polizei zu benachrichtigen. Was immer dann passierte, zumindest konnte sie sicher sein, dass Hilfe unterwegs war.
Sie hob den H ö rer ab. Der Anschluss war nicht tot, aber es war ein seltsamer Ton in der Leitung. Sie schlug auf die Gabel, erhielt aber immer noch keinen W ä hlton.
» Hallo? Hallo? « , wiederholte sie instinktiv, als ob sie eine Antwort erwartete, doch alles, was sie vernahm, war das Echo ihrer eigenen Stimme, als w ü rde sie in einen tiefen Brunnen hineinrufen.
Dann wurde ihr mit einem flauen Gef ü hl im Magen klar, was los war, und sie ä rgerte sich ü ber ihre eigene Begriffsstu t zigkeit. › Es ‹ war dort drau ß en, das Ding, das in Berlin mit ihr gesprochen hatte. Es kreiste sie ein, war ihr auf der Spur, ko n trollierte, was sie machte, und griff an. Nat ü rlich w ü rde es nicht zulassen, dass heute Nacht irgendwelche Anrufe das Haus verlie ß en. Das war die Nacht, f ü r die es einen Verr ü c k ten um die halbe Welt geschickt hatte um sie zu t ö ten. Es musste diese Sache generalstabsm äß ig geplant haben. Nichts war dem Zufall ü berlassen worden.
Doch wo war dieser Walsh hergekommen? Das war ganz sicher nicht eingeplant gewesen. Sie f ü hlte das starke Verla n gen in die Sprechmuschel zu br ü llen: » Dein Plan ist daneben gegangen. Du hast nicht an alles gedacht! « Doch sie beherrsc h te sich. Selbst wenn es, wie sie annahm, zuh ö rte, dann war es zu provozieren das Falscheste, was sie tun konnte. Gott wus s te, welche M ö glichkeiten es noch in der Hinterhand hatte, und sie wusste nur zu gut, zu was es f ä hig war .
Sie legte vorsichtig den H ö rer auf und dachte nach. Ein Krachen aus dem Erdgeschoss brachte sie wieder in die Real i t ä t zur ü ck. Sie h ö rte noch etwas zerbrechen und dann knallte eine T ü r zu. Sie rannte die Stufen hinunter.
Als sie im Flur, in dem immer noch das Licht brannte, a n gekommen war, sah sie eine Spur der Zerst ö rung in die dun k le K ü che f ü hren. Sie stand still und lauschte. Es herrschte eine unheimliche Stille, nichts r ü hrte sich, noch nicht einmal dra u ß
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