Der Altmann ist tot: Frl. Krise und Frau Freitag ermitteln
reiße die Augen auf. Nein, das möchte ich mir jetzt lieber nicht vorstellen. Die Schirmer und der Altmann im Bett … nackt und keuchend … sie unten und er oben … oder … andersherum? Ich springe auf, aber der Film im Kopf lässt sich nicht so schnell abstellen.
Wo haben die sich getroffen? Bestimmt bei der Schirmer zu Hause. Ich war noch nie in deren Wohnung, aber die ist bestimmt total spießig eingerichtet, so mit drapierten Vorhängen und zu hoch hängenden Bildern. Als ich mal beim Thema Putzen im Lehrerzimmer erzählt habe, dass ich mein weißes Ledersofa manchmal (viel zu selten) mit Lederseife reinige, hat sie gesagt, dass sie auf ihrer braunen Couch immer ein Badehandtuch liegen hat, damit keine Flecken draufkommen. Ein Badehandtuch im Wohnzimmer! Wie unstylisch ist das denn? Und Flecken? Was für Flecken eigentlich?
Jedenfalls haben die sich bis Oktober sehr regelmäßig getroffen, mindestens einmal die Woche. Hier steht schon wieder «Joh. CB ». Das verstehe ich auch nicht. CB ? Was soll das sein?
«Hier! Ich habe dir etwas mitgebracht!» Männe ist wieder da. Er stellt mir einen Teller Pommes hin. Wie gemein! Ich liebe Fritten, aber ich will doch abnehmen! Diesem Mann ist alles recht, nur damit er seinen Döner alleine essen kann.
Männe lässt sich mit seinem Abendbrot und einem Bier vor dem Fernsehen nieder und zappt los.
«Lass aus die Kiste, ich kann bei dem Krach nicht denken!»
«Was machst du da eigentlich?»
«Altmanns Kalender durchforsten. Hör mal, kapierst du das? Johanna CB ?»
Männe schüttelt den Kopf. Er mag sich offensichtlich nicht mit dem Liebesleben eines Toten beschäftigen.
«Du bist immer so fürchterlich korrekt, Männe! Jetzt sag doch mal! CB ! Was könnte das heißen?»
Männe schiebt sich eine Tomatenscheibe in den Mund und wischt sich mit der Papierserviette die Hände ab.
« CB -Funk?»
«Niemals! Die Schirmer kann doch kaum ihr Handy bedienen!»
Männe zuckt mit den Schultern. «Vielleicht ist es ein Treffpunkt», sagt er mit vollem Mund.
«Ein Treffpunkt?»
«Café Berlin oder so!»
«Männe, manchmal bist du genial! Café Bohne! Am Südstern! Die nennen sich doch ‹ CB ›, warum auch immer!»
Da haben die sich getroffen? In diesem abgewrackten Lokal? Ich war nur ein einziges Mal im Café Bohne, ich weiß gar nicht mehr, wann, warum und mit wem. Ich weiß nur noch, dass die Kaffeemaschine kaputt war, die Teeauswahl aus Schwarztee, Pfefferminz und Kamille bestand und das Mobiliar völlig abgeranzt war.
Aber ein sehr guter Ort, um sich nach der Schule zurückzuziehen, wenn man nicht gesehen werde möchte, denn da geht bestimmt keiner vom Kollegium hin.
Dieser Kalender gibt wirklich genau Aufschluss darüber, wie oft die sich getroffen haben. Am Anfang des Jahres gibt es viele «Joh.» – und wenige «Joh. CB »-Einträge. Das ändert sich im Laufe des Jahres. Gegen Ende steht da fast nur noch «Joh. CB ».
«Kombiniere!», sage ich halblaut. «Zuerst haben die sich immer bei der zu Hause getroffen und dann meistens nur noch im Café Bohne … was das wohl zu bedeuten hat?»
«Meinst du das politisch oder sexuell?», fragt Männe und steht auf. «Ehrlich, Frl. Krise, ich finde das geschmacklos, was du da machst!»
«Wieso? Ist doch nicht schlimm! Und immerhin scheint Frau Freitag mit ihrem Verdacht, dass die Schirmer und der Altmann ein Verhältnis hatten, recht zu haben. Drum ist die Johanna auch so fertig. Und deshalb hat die auch diese Altäre in der Schule aufgebaut.»
Männe geht mit den Tellern in die Küche und kommt mit einer Klappstulle wieder.
«Männe! Hast du immer noch Hunger? Du kannst jetzt ruhig fernsehen. Ich bin fertig!»
Männe kaut und gähnt abwechselnd. «Hast du den Fall schon gelöst? Eifersüchtige Lehrerin tötet Geliebten!?»
«Quatsch, wer sagt denn so was?! Ich glaube überhaupt nicht, dass die Schirmer den Altmann umgebracht hat. Die hätte doch wohl eher Günthers Frau umgebracht. Die Franziska. Mord aus Eifersucht.»
Männe seufzt. «Frl. Krise, man merkt, dass du keine Krimis liest. Hast du schon mal was von diesem Motiv gehört: Wenn ICH ihn nicht bekomme, soll ihn auch keine andere haben?!»
«Ja, nein.»
Männe lacht. «Das Nette an dir ist, dass du eigentlich so harmlos bist. Du wirst mich bestimmt niemals umbringen.»
•
Freistunde, endlich. Ich gehe ins Lehrerzimmer. Niemand da. Alle scheinen im Unterricht oder krank zu sein. Ach nein, da hinten am Computer sitzt die Schirmer. Oh Mann,
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