Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
glaubt einem jeder, weil jeder gern einen hätte. Und endlich war der Tag da: der 15. November 1958. Mit den Poulins hab ich mich gar nicht erst abgegeben. Wegen meiner Idee, Oswald zu stoppen, hat Cullum, der Schütze, mich viel mehr interessiert. Ich hatte auch über ihn recherchiert und festgestellt, dass er ungefähr eine Meile vom Bowie Hill entfernt in Durham in der Nähe des alten Bürgerhauses wohnte. Ich wollte dort ankommen, bevor er zur Jagd aufbrach. Aber das hat nicht so ganz geklappt.
    Ich bin sehr rechtzeitig vom Sebago losgefahren, was nur gut war, weil mein Hertz-Mietwagen nämlich nach kaum einer Meile einen Platten hatte. Ich habe den Reifen gewechselt, und obwohl der Reservereifen wie neu aussah, war ich noch keine Meile weit gekommen, da war der ebenfalls platt.
    Ich bin per Anhalter zur Esso-Tankstelle in Naples gefahren, wo mir der Kerl in der Werkstatt erklärt hat, er hätte zu verdammt viel zu tun, um rauszufahren und bei einem Chevrolet von Hertz einen Reifen zu wechseln. Ich glaube, der war sauer, weil er an diesem Samstag nicht mitjagen durfte. Zwanzig Dollar Trinkgeld haben ihn umgestimmt, aber ich war trotzdem erst nach Mittag in Durham. Ich habe die alte Runaround Pond Road genommen, weil die Strecke am kürzesten war, aber weißt du, was passiert ist? Die Brücke über den Chuckle Brook war ins verdammte Wasser gestürzt. Große rot-weiße Absperrgitter, qualmende Rauchpötte und ein riesiges orangerotes Straße-gesperrt-Schild. Inzwischen glaubte ich zu wissen, was gegen mich arbeitete, und hatte das bedrückende Gefühl, meine Absicht, mit der ich morgens weggefahren war, nicht verwirklichen zu können. Du musst bedenken, dass ich um acht Uhr morgens weggefahren war, um ganz sicherzugehen, und für achtzehn Meilen über vier Stunden gebraucht hatte. Aber ich hab nicht aufgegeben. Ich hab stattdessen die Methodist Church Road benutzt, das Letzte aus der alten Klapperkiste rausgeholt und eine endlos lange Staubfahne hinter mir hergezogen – alle Straßen dort draußen waren damals noch unbefestigt.
    Okay, ich hab also Personenwagen und Trucks gesehen, die hier und da am Straßenrand oder an Einmündungen von Forststraßen geparkt waren, und natürlich Jäger, die ihre Gewehre mit abgeknickten Läufen über dem Arm trugen. Jeder einzelne hat grüßend die Hand gehoben – im Jahr 1958 waren die Leute freundlicher, das steht fest. Ich habe zurückgewinkt, aber in Wirk lichkeit habe ich auf einen weiteren Platten gewartet. Oder darauf, dass ein Reifen platzt. Dabei wäre ich vermutlich von der Straße abgekommen und im Graben gelandet, weil ich mit mindestens sechzig Sachen unterwegs war. Ich weiß noch, wie einer der Jäger mir mit beiden Händen bedeutet hat, langsamer zu fahren, aber ich bin nicht drauf eingegangen.
    Ich bin den Bowie Hill raufgerast und hab kurz nach dem Meetinghaus der Quäker an der Friedhofsmauer einen Pick-up stehen sehen. Auf den Türen stand Poulin Maurer- und Holzarbeiten. Der Truck war leer. Poulin und seine Tochter waren im Wald, saßen vielleicht auf irgendeiner Lichtung, aßen ihren Lunch und redeten miteinander, wie’s Väter und Töchter tun. Oder wie ich, der nie Kinder hatte, mir das vorstelle …«
    Ein weiterer langer Hustenanfall, der mit einem schrecklichen feuchten Würgen endete.
    »Ah, Scheiße, das tut vielleicht we h «, stöhnte er.
    »Al, du musst aufhören.«
    Er schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handballen blutigen Schleim von der Unterlippe.
    »Nein, ich muss zu Ende erzählen, also halt die Klappe und lass mich weiterreden. Ich hab mir den Truck also gründlich angesehen, während ich weiter mit sechzig Meilen die Stunde durch die Gegend bretterte, und als ich wieder nach vorn sah, war die Straße durch einen Baum blockiert. Ich konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Der Baum war nicht sehr groß, und bevor der Krebs mir zugesetzt hat, war ich ja auch noch ziemlich kräftig. Und ich war fuchsteufelswild. Also bin ich ausgestiegen und hab versucht, ihn wegzuziehen. Während ich mich abgemüht und dabei gotteslästerlich geflucht habe, kam aus der Gegenrichtung ein Wagen auf mich zu. Ausgestiegen ist ein Mann mit orangeroter Jägerweste. Ich wusste nicht sicher, ob er mein Mann war oder nicht – die Enterprise hatte nie ein Bild von ihm gebracht –, aber er schien im richtigen Alter zu sein.
    Er sagt: ›Lassen Sie mich Ihnen helfen, Oldtimer.‹
    ›Oh, sehr freundlich‹, sage ich und strecke die Hand aus. ›Bill

Weitere Kostenlose Bücher