Der Augenblick: Reisen durch den unbekannten Alltag (German Edition)
sie freudig: »Rücken, Oberschenkel.« Sie steht auf und macht eine kleine Pantomime, sagt: »So geh ich dann und hol mir einen Wolf. Aber trotzdem! Ich möchte einmal, für eine Woche nur, 80 Kilo wiegen. Mal sehn. Allerdings, wer kauft mir dann die Klamotten? Ich habe ja jetzt schon Probleme, alles, was ich habe, besitze ich in dreifacher Ausführung, für die verschiedenen Phasen bis zum Wettkampf dann. Und ab 80 Kilo aufwärts, wer bring mir da einen Schneider?
Aber im Grunde bin ich zuerst mal zufrieden mit dem, was ich bin, körperlich, geistig, psychisch. Ich bin mit mir zufrieden, daß ich das Trainingsprogramm gut durchgezogen habe, daß ich das Gewicht geschafft hab, und daß ich im Spiegel jetzt so ausschau, nach dem Training, wie ich ausschaun wollte. Die Muskulatur ist bis in die kleinste Muskelfaser durchtrainiert, das nennen wir aufgepumpt, und wenn man keine Fettschicht hat, dann spannt sich die Haut eben richtig drüber, und man sieht diese einzelnen, wir sagen: Streifen. Die sieht man dann genau, und die will ich auch sehen.« Wie bei einem anatomischen Modell eigentlich, bemerke ich. »Ja, genau, könnte man sagen. Meistens geh ich dann herum und schau jemandem beim Training zu. Das genieße ich, wenn jemand einigermaßen gut trainiert. Und es ist ja so, der Körper braucht nach dem Training Ruhe, eine Stunde mindestens. Man muß trinken, nur Wasser. Nix essen, gar nix. Ich geh nicht mal duschen, weil ich nicht stinke. Ich laß den Körper einfach eine Stunde lang in seinem Schweiß in Ruhe.
Und dann sieht man, die Haut ist richtig rosig, viel weicher. Das Gesicht vor allem. Weil, beim Training, wie gesagt, da schau ich echt schlimm aus, Richtig hart im Gesicht, o ja! Aber wenn man diese Stunde Ruhe gibt, wird alles weicher. Danach kann man dann auch was zu essen machen und das Essen richtig genießen. Also, ich mach das nicht so, wie es die anderen machen. Die nehmen sich alle ihren Pott mit, sind grade erst vom Training weg, stehen auf, rennen an die Theke, hocken sich vor ihren Pott und schaufeln das rein. Also, die tun ihrem Körper nichts Gutes. Das ist körperliche Belästigung – eine Belastung hoch 10. Oft gehe ich auch nach Hause, mach mit den Hunden einen Spaziergang bei uns oben, das ist auch Ruhe. Ich esse abends ziemlich spät noch mal, normalerweise so um halb elf. Also Kohlehydrate, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien, Eiweiß, z. B. gemischtes Gemüse mit Ei und Ziegenkäse oder Fleisch natürlich, unpaniert, dazu Reis, ist egal. Fisch mit Zitronensaft und Gemüse. So was essen wir abends. Ich rauche nicht. Und ich trinke keinen Alkohol, auch deshalb, weil Alkohol den Magnesiumspiegel beeinflußt, und den brauch’ ich ja wirklich, sonst krieg ich Krämpfe. Und wenn ich schlaf, dann immer auf dem Bauch, und leider etwas wenig, im Mittel so fünf Stunden. Tagsüber kann ich nicht schlafen und einfach mal nur so rumsitzen, gar nichts machen, dazu bin ich nicht der Typ, leider, denn manchmal bin ich dann doch etwas schlapp.«
Auf die Frage, wie es ist, wenn man so von der Norm abweicht, sagt sie entschieden: »Ich find’ nicht, daß ich von der Norm abweiche, und wenn, dann mit meiner Einstellung, die ich hab’. Und sonst … Also, kleine Kinder, bis zur ersten Klasse oder so, hab’ ich festgestellt, die sagen: Schau mal Mama, ist das ein Mann oder eine Frau?« Sie lacht. »Oder im Sommer sind wir mal rausgefahren zum See. Jugendliche haben mich laufen sehn im Badeanzug, sind aus dem Weiher raus und haben gerufen: Hallo, hallo, Sie machen doch Bodybuilding?! Die sind mir nach und wollten unbedingt Armdrücken machen. Haben wir gemacht – ich hab’ sie auch mal gewinnen lassen. Oder die Jugendlichen im Studio, so zwischen elf und fünfzehn, die umringen mich manchmal und gucken, wie ich trainiere. Also nicht, daß ich trainiere, sondern wie ich trainiere, auf welche Art ich die Übungen mache. Ich mach’ meine Übungen ja immer ganz intensiv, mit Konzentration und Ruhe, laß mich nicht aufhalten und nix. Das imponiert ihnen, das wollen sie auch so machen. Aber es gibt natürlich auch die bösen Zungen. Im Studio wird manchmal getuschelt. Oft merk’ ich’s. Oder so ein Pärchen kommt, allgemeinbürger, sag ich dazu. Da schaut sie erst ihn an, dann er sie, es wird gegrinst und getuschelt. Danach glotzen sie mir beim Training zu. Neulich hat mich mal eine Frau angemacht, das war der Hammer! Ich bin ins Studio rein, sie war schon da. Ich kenn’ die nicht, die ist neu, so
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