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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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die Bäuerin vom sogenannten Hexenhof. Hat keinen guten Ruf. Gilt als liederliches Frauenzimmer, hat oft im Hotel bedient, aber auch in der alten Kneipe hier am Ort. Sie ist hübsch, sie wirkt sinnlich, kein Mann, der ihr nicht gern zusieht, wie sie bedient und lächelt.
    Sieh mal einer an, fast ein Lyriker, der Herr Medizinalrat Dr. Xaver Manstein. Er notiert weiter, sogar unter Benutzung der Klarnamen:
    Wesendonker hat sich mir offenbart. Er liebt die Bäuerin. Er war auf dem Hexenhof, um fällige Steuern zu erheben. Bauer Hansen war nicht da, verbarg sich vermutlich in der Scheune. Die Bäuerin war voller Angst. Wesendonker hat sie beruhigt, sie könnten sich Zeit lassen. Dann haben sie sich nach dem morgendlichen Melken getroffen. Im Lager des Boten. Gütiger Himmel, wenn das ruchbar wird, wird Gerolstein erbeben. Wir brauchen eine schnelle Lösung.«
    »Also war der Arzt solidarisch«, murmelte ich. »Er wollte den Liebesleuten helfen, er suchte nach einer Lösung. Das ist doch tröstlich. Wann geht es weiter?«
    »Am 12. Juni schon. Manstein notiert:
    Tutut idealer Kurier, wäre im Kriege unersetzbar. Bewegt sich pausenlos in Gerolstein, holt Botschaften aus Verstecken und schafft sie in solche. Er gibt S.M. und M.H. Schutz, verbirgt sie im eigenen Lager, riskiert Kopf und Kragen, transportiert des Richters Botschaften und die Botschaften des Drachen, muss wohl sagen, der wie verwandelten Ehefrau des S.M. Ich denke, sie weiß von Maria H. Ich weiß ziemlich verbindlich, dass der Richter zu ihr ins Haus schleicht (von hinten über den Burgberg1.), wenn ihr Mann bei M.H. in Tututs Lager ist. Komisch ist das Ganze auch.«
    Mein Handy meldete sich, und ein aufgeregter Vater Schmitz murmelte in leichter Atemnot: »Ich weiß, es ist geradezu unsittlich, sich mitten in der Nacht zu melden. Aber meine Tochter hat einen Liebesbrief in Händen. Und außerdem acht Zettel voller Zärtlichkeiten. Früher hat man das wohl Billetdoux genannt. Wollen Sie diesen Liebesbrief?«
    »Mitten in der Nacht?«, fragte ich schrill.
    Er lachte. »Es ist spannend, bei einer Doktorarbeit zu helfen. Ja, mitten in der Nacht. Außerdem klingen Sie nicht so, als hätte ich Sie aus dem Tiefschlaf geholt.«
    »Wir haben die Aufzeichnungen des Arztes Dr. Xaver Manstein in Besitz, wir erstellen gerade einen zeitlichen Ablaufplan. Und wie sind Sie an den Brief und die Zettel gekommen?«
    »Ganz einfach. Es ist längst rund in Gerolstein, was meine Tochter vorhat. Und gegen Abend schellt es an meiner Haustür, und draußen steht eine Frau, die für die Caritas arbeitet. Sie sagt, sie hätte vom alten Fräulein Hasewinkel - die hieß wirklich so - einen Haufen Korrespondenz geerbt. Und da sei die Rede von Liebschaften aus dem damaligen Gerolstein. Fräulein Hasewinkel war die alte Lehrerin, älter als ein Dinosaurier. Sie ist vor vier Jahren hoch in den Neunzigern gestorben. Und woher die die Briefe und Zettel hatte, kann auch unsere Informantin nicht sagen. Fräulein Hasewinkel hatte sie einfach. Also, was ist? Können wir eben vorbeikommen? Und - stellen Sie sich das einmal vor: Der Richter Severus Brandscheid hat die Ehefrau des Steuereintreibers Karl-Heinrich Wesendonker mit > Geliebte Haselmaus < angeredet.« Er prustete vor Heiterkeit.
    »Dann kommt her«, sagte ich gnädig. »Ich komme mir sowieso schon vor wie ein Barbesitzer.« Zu Emma und Rodenstock: »Die Schmitzens fallen gleich mit ein paar Dokumenten ein. Also, weiter in der Zeitskala. Der Arzt weiß alles, der Apotheker weiß wahrscheinlich auch alles.«
    »Der nächste wichtige Eintrag für uns«, murmelte Rodenstock, »betrifft den 15. Juni 1888:
    Tutut macht unseren Blumengarten sauber. Frage ihn, was er alles weiß. Er lacht und antwortet: Tutut weiß alles, wirklich alles. Aber Tutut schweigt wie ein Grab. Da frage ich mich, ob er wie ein Grab schweigen wird, wenn jemand mit ein paar Münzen klimpert.
    Der Steuereintreiber verfolgt wahnsinnige Idee: Will mit Maria Hansen nach den USA auswandern. Sagt: Das ist das Beste für alle. Sagt: Ich verschwinde ohne Spur, meine Frau hat freie Bahn. So verrückt, wie das zuerst klang, kommt mir das gar nicht vor. Unter besonderen Umständen muss zu besonderen Mitteln gegriffen werden. Gleich einen Tag später steht da: Der Apotheker Toombers fürchtet, dass die Opposition sich an Tutut heranmachen könnte. Mit Bargeld. Der Apotheker ist ein furchtsamer Mann, ein guter Pfleger, ein miserabler Ehemann und Vater, aber ein treuer Freund.
    Merkt

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