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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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einladen. Bastian wollte draußen warten, aber
das ließ sie nicht zu. »Du mußt dich auch von ihr verabschieden.«
    »Kannst du mir denn gar nichts ersparen — nicht
einmal das?«
    »Und wer holt meinen Koffer heraus?«
    Er knirschte hörbar mit den Zähnen. »Ein Glück,
daß du so selten krank bist.«
    Während Bastian hinter seiner Großmutter zum
letztenmal das Zimmer 338 betrat, wickelte Katharina Freude Bastians Bonbon aus
und steckte ihn in den Mund. Es war einer mit Himbeergeschmack. Sie hatte sich
gerade so schön eingelutscht, als der Chefarzt hereinsah.
    »Gut, daß ich dich mal allein treffe«, sagte er
und zog die Tür hinter sich zu.
    O weh, dachte Katharina.
    Klein schwang sich halb auf ihren Schreibtisch
und zündete eine Zigarette an. »Um fünf soll ich meinen Wagen wiederbekommen.
Jedenfalls hat man mir’s versprochen. Selbst beim kleinsten Unfall hat man
nichts als Ärger und Zeitverlust.«
    »War viel zu machen?« fragte sie und schaute zum
Fenster hinaus, wo Sonnenschein auf starken Kastanienblättern schaukelte.
    »Ein neuer Scheinwerfer und Lackschäden. Wegen
denen muß er noch mal nächste Woche hin.«
    »Die Ente vom Guthmann ist total hin«, lutschte
Katharina. »Woher weißt du?«
    »Hat man ja gesehen.«
    »Ich meine, woher weißt du, daß der Idiot
Guthmann hieß?«
    »Weil wir eine Patientin haben, die so heißt«,
sagte sie und wunderte sich, daß er sich mit so viel Unlogik zufriedengab. Aber
Klein hatte es eilig und noch immer nicht das Wesentliche gefragt: »Sehen wir
uns heute abend?«
    »Heut geht’s unmöglich. Ich muß zum Geburtstag.
Leider.«
    »Was hast du denn da im Mund?«
    »Bonbon.«
    »Bonbon, Bonbon«, wiederholte er gereizt. »Macht
mich ganz nervös.«
    Katharina nahm folgsam den Bonbonrest aus dem
Mund und wickelte ihn in sein Papier zurück — eine völlig blödsinnige Handlung,
fand der Professor. Wer hebt schon in Zeiten des Überflusses so einen klebrigen
roten Klacks auf, und ausgerechnet die vernünftige Katharina!?
    »Du hast dich verändert.«
    »Ich? Wieso?«
    »Bei der Visite hast du aus dem Fenster
geträumt.«
    »Nicht nur bei der Visite. Eben schon wieder. Es
ist so ein schöner Tag heut, und wir haben so gar nichts davon, nicht wahr?«
    »Sag mal, Mädchen, was ist los mit dir? Bist du
verliebt?«
    »Ich?«
    »Stell dich nicht so dumm, du weißt es ganz genau.«
    Sie wußte es wirklich nicht — noch nicht.
    Klein wurde vom Chef der Chirurgischen gesucht
und verließ grußlos und sehr gekränkt das Ärztezimmer.
    O weh, dachte Katharina noch einmal.
    Im Grunde mochte sie ihn gern. Sie hielt ihn für
einen guten Arzt, von dem sie viel lernen konnte. Daß er einer unauffälligen
Assistenzärztin nachstieg, sprach dafür, daß all die aufwendige, elegante
Bürde, die er privat mit sich herumschleppte, und sein Verkehr mit der
Schickeria nicht seinen eigenen Wünschen entsprach, sondern Überbleibsel aus
der Zeit waren, in der er mit einer Partylöwin verheiratet gewesen war.
Dieselbe hatte sich eines Nachts von einer Party zur anderen an einem Baum
totgefahren und einen hübschen jungen Mann dazu. Darüber konnten sich die
Schwestern noch immer nicht beruhigen.
    Katharina war zweimal mit ihm ausgegangen.
Einmal ins Theater und einmal zu seinen Freunden, die sie wie einen Fremdkörper
behandelten. (Was wollte denn die kleine Maus? Was wollte er von ihr? Gab’s
nicht genügend alleinstehende Frauen in ihrer Clique für ihn?)
    Und nun war ihr der junge Guthmann
dazwischengekommen. Anfangs störend, dann unwiderstehlich. Seinetwegen verließ
Katharina Freude zum erstenmal den Pfad der Vernunft und marschierte
richtungslos ins Grüne hinein. Na denn...
     
    Inzwischen hatte sich Martha Guthmann von Frau
Kynast verabschiedet, und ihr Gebrüll: »Besuchen Sie mich mal! Besuchen !!!«
dröhnte selbst dem zornig vorübereilenden Professor Klein um die Ohren.
    Die Tür von 338 ging auf, und ein langer,
eckiger Mensch mit einem Koffer und einem gefüllten Netz verließ fluchtartig
das Zimmer.
    Klein dachte, den hast du schon mal gesehen —
erst kürzlich — , aber er sah ja so viele Menschen am Tag, vielleicht war’s ein
werdender Vater — , auf alle Fälle war die Begegnung unerfreulich gewesen — ,
doch dann vergaß er ihn und nahm den kurz unterbrochenen Ärger über Katharina
Freudes seltsames Verhalten wieder auf.
    Bastian war froh, daß der Chefarzt ihn nur halb
erkannt hatte. Wenn Großmutter erfuhr, daß er mit ihrem Halbgott zusammengebumst
war

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