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Der Beutegaenger

Titel: Der Beutegaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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sollte ich ein Problem mit Ihnen haben?« »Ich weiß nicht, sagen Sie’s mir.«
    Sein Blick schien eher scheinheilig als interessiert, was wahrscheinlich bedeutete, dass Hinnrichs ihm von ihrem Gespräch gestern erzählt hatte. Das ideale Team ist eines, bei dem sich die Partner in all ihren Stärken und Schwächen ergän zen . Bullshit , dachte sie und blitzte ihn zornig an. Im Grunde war sie noch immer davon überzeugt, dass er ein Schwächling war. Der Proteg´e des heiligen Grovius. Immer durchlaviert, immer den geraden Weg gegangen, immer schön in Fließrichtung. Seine Frau war vermögend, was man so hörte. Die Schwiegereltern bewohnten eine stinkvornehme Villa in Langen bei Frankfurt. Angeblich besaßen sie sogar ein Privatflugzeug. Gütiger Himmel, dachte sie, ein Privatflugzeug Na, wenn das nicht der Gipfel der Dekadenz war Sie straffte die Schultern. »Wenn ich ehrlich sein soll, denke ich, dass unsere Arbeitsstile . ..«
    »Entschuldigt die Störung«, Werneuchen steckte den Kopf durch den Türspalt, »aber hier bei mir sitzt eine alte Dame, und ich finde, ihr solltet euch anhören, was sie zu sagen hat.«
    Winnie Heller tauschte einen kurzen Blick mit Verhoeven. Doch der Augenblick der Wahrheit war vorüber. Die Chance auf ein klärendes Wort vertan. Hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung und Erleichterung folgte sie Werneuchen nach nebenan, wo eine hübsche, weißhaarige Dame auf einem unbequemen Holzstuhl saß. Vor ihr auf dem Tisch stand eine leere Kaffeetasse.
    »Das ist Kriminalhauptkommissar Hendrik Verhoeven«, übernahm es Werneuchen, seine beiden Kollegen vorzustellen. »Er leitet die Ermittlungen in diesem Fall. Die Kollegin ist seine Partnerin, Frau Heller.«
    Winnie Heller hob grüßend die Hand. Partner , dachte sie. Dass ich nicht lache.
    »Frau Simonis macht sich große Sorgen um eine Freundin«, sagte Werneuchen, vielleicht, weil er annahm, dass die alte Dame nicht wisse, wo sie beginnen sollte, doch Lore Simonis übernahm sofort und wie selbstverständlich die weitere Schilderung des Sachverhalts.
    »Ich wohne seit über dreißig Jahren oben auf dem Sonnenberg.« Sie hatte eine angenehme Stimme. Hell, aber warm wie die Frühlingssonne. »Jeden Montag spiele ich mit ein paar Bekannten Romm´e im Haus einer Freundin. Und so auch am Abend des Mordes.« Sie hielt inne und blickte Verhoeven an, als wolle sie sich vergewissern, dass er ihr folgen konnte. »Gegen neun Uhr bin ich gemeinsam mit meiner Freundin von dort aufgebrochen. Isolde ... Frau Reisinger hat mich nach Hause begleitet. Ich bot ihr an, ihr ein Taxi zu rufen, aber sie wollte unbedingt zu Fuß gehen. Das tut sie meistens. Und über die Alte Stiege sind es nur ein paar Minuten bis zu ihrer Wohnung.« Sie machte eine erneute Pause, und einen Augenblick lang fürchtete Winnie Heller, sie werde zu weinen beginnen, doch zu ihrer Überraschung lächelte die alte Dame, als sie fortfuhr. »Isolde ist nicht der Typ Frau, um den man sich Sorgen machen muss, wissen Sie. Sie ist in hervorragender körperlicher Verfassung und hat es darüber hinaus schon immer ganz ausgezeichnet verstanden, auf sich aufzupassen.«
    »Und dennoch machen Sie sich jetzt Sorgen um sie?«
    Sie nickte. »Zum einen ist doch diese Buchhändlerin am selben Abend ganz in der Nähe getötet worden.« Sie stutzte, und ihre schönen, leuchtend himmelblauen Augen nahmen einen skeptischen Ausdruck an. »Das heißt, wenn es stimmt, was in den Zeitungen steht . ..«
    »Der Mord geschah am Montagabend«, bestätigte Verhoeven, wobei er es sorgsam vermied, die genaue Tatzeit zu nennen.
    Lore Simonis sah an ihm vorbei, zur Tür. »Der weitaus wichtigere Grund aber ist, dass Isolde mir versprochen hat, mich am nächsten Tag zu besuchen, als wir uns verabschiedeten.«
    Verhoeven beugte sich vor. »Und das tat sie nicht?«
    Die alte Dame schüttelte den Kopf. »Nein, das tat sie nicht.«
    »Könnte sie es vielleicht vergessen haben?«
    »Nein«, entgegnete Lore Simonis mit Bestimmtheit. »Isolde mag viele Fehler haben, aber Unzuverlässigkeit gehört nicht dazu. Ich kann mich nun schon seit beinahe einem halben Jahrhundert in jeder Lebenslage tausendprozentig auf sie verlassen.« Sie zwinkerte Winnie Heller zu. »Es mag vielleicht ein Problem sein, Isolde überhaupt dazu zu bringen, etwas Bestimmtes zu tun. Aber sie von etwas abzubringen, das sie sich vorgenommen hat, ist vollkommen unmöglich.« Sie blicktejetzt auf ihre Hände hinunter, die ruhig und entspannt auf ihren

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