Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
Vom Netzwerk:
ein knochiges, dreckverkrustetes und vor Regenwasser schleimig gewordenes Schulterblatt. Oben befand sich eine rostige Luke, die wie ein Konstruktionsfehlgriff anmutete und mit einem Vorhängeschlossgesichert war. Der Anblick verursachte Shaper eine Gänsehaut, wenngleich er sich nicht erklären konnte, weshalb. Mit äußerster Vorsicht überprüfte er die Luke, um sich zu vergewissern, dass sie sowohl verriegelt als auch unter den Rändern trocken und nicht unlängst geöffnet worden war. Als er ausschließen konnte, dass sie eine Rolle beim Verschwinden des Mörders gespielt hatte, entfernte er sich von der Stelle, so rasch er konnte.
    Fast unmittelbar danach stieß er auf einen Van.
    Es handelte sich um ein dreckiges, altes Fahrzeug – seinem eigenen nicht unähnlich, fand er, nur dass es sogar noch liebloser behandelt wirkte. Der Wagen stand wie eine schlafende Schildkröte im Windschatten der Kuppel, halb von Blätterwerk verborgen. Ein paar triefende Äste waren darum aufgehäuft worden, eine Tarnung gegen zufällige Blicke von der Zufahrt. Der Großteil war jedoch weggerissen und beiseitegeworfen worden. Shaper stockte der Atem, als er sah, warum.
    Die Vordertüren standen offen. Auch die seitliche Schiebetür klaffte ihm weit geöffnet entgegen, und das Licht in der Kabine brannte noch.
    Er ist hier gewesen.
    Er ist hier gewesen, und du hast das verdammte Walkie-Talkie nicht mitgenommen, oder?
    Vollidiot.
    Er zweigte eine verschwenderische Minute ab, um sich zu sammeln – mit brüllenden Nerven vertraute er darauf, dass Vince und die anderen die sprichwörtliche Stellung hielten. Dann umkreiste er das Fahrzeug langsam in großem Bogen, lief im Stechschritt durch das Gestrüpp, um es von allen Seiten zu betrachten. Erst als er sicher war, dass sich darin nichts bewegte, wagte er sich näher.
    Die Kabine offenbarte wenig Interessantes: einen Karton mit Tüchern auf dem Armaturenbrett und einige leere Snackverpackungen auf dem Boden. Aber sofern er insgeheim enttäuscht über diese nüchternen Entdeckungen war, ließ sein erster Blickin den Laderaum des Vans sein abflauendes Adrenalin wieder strömen. Nägel schossen in sein Blut, und es drehte ihm den Magen um.
    Es war Tova. Die blonde, dralle Tova. Durch die nassen Falten ihres Mantels lugte eine Krankenschwesternuniform hervor. Ihre Schuhe waren glitschig vor Schlamm und prangten an Füßen, die unter ihr steckten wie eine aufgezogene Feder.
    Sie war tot, und irgendetwas hatte versucht, ihr Gesicht zu fressen.
    »Großer Gott …«, flüsterte Shaper in die Nacht.
    Es war kaum Blut zu sehen, wenngleich es unzweifelhaft welches gegeben haben musste. Vermutlich stand die Seitentür schon offen, seit sich Tova im Wagen befand: eine Einladung für jeden Fuchs, jede Ratte, jede Krähe …
    Irgendwann hatten es die Tiere aufgegeben, sich nur am Blut auf ihrer Kleidung gütlich zu tun, und sich stattdessen an ihre Wangen, Lippen und Augen gewagt. Sogar die unberührten Bereiche ihrer Haut waren aufgedunsen und bleich, durchzogen von einem grausigen Geflecht erkalteter Adern und einsetzender Verwesung.
    Sie war aufgehängt worden, so viel stand fest. Die Handgelenke mit Draht gefesselt, war sie an eine Querstrebe der Karosserie gehakt worden, wo sie wie eine Marionette gebaumelt hatte, während die Hände langsam von den Drahtschlaufen durchtrennt wurden.
    Shaper hoffte, dass ihr die Kehle aufgeschlitzt worden war, bevor die Fesseln zu eng wurden.
    Er versuchte, nicht auf die blutleeren Ränder der Halswunde zu starren; nicht auf die feuchten Einschnitte rings um die Drähte an jedem Handgelenk; nicht auf die dünne Schimmelschicht, die sich bereits auf ihrem Mantel bildete … und stellte fest, dass sein Verstand fast noch schmerzlicher zu einer Vision von ihr zurückkehrte, wie sie entschlossen von der Hintertür des Hauses davongestapft war.
    »Warten Sie wenigstens noch ein Weilchen!« , hatte er ihr nachgerufen. »Wir fahren bald zurück in die Stadt. Wir können Sie mitnehmen!«
    Aber sie hatte nicht warten wollen. Und sie war nicht weit gekommen.
    Er löste den Blick von ihrer aufgequollenen Leiche und betrachtete stattdessen den Raum rings um sie: drei sorgfältig angeordnete Matratzen, eine auf dem Boden, je eine vertikal an jeder Seite, Plastikfolie darübergeschlagen.
    Polsterung , dachte er. Keine blauen Flecken .
    Ein Kribbeln lief ihm über den Rücken. Ihm wurde klar, dass er sich in dem Fahrzeug befand, das benutzt worden war, um jedes der

Weitere Kostenlose Bücher