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Der blinde Passagier

Der blinde Passagier

Titel: Der blinde Passagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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sie in eine Nebenstraße ein. liefen anschließend durch ein Stück Park und erreichten einen belebten Platz. Die breite Glastüre, vor der sie schließlich stehenblieben, führte in einen Saal, der so groß war wie eine Turnhalle. Überall an den Wänden hingen Spielautomaten, die Luft war vom vielen Zigarettenrauch verqualmt, und aus einem Lautsprecher kam japanische Musik. In der Mitte waren zwei große Wasserbecken in den Boden eingelassen. Rund um sie herum standen jüngere und ältere Japaner. Sie hatten Angeln in der Hand und blickten aufmerksam in das Wasser.
    „Wir dachten, daß dir das vielleicht neu ist“, meinte der schwarzhaarige Hiroshi.
    „Was ist das?“ fragte Peter Schimmelpfennig.
    „Du zahlst hundert Yen“, erklärte der Japanerjunge. „Dafür bekommst du eine Angel und darfst eine Stunde lang fischen, wo und wie du willst. Was du fängst, kannst du mitnehmen. Meistens schwimmen Forellen im Wasser herum. Diese Hallen gibt es in ganz Japan, und in Tokio findest du sie an jeder Ecke.“ Dabei hatte sich Hiroshi seine Mütze vom Kopf genommen. „Es wäre vielleicht ganz gut, du decktest dir damit wenigstens deine Haare zu“, grinste er.
    Peter Schimmelpfennig zog sich die dunkelblaue Schülermütze tief in die Stirn. „Ich glaube, wir sollten im Warenhaus Bescheid sagen“, meinte er. „Einerseits ist Direktor Suzuki ein sehr freundlicher Herr, andererseits wollen wir ja nicht, daß sie die Polizei von ganz Tokio auf uns loslassen.“
    „Du siehst jetzt aus wie ein betrunkener Straßenbahnschaffner“, bemerkte Hiroshi. „Du mußt die Mütze ganz gerade aufsetzen. Das gehört sich so.“
    Die übrigen Jungen saßen bereits an den zwei Wasserbecken und angelten nach einem Abendessen.

    Etwa fünf Minuten später gingen zwei Herren zur gleichen Zeit in ihren Büros auf und ab. Sic waren beide etwa im gleichen Alter und blickten immer wieder einmal zu ihrem Telefon. Beide warteten darauf, daß es endlich klingeln würde.
    Die Büros der beiden Herren lagen ein paar tausend Kilometer auseinander. Bei dem einen wurde es vor den Fenstern gerade dunkel, und beim anderen war es gerade kurz vor elf Uhr am Vormittag.
    Der Chef des Abendblattes wartete auf das Gespräch, das er nach Tokio angemeldet hatte.
    Direktor Suzuki wartete darauf, daß ihn endlich jemand anrufen würde, um ihm zu sagen, daß dieser Peter Schimmelpfennig wieder aufgefunden sei. Seine Herren saßen auf ihren Stühlen und ließen die Köpfe hängen.
    Doktor Liesegang kaute an seiner schwarzen Zigarre und schnaubte durch sein Sprechgerät ins Vorzimmer: „Reklamieren Sie Tokio noch einmal, Fräulein Bertelsmann.“
    Im gleichen Augenblick meldete die japanische Sekretärin ihrem Chef im fünfundzwanzigsten Stockwerk des Warenhauses DAIMARU. daß ein Herr Uchida am Apparat sei.
    „Kenne ich nicht“, sagte Direktor Suzuki, „aber stellen Sie trotzdem durch. In solchen Situationen kann man nie wissen.“
    „Hier spricht Hiroshi“, sagte eine helle Stimme. „Peter Schimmelpfennig möchte Sie sprechen. Ich übergebe.“
    „Endlich“, rief der Direktor des Warenhauses und ließ sich in seinen schwarzen Ledersessel fallen. Seine Herren standen wie elektrisiert von ihren Stühlen auf. Der Funke war übergesprungen, ohne daß es sichtbar gezündet hatte.
    Eine ganze Weile horchte Direktor Suzuki nur in den Hörer hinein. „Und das ist sicher?“ fragte er schließlich. Hinterher sagte er noch: „Irgendwie verstehe ich das sogar“, und er lächelte ein ganz klein wenig dabei. „Dann bis morgen. Aber deinen Freund Hiroshi hätte ich gerne noch einmal am Apparat.“ Und da Direktor Suzuki jetzt japanisch sprach, konnten ihn alle seine Herren verstehen. „Du hast dir da eine ziemliche Verantwortung aufgeladen“, meinte der Chef des Warenhauses. „Ich hoffe, du weißt das und paßt auf ihn auf wie ein Geheimpolizist auf die Krone der Königin von England. Du mußt dafür sorgen, daß er nicht erkannt wird und niemand von der Presse mit ihm Verbindung aufnimmt. Spätestens kurz vor drei Uhr bringst du ihn morgen in mein Büro.“
    „Das ist alles versprochen, Herr Direktor Suzuki“, sagte Hiroshi am anderen Ende der Leitung. „Guten Abend.“
    „Guten Abend, Hiroshi“, grüßte auch Direktor Suzuki und legte den Hörer wieder auf.
    Um die gleiche Zeit sprach der Chef des Abendblattes aus Hamburg seit etwa fünf Minuten mit Herrn Sola.
    „... und ich bin ins Hotel geschickt worden, damit ich hier auf ihn warte. Die anderen

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