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Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Problem, eine Erbin zu sein, hatte das Leben vieler anderer zerstört. Es hatte seine eigenen, besonderen Risiken, ein reiches Mädchen zu sein. Aber sie schien zu den Glücklichen zu zählen. Es fiel ihm schwer zu glauben, daß sie nun vierzig Jahre alt war, in seinen Augen war sie immer noch ein Kind. »Wo ist Igor?« fragte er. »Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Unten in der Bibliothek mit Loren. Du kennst ihn ja. Er redet so gern vom Geschäft, von Mann zu Mann. Und wenn da noch eine Flasche guter Whisky in der Nähe ist, schadet das auch nichts.«
    Er lächelte. »Wie geht das Geschäft in Europa?«
    »Igor hat sich Sorgen gemacht«, sagte sie. Igor hatte nach ihrer Hochzeit die Leitung der Bethlehem Motors S. A. in Frankreich übernommen und seinen Posten zur großen Überraschung aller überaus zufriedenstellend ausgefüllt. »Du weißt, wie sehr er Autos liebt. Er haßte es, wenn die Autoverkäufe zurückgingen, während andere Abteilungen
    florierten. Nun ist er wieder in größter Aufregung. Er konnte es kaum erwarten, zu Loren zu kommen und über den neuen Wagen zu sprechen.«
    »Ich werde ihn zur morgigen Vorstandssitzung einladen lassen«, sagte Nummer Eins. »Ich glaube, das wird ihn freuen.«
    »Ist das dein Ernst?« Anne lachte. »Er wird begeistert sein! Davon hat er immer geträumt. Dabeisein, wenn die großen Entscheidungen fallen. Er wird sich wie im Paradies vorkommen.«
    »Ausgezeichnet.«
    »Wieviel Uhr ist es?« fragte sie.
    Er sah auf seine Armbanduhr. »Halb acht.«
    »Dann sollte ich mich anziehen gehen.«
    »Warum so eilig? Die Party beginnt doch erst um zehn.«
    »Ich bin nicht mehr die Jüngste«, erklärte sie lächelnd. »Und wie eine Prinzessin auszusehen dauert etwas länger.«
    »Für mich hast du immer ausgesehen wie eine Prinzessin«, sagte er.
    »Erinnerst du dich, Großvater, so hast du mich immer gerufen, als ich ein kleines Mädchen war: Prinzessin. Und Daddy wurde immer böse. Er sagte, das sei unamerikanisch.«
    »Dein Vater hatte manchmal sonderbare Ideen«, sagte er.
    »Ja.« Sie wurde nachdenklich. »Ich hatte immer das Gefühl, daß er uns beide nicht mochte. Darüber habe ich mich oft gewundert.«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Jetzt nicht.« Sie sah ihn lächelnd an. »Weißt du, ich bin froh, daß ich heimgekommen bin und daß du die Villa für diese Party zur Verfügung gestellt hast. Ich habe immer gehört, wie großartig die Partys hier waren.«
    »Einige waren gar nicht übel.«
    »Wie lange ist es her, Großvater?« fragte sie. »Seit der letzten?«
    Er dachte eine Weile nach. Die Zeit überflutete ihn wie die Flut des Ozeans. Er schloß die Augen - für einen Augenblick war es gestern -, dann öffnete er sie wieder. »Fünfundvierzig Jahre ist es her«, sagte er langsam. »Damals war die Hochzeit deiner Eltern.«
    Eigentlich waren es zwei Partys, nicht nur eine. Das formelle Fest fand im großen Ballsaal statt. Dort spielte eine von Meyer Davis’ Gesellschaftskapellen das, was Elisabeths Freunde »Musik für das Mittelalter« nannten.
    Die zweite Party fand in dem riesigen Spielsalon des Gartenhauses statt, den man in eine Diskothek verwandelt hatte. Die Musik der zwei einander ablösenden Rockgruppen dröhnte aus elektronischen Verstärkern.
    Beide Partys waren überfüllt, und sogar zum Stehen gab es nur zentimeterweise Platz. So etwas hatte Detroit noch nie erlebt. Es war ein Tohuwabohu aus Lärm und Menschen.
    Auch die Gärten waren in der warmen Septembernacht voller Menschen, die von einer Party zur anderen gingen, alles sehen und überall gleichzeitig sein wollten. Es war schon fast Mitternacht, als die Autoschlange, die sich von der langen Einfahrt bis in die umliegenden Straßen staute, sich auflöste und Angelo durch die weit geöffneten mächtigen Holztore das Haus betrat.
    Die Reihe für den offiziellen Empfang war auseinandergebröckelt; der bereits vor Beginn der Party angeheiterte Loren war nirgends zu sehen, und Betsy war mit ihren Freunden in der Diskothek. In der Nähe des Eingangs befand sich nur mehr die schon etwas zermürbte und abgespannte Alicia.
    Angelo wies zum drittenmal seine Einladung vor. Die beiden
    ersten Male war das bei der Einfahrt und vor dem Haus gewesen. Diesmal nahm sie ein Butler in formeller Livree entgegen.
    Der grauhaarige Mann drehte sich dem Salon zu. »Mr. Angelo Pelino«, kündigte er mit einer Grabesstimme an, die sich in dem Lärm völlig verlor. Angelo ging über die Stufen auf Alicia zu. Er küßte sie auf die

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