Der Club der Gerechten
hatte. Doch es gab nur mehrere Schreibtische in einem neutralen Grau – von denen zwei besetzt waren –, und ein paar Streifenpolizisten, die schwatzend herumstanden. Auf der rechten Seite fand er den langen, kunstvoll geschnitzten Eichentresen, der das Nervenzentrum der Station darstellte.
Der diensthabende Sergeant hörte sich seine Bitte mit ausdruckslosem Gesicht an. »Hab ich richtig verstanden?« sagte er, als Keith zu Ende gesprochen hatte. »Sie wollen den Bericht über den Unfall sehen, der gestern Morgen oben an der Kreuzung Delaney und Bowery passiert ist?« Als Keith nickte, runzelte der Sergeant die Stirn. »Und wieso?«
Keith war auf die Frage vorbereitet. »Es war mein Sohn, der da ums Leben gekommen ist«, sagte er ruhig, ohne sich auch nur im Geringsten seine Zweifel an der Identität seines Sohnes anmerken zu lassen. »Ich möchte nur wissen, was ihm passiert ist, das ist alles.«
Der diensthabende Sergeant schaute zu zwei Streifenpolizisten hinüber, die eben zur Tür hinaus wollten. »Hey, Ryan, wart ihr nicht bei dieser furchtbaren Sache gestern Morgen dabei, du und Fernandez?«
Der Streifenbeamte kam herüber, und Keith stellte sich vor. »Ich möchte einfach nur wissen, was passiert ist. Mein Sohn ...« Seine Stimme erstarb, und er ließ die letzten Worte unausgesprochen.
»'s war sein Junge, der dort gestorben ist«, sagte der Diensthabende, nun endlich mit einem Unterton von Mitgefühl. »Willst du ihm erzählen, was passiert ist?«
Johnny Ryan schüttelte den Kopf. »Da ist nicht so viel zu erzählen«, sagte er. »Als ich hinkam, hat der Kleinbus bereits gebrannt. Irgendein alter Schrotthaufen ist mit ihm zusammengeprallt.«
»Was war mit dem Fahrer des anderen Wagens?«, fragte Keith. »Wurde er nicht verletzt?«
Ryan zuckte mit den Schultern. »Wenn er's war, hat ihn das nicht gehindert, weiterzufahren. Er war weg, bevor ihn irgendjemand richtig sehen konnte. Aber keine Sorge, wir finden ihn.«
Der andere Streifenbeamte, laut Namensschild Enrico Fernandez, schüttelte mürrisch den Kopf. »Na, ich weiß nicht, wie – das Vehikel war am Abend vorher von einem Parkplatz in Queens gestohlen worden. Wir vermuten, es war'n Halbwüchsiger auf 'ner Spritztour, doch ohne Zeugen ...« Er zuckte hilflos mit den Schultern.
»Aber jemand muss es beobachtet haben«, drängte Keith. »Ich meine, mitten in New York City ...«
»Waren Sie schon mal morgens halb sechs dort? Sie könnten mit einer Kanone in die Bowery reinballern und würden niemand treffen. Bei den Einzigen, die um diese Zeit unterwegs waren, handelte es sich um zwei Alkis, und von denen sagt keiner ein Wort. Der eine behauptet, er habe in einer Mülltonne rumgesucht, und der andere hat fest geschlafen. Sagt, er sei erst aufgewacht, als das Ding in die Luft flog.« Dann fiel ihm ein, mit wem er sprach, und er versuchte das Gesagte abzumildern. »Ich meine ...«
»Also hat überhaupt niemand den Unfall beobachtet?«, fragte Keith.
»Das heißt nicht, dass wir nicht weiter suchen«, entgegnete Fernandez, ein wenig zu schnell. »Hören Sie, wir wollen genau wie Sie wissen, was passiert ist. Es war nicht nur Ihr Sohn. Der Kerl hat auch zwei Gefängnisbeamte umgebracht.«
Aber ein Gefangener auf dem Weg nach Rikers Island ist nicht wichtig, sagte sich Keith. »Wissen Sie zufällig, wie die beiden Betrunkenen heißen?«
»Einer der beiden war Al Kelly«, sagte Johnny Ryan, offensichtlich erleichtert, dass er dem Mann, dessen Sohn gestern gestorben war, wenigstens etwas sagen konnte – egal wie unbedeutend.
»Kelly lungert fast immer an der Ecke rum. Er hat graues Haar – richtig lang. Ist vielleicht zwei, drei Zentimeter größer als Sie. Gewöhnlich trägt er drei oder vier Pullover übereinander und 'n Mantel, und wenn er um zehn Uhr morgens nicht betrunken ist, haben sie den falschen Typen.« Er sah Fernandez an. »Erinnerst du dich an den anderen?«
»Das war Peterson, nicht wahr? Oder so ähnlich. Erinnere mich nicht, ihn dort schon mal gesehen zu haben, doch das heißt nicht, dass er nicht mehr vorhanden ist.« Er wandte sich an den Diensthabenden. »Gibt es einen Grund, warum er den Bericht nicht sehen darf?«
Der Sergeant zuckte mit den Schultern. »Nicht dass ich wüsste.« Er zeigte auf einen der Schreibtische. »Fragen Sie Sayers. Sagen Sie ihm einfach, was Sie wollen, und er wird's Ihnen geben.«
Keith wandte sich wieder an die beiden Streifenbeamten. »Steht da was drin, was ihr mir noch nicht gesagt
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