Der Club der Teufelinnen
Morty‹ ist.« Der Wärter war lachend davongegangen. Morty war überzeugt, daß die wirklich schweren Jungs anders behandelt wurden. Eigene Zelle, roter Teppich. Aber Steuerhinterziehung, das war ja jämmerlich. Zu jüdisch.
Mo hatte erst noch weiter in dem Playboy -Magazin geblättert, bis er endlich seine dunklen Augen auf ihn gerichtet hatte. Dann war die Spannung aus seinem Gesicht gewichen. »Du bist der Typ, der im Fernsehen die tragbaren Telefone und diesen ganzen Mist verkauft?« Erleichtert über das Ausbleiben direkter Feindseligkeit war Morty sofort in seine Rolle als Irrer Morty geschlüpft. »Ich bin's, der Irre Morty«, kreischte er mit Fistelstimme, so wie in den Werbesendungen, und streckte die Hand aus. Mo ergriff sie und schüttelte sie auf die in den einschlägigen Vierteln übliche Art. Morty versuchte mitzuhalten. Aber Mo war nicht blöd. Er war ein Heroin-Dealer größeren Stils, mitunter auch Strichjunge und sogar Brandstifter, aber blöd war er nicht. Trotzdem war er beeindruckt von dem Gesicht, das er so oft im Fernsehen gesehen hatte. Dieser fette Kerl war tatsächlich der Irre Morty. Mo grinste.
»Weil du 'ne Berühmtheit bist, will ich dir sagen, wie's hier so läuft.« Mo legte sein Heft beiseite. »Ich bin Big Mo, und ich krieg alles auf die Reihe. Wenn Big Mo dein Freund ist, haste keine Probleme mit irgendwem. Brauchste was, dann sag's mir. Eine Hand wäscht die andere. Klar, Kleiner?«
Mo war etwas beiseite gerückt, um Morty neben sich Platz zu machen. Das geschah zur rechten Zeit, denn Mortys zitternde Beine konnten ihn schon kaum mehr halten. Trotzdem war er wild entschlossen, Big Mo zu seinem Freund zu machen, und hatte großartig angeboten: »Mo, für dich kann ich immer so einiges bewegen.«
»Siehste, genau das hab' ich auch grad gedacht. Da draußen is' meine Frau, ganz allein wartet se auf ihren Mann. Vielleicht kannste ihr 'ne nette Kleinigkeit zukommen lassen, so zur Erinnerung an mich.«
»Da hätte ich genau das richtige. Wie wär's mit 'nem kleinen Fernseher, nicht größer als 'n Toaster, mit eingebautem Video?«
Big Mo ließ sich das durch den Kopf gehen, schüttelte dann den Kopf. »Nee, se soll was kriegen, daß se an mich denkt. Und ich bin groß. Nix mit Toaster.«
Um seinerseits Morty mit seinen Verbindungen zu beeindrucken, hatte Mo unter seiner Pritsche eine Flasche besten schottischen Whisky hervorgezogen und ihm einen gerollten Joint in einer goldenen Zigarettendose angeboten.
Wieder mußte Morty an Leo denken. Er hätte ihn liebend gern eigenhändig erwürgt.
»Also, wie wär's dann mit 'nem Super-Bildschirm? Plus einen Job für dich, wenn du wieder draußen bist? Laß mich nur machen, Mo. Sag, wohin du den Fernseher willst, und in zwei Tagen ist er da. Wenn du willst, mit Grußkarte.«
»Das nenn' ich Geschäfte machen.«
Nach mehreren Schlucken von dem Whisky war Mo Mortys dickster Freund. »Noch nie hab' ich 'ne echte Berühmtheit gesehn, Mann. Bist der erste.«
Morty hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt. »Willst du noch mehr kennenlernen? Wenn wir rauskommen, bring' ich dich an Plätze, von denen du noch nicht mal geträumt hast. Wir sind doch Freunde.«
»Okay, Kleiner.« Und Mo hatte sich auf seiner Pritsche ausgestreckt.
Morty war in die darüber geklettert und hatte die Decke angestarrt, die nur eine Handbreit über ihm war. Er hatte Angst, das mußte er zugeben. Und wütend war er, auch wenn er nicht genau wußte, warum und auf wen. Auf Leo, ja, und Bill Atchison und Gil Griffin. Irgendwie auch auf Brenda und Shelby. Alle waren Schuld, diese Blutsauger.
Morty fiel in einen unruhigen Schlaf. Wenn er nur einen einzigen Freund gehabt hätte.
Hinter der kugelsicheren Glaswand sitzend, die den Besucherraum abtrennte, sah Morty die Gruppe von Frauen auf der anderen Seite des Raums hereinkommen.
Da war sie, in seiner Lieblingsfarbe. Er wußte nicht, daß es sich dabei um ein dottergelbes Modell von Azzedine Alaia handelte, und erst recht nicht, daß es ihn viertausend Dollar gekostet hatte. Er wußte nur, daß er sich freute, sie zu sehen.
Er sah, wie sie die Reihe der Kabinen entlangging, bis sie ihn entdeckte. Sie lächelte. Shelby sah in Mortys Augen immer gut aus, aber heute war sie die reinste Sonnengöttin. Er holte tief Luft, fühlte sich getröstet. Er hatte für sie bezahlen müssen, das schon, aber sie jetzt hier zu sehen, inmitten dieser tristen Umgebung, gab ihm Hoffnung, gab ihm das Gefühl, daß man ihn nicht
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