Der Club der Teufelinnen
deinen Problemen befassen. Sie lösen. Du bist dir doch klar darüber, daß du sie selbst verursacht hast. Du bist kein Opfer.«
Aaron mochte nicht glauben, was er da vernahm. Sie hörte sich an wie Leslie! Er schaute sie an, ob sie nicht vielleicht einen Scherz gemacht hatte. Aber nein, sie meinte es ernst. Er spürte, wie seine Welt in Scherben fiel. Und er fühlte sich beleidigt. Wenn es nicht schon zu spät dafür war, würde er zumindest seine Würde wiedergewinnen.
»Dann nimmt sich deiner wohl jetzt der Ritter in der schimmernden Rüstung an?«
»Ich brauche niemanden, der sich meiner annimmt. Oder besser: Ich habe ihn gebraucht, aber dann selbst für mich gesorgt.«
»Dann gibt es nichts weiter zu sagen.«
Annie schwieg einen Augenblick. Tief in ihr spürte sie noch das alte Bedürfnis festzuhalten, dieses Drama weiterzuführen. Aber die wirkliche Annie war bereit aufzubrechen. Jetzt vermag ich das Gefühl zu ertragen, dieses Zerrissensein, das einst so unerträglich war. Jetzt hat sich dort eine Narbe gebildet. Meine Mutter hat mich verlassen, Aaron hat mich verlassen, und ich mußte mich von Sylvie lösen. Ich brauche nicht mehr zu klammern, kann ein freies Leben führen. Aaron kann es noch nicht.
Sie sprach freundlich: »Ich glaube, ich muß jetzt gehen, Aaron.« Auf seinem gutaussehenden Gesicht zeigte sich Verblüffung. Er schien es nicht fassen zu können.
»Aber ich bin so allein, Annie.«
»Keine Sorge. Daran gewöhnt man sich.« Und damit stand sie auf und ging.
Annie betrat den Zoo, löste eine Eintrittskarte. Den neuen Zoo hatte sie noch nicht gesehen.
Es sah sehr viel besser aus, aber immer noch war es nur ein Gefängnis für die Tiere. Sie ging durch die verglasten Abschnitte mit den Wasservögeln und war traurig. Auf den ersten Blick sah es so aus, als ob die Enten sich in einem großen freien Gelände aufhielten, aber wenn man genauer hinsah, dann sah man, daß dieser Eindruck durch Trompe-l'œil-Technik und Spiegel hervorgerufen wurde. Sie bezweifelte, daß die Vögel sich dadurch täuschen ließen.
Sie stand vor diesen trickreichen Käfigen und wünschte sich kurz, daß alles ganz anders wäre. Wenn Aaron sie doch bloß nicht verlassen hätte. Sie waren eine glückliche Familie gewesen in diesem kalten, falschen, schnellebigen New York. Ach, wenn doch alles so sein könnte wie früher. Aber jetzt konnte sie auch erkennen, daß diese Vergangenheit nicht echt gewesen war. Sie sah die Mauern und Grenzen, die dort bestanden hatten.
Sie wußte es jetzt ganz genau: Sie liebte Aaron nicht. Ihn zu lieben, war wie ein Käfig gewesen. Und auch die große Penthouse-Wohnung mit ihren tristen Erinnerungen war nur ein Käfig.
Ich bin glücklicher dran als die Enten, dachte sie. Ich kann fortgehen.
Sie setzte ihren Weg fort, an den Eisbären vorbei. Aaron tat ihr leid. Aber wenn sie ihn in ihr Leben zurückkehren ließe, würde er sich wieder gegen sie wenden, sobald er nicht das bekam, was er wollte, oder sie nicht mehr brauchte. So wie schon einmal.
Sie strebte dem Zooausgang zu. In ihr regte sich das Gefühl, das sie in Katsura verspürt hatte. Ich habe alles, was ich brauche. Ein winziges Studio würde reichen. Sie hätte trotzdem mehr Freiraum als je zuvor.
»Ich bin frei!« sagte sie und verließ den Zoo. Die wirkliche Welt lag vor ihr.
Epilog
Die Frauen – Klar Schiff
Der Weg ist frei
Gunilla Goldberg streckte ihre Hände mit der typischen Geste einer Frau aus, deren Fingernägel frisch lackiert sind. Die langen Nägel schimmerten karminrot. »Was meinen Sie?« Die Frage war an Khymer Mallison gerichtet, die neben ihr saß.
»Hübsch«, erwiderte Khymer, obwohl sie fand, daß das Rot Gunillas Teint fahl aussehen ließ.
Gunilla schüttelte den Kopf. »Zu hart. Ich wußte doch, daß ich mich für das ›Bridal Pink‹ hätte entscheiden sollen.« Sie blickte zu der verschüchterten osteuropäischen Frau hinüber. »Nehmen Sie das ab. Ich möchte das Rosa.«
Malla unterdrückte einen Seufzer. Drei Lagen plus eine Schicht Decklack, und jetzt änderte die ihre Ansicht. Und wie sie Mrs. Goldberg kannte, würde das Trinkgeld die verlorene Zeit nicht aufwiegen. Sie zwang sich zu einem Lächeln, griff nach einem Wattebausch und tränkte ihn mit Nagellackentferner.
»Wissen Sie, wen ich autre jour gesehen habe?« fragte Gunilla. »Diese Mary Griffin. Die Gil Griffin zusammengeschlagen hat, bevor er ins Gefängnis kam.«
»Wirklich?« Khymer zeigte sich interessiert. »Wo haben Sie
Weitere Kostenlose Bücher