Der Club der Teufelinnen
annähernd eine Million zu holen ist, Morty.«
»Verdammt. Sie wissen doch, Geld macht man nur mit Geld. Aber ich will Sie nicht unter Druck setzen. Wie sieht es mit vierhunderttausend aus?«
»Das könnte klappen.«
»Also, Sie wissen, was Sie zu tun haben?«
»Ja.«
»Na, dann los!« Morty hatte aufgelegt. Für einen Moment stand Aaron da, wie vom Blitz getroffen. Jahrelang hatte er geknapst, um die Grundlage für Sylvies Pflegeversicherung zusammenzubringen, die Sicherung ihrer Zukunft. Im Grunde eine Verschwendung in Anbetracht einer so begrenzten Zukunft. Aber immerhin würde sie niemals auf ein staatliches Heim angewiesen sein müssen. Jetzt würde er dieses Geld vielleicht sogar verdoppeln können. Und noch etwas für sich selbst herausholen, indem er Morty einen Gefallen tat. Es war nicht ohne Risiko. Aber Risiken schreckten ihn nicht, im Gegenteil. Er griff zum Hörer und wählte die Nummer seines Börsenmaklers.
Dann fiel es ihm ein. Verflixt noch einmal. Die Verfügungsberechtigung über die Pflegeversicherung verlangte die Gegenzeichnung von Annie, da sie einen Teil der Einlagen geleistet hatte. Und sie würde sich niemals auf so ein Vabanquespiel einlassen. Nicht sie, und schon gar nicht mit Sylvies Geld. Wenn ihm hier nichts einfiel, würde für Sylvie bestens gesorgt sein, und er hätte seine Schäfchen im trockenen. Er hatte diese Chance verdient. Jahrelang war er diesem Cushman um den Bart gegangen. Zeit, daß sich das endlich einmal auszahlte. Warum sollte Annie ihm dabei im Weg stehen? Sie hatte ihren Teil bei der Scheidung bekommen. Nun war er an der Reihe. Hätte er Annie nicht so großzügig abfinden müssen, hätte er Jerry schon längst in die Wüste geschickt.
Ganz kurz kam ihm die Erinnerung an das Wochenende in Boston. Er hätte wirklich nicht mit ihr schlafen sollen. Aber sie hatte so lieb ausgesehen, und alles war so gut gelaufen. Pech, daß sie das derart mißverstehen mußte. Seit der Sache im Carlyle hatte er mit ihr keinen Kontakt mehr gehabt. Da konnte er sie jetzt nicht wegen so etwas anrufen.
Er stand neben dem Telefon und dachte kurz nach, im Hinterkopf die noch bevorstehende Auseinandersetzung mit La Doll. Es mußte einfach einen Ausweg geben. Er könnte auch Gil Griffin anrufen. Dem würde bestimmt eine Lösung einfallen. Besonders angenehm war es nicht, schließlich kannte er Gil, aber ein so großer Gefallen war es nun auch wieder nicht. Wesentlich größer wäre die Beschämung, Morty sagen zu müssen, daß er ihm nicht helfen könne, weil seine Ex-Frau es nicht wolle. Nach der ganzen Sache würde er es Annie erklären und noch eine Sondereinlage in den Treuhandfonds leisten. Es war eine einmalige Gelegenheit.
Er hob den Hörer und wählte Federated Funds Douglas Witter an, die Geschäftsleitung.
3
Herren der Schöpfung
Einige matte Sonnenstrahlen fielen durch die zweihundert Jahre alten Fensterscheiben des Sitzungszimmers, in dem Gil Griffin allein am Konferenztisch saß. Er wußte sehr wohl, daß er kein gutaussehender Mann war. Dafür war sein Hals zu lang und sein Kopf zu klein. Mit seinem zum Wall-Street-Look passenden, glatt zurückgekämmten Haar und der langen spitzen Nase hatte er etwas von einem Reiher an sich. Aber er war sich auch bewußt, daß er nichtsdestotrotz attraktiv war. Und für diejenigen, die Macht erotisierend finden, war er einfach unwiderstehlich.
Für einen Mann in den Fünfzigern war er in guter, um nicht zu sagen großartiger Form. Ein gnadenloser Trieb, seine Überlegenheit zu demonstrieren, ließ ihn beim täglichen Squash-Match seinen Gegner so gut wie immer in Grund und Boden spielen. Er war derart führungsbesessen, daß er es seinem Partner übelnahm, wenn dieser einmal das Match eröffnete. Der Gewinn war immer auf seiner Seite. Und es war ihm egal, wenn seine Siege nur zu einem Drittel auf sein Spiel zurückzuführen waren, aber zu je einem weiteren Drittel auf Einschüchterung und auf die Befürchtung seitens seiner jüngeren Partner, daß ein Sieg über ihn sie teuer zu stehen kommen könnte. Im Gegenteil, dieser Zwiespalt, in den er seine Gegner versetzt sah, amüsierte ihn bloß.
Er fühlte sich stark und war sich seiner Macht bewußt. Das Cushman-Geschäft war gut angelaufen, und jetzt würde er sich einen Anteil daran sichern, auch wenn er damit noch bis Oktober warten wollte. Nach jenem kleinen Techtelmechtel mit Asa Ewell war er sicher, daß ihm dieser auch in Zukunft noch ganz nützlich sein könnte. Bill Atchison,
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