Der Club der Teufelinnen
ein wenig niedriger war als anderswo und die Arbeitszeit wesentlich länger. Man arbeitete einfach gerne dort. Und wie sie arbeiteten. Aaron war stolz auf den internen Spruch, einer Abwandlung der Mahnung früherer Akkordbetriebe: »Wenn Sie nicht am Samstag zur Stelle sind, brauchen Sie sich am Sonntag gar nicht erst sehen zu lassen.« Auf diese Weise behielten sie die Nase vorn.
Aaron lag nicht im mindestens daran, den Spitzenplatz zu räumen. Der gesicherte alte Trott war nicht seine Sache. Zu Beginn seiner Karriere war er oft unbequem gewesen, das Enfant terrible, aber seine Entwürfe waren neu und spritzig gewesen und hatten Anklang gefunden. Er hatte einen gewissen Stil, und der hatte ihn an die Spitze gebracht.
Aber jetzt mußte er einräumen, daß die Jungen, die ganz Jungen ihm auf die Fersen rückten. Die letzten Ideen von Deutsch, Kirshenbaum & Bond – einfach sensationell. Das war nicht zu leugnen. Und Goldsmith/Jeffrey. Oder Buckley DeCerchio Cavalier. Leute unter Dreißig – sogar ein Mädchen dabei. Sie hatten sich den Auftrag von über fünf Millionen geschnappt, hinter dem Jerry fast zwei Jahre hergewesen war. Aaron seufzte auf. All die jungen Leute verursachten ihm ein Gefühl des Abgespanntseins.
Er mußte an seinen Vater denken. Ein harter Brocken. Einmal hatte er Aaron als faul bezeichnet. Aber er hatte es seinem Vater gezeigt, und seinen eigenen Laden auf die Beine gestellt. Jetzt war er auf dem Weg zu seinem eigenen Imperium. Und sein Sohn konnte ihm dabei zuschauen.
Es war schön, daß Chris mit ihm zusammenarbeitete. Sein eigener Vater und Annie waren ganz aus dem Häuschen gewesen, als der Junge sich dafür entschied, aus Princeton abzugehen und in Aarons Agentur einzutreten. Aaron hatte so getan, als ob auch er darüber verärgert war, aber im stillen freute es ihn. Chris war anders als sein Bruder Alex, er würde keine Begeisterungsstürme wecken, trotzdem war es schön, daß er sich dazu entschlossen hatte, sich in dem Metier seines Vaters einzuarbeiten. Es war ein gutes Gefühl, jemanden zur Seite zu haben, jemanden, der die Firma einmal übernehmen konnte. Vorübergehend verlangsamte Aaron seinen Schritt. Älter werden, zurückstecken, ausscheiden – alle diese Überlegungen deprimierten ihn zutiefst. Wie kam er bloß auf solche Gedanken? Er war noch jung, auf der Höhe seines Lebens. Bald würde er mit einer neuen, jungen Frau verheiratet sein. Ein ganzes Leben lag vor ihm. Chris war beinahe noch ein Baby, noch gar nicht richtig trocken hinter den Ohren. Kein Ehrgeiz, die Agentur zu übernehmen, jetzt nicht und vielleicht sogar nie. Ihm fehlte einfach der Pepp.
Bei Antons Loft angekommen, drückte Aaron auf die Klingel. Die Eingangshalle sah wenig einladend aus. Abfall und obszöne Graffiti überall. Wie das wohl auf Herb Brubaker gewirkt haben mochte? Er war einer jener mittelalten, mittelmäßigen Manager aus dem Mittelwesten, wie sie Aaron verachtete, die aber absolut typisch waren für United Foods. Ein Wunder, daß sie Aarons Konzept akzeptiert hatten, aber schließlich war es wirklich brillant.
Erst hatten sie Sandrine Cosmetics geschluckt und dann nicht gewußt, was sie mit so einer preisgünstigen, auf junge Arbeitnehmer zugeschnittenen Produktpalette anfangen sollten. United Foods hatte keinen Schimmer von Jugend, Trends und Action. Aarons Vorschlag beinhaltete einen hinreißenden Spot: eine geschmeidige nackte Frau, deren unterschiedliche Körperteile über und über von mehreren Händen – eine davon eindeutig die eines Mannes – bemalt, bepudert und betupft wurde. Beim Filmen würde man natürlich auf Frontalaufnahmen verzichten müssen, aber bei den Standfotos für die Anzeigen, die heute auf dem Programm standen, war einiges möglich.
Dazu hatte er noch La Doll für die Sache gewinnen können, die neue, junge Sängerin mit den schauspielerischen Ambitionen. Ein Volltreffer. Und United hatte angebissen.
Was war da jetzt nur schiefgelaufen? Aaron betrat den Aufzug. Allem Anschein nach hatte Herb zugesehen, wie sie an La Dolls Körper herumfummelten, und es dann selbst einmal versucht. Hatten Jerry und die anderen nicht genug Grips, den Idioten anderweitig zu beschäftigen? Die Anwesenheit von Klienten bei Aufnahmen war genauso lästig wie eine Herpesepidemie in einem Bordell. Man durfte sie nicht sich selbst überlassen.
Der Aufzug hielt im fünften Stock. Das Loft war riesig, weißgetüncht, mit großen Fensterfronten nach zwei Seiten. Große weiße
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